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Bechstein, Ludwig: Der Dunkelgraf. Frankfurt (Main), 1854.

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und dumpf mischte sich mit seinem pfeifenden Sausen das Wellenrauschen der ringsum die Gegend überfluthenden Gewässer, aus denen wie lauter Inseln die umflossenen Dörfer, Gehöfte und Schlösser herausragten. Leonardus öffnete erwartungsvoll den Brief seines liebsten Freundes, dem er auf Erden vor vielen sein ganzes Herz geweiht, dem er sein Inneres erschlossen, wie keinem zweiten, den er mit der wahrhaftesten Treue liebte.

Ludwig schrieb: "Mein Leonardus! Seit unserer Trennung in Amsterdam habe ich so viel erlebt, daß ich das Meiste und Beste auf die mündliche Mittheilung versparen muß, denn ich kann unmöglich diesem armen Papiere anvertrauen, das durch so viele ungeweihte Hände geht, was mein Inneres voll Leid und wieder voll hoher Freude bewegt, daher nimm vorlieb mit diesen flüchtigen Zeilen, welche dir nur einen Umriß des Bildes geben sollen, das ich mit hellen Farben ausmalen werde, wenn wir uns wieder umarmen. Wohlbehalten kam ich nebst meinem Philipp im Hafen von Plymouth an, wo unser wackerer Fluit Alles that, um mich gut unterzubringen und für den ferneren Theil meiner Reise zu unterweisen. Ich reiste tiefer in das Land, das reich und reizend ist, von hoher Kultur geschmückt, Park an Park; ich fand überall schon vorbereitete gute Aufnahme, fand geistvolle Verwandte, fand mich in die höchsten Kreise gezogen, und fand endlich das Allerhöchste, was mein Herz mit nie gekannten Gefühlen erfüllte, es in Seligkeit schwelgen ließ, Alles auf Erden mich vergessen machte, selbst dich eine kurze Stunde, und alle die Freunde, selbst meine Großmutter, aber ich darf nicht schreiben, was ich fand, nur mit leisem Flüsterwort in das Ohr darf ich dies theure und wunderbare Geheimniß dir vertrauen, und selbst dir nur halb."

Wohl ihm, er fand ein Herz, unterbrach sich Leonardus im Lesen: so wird er nicht mehr nach unbestimmten Fernen mit Sehnen und Seufzen blicken, nicht nach den unerreichbaren Sternen fassen, er wird die Sternblumen pflücken, die im irdischen Eden seiner Liebe blühen!

"Und doch, Leonardus! Bei dieser Fülle von Glück kann und darf ich nicht länger mehr in England weilen, einmal verbieten es mir die zartesten Rücksichten, und dann gebietet mir die Sorge für meine noch immer wankende Gesundheit die Rückkehr nach dem Festlande."

und dumpf mischte sich mit seinem pfeifenden Sausen das Wellenrauschen der ringsum die Gegend überfluthenden Gewässer, aus denen wie lauter Inseln die umflossenen Dörfer, Gehöfte und Schlösser herausragten. Leonardus öffnete erwartungsvoll den Brief seines liebsten Freundes, dem er auf Erden vor vielen sein ganzes Herz geweiht, dem er sein Inneres erschlossen, wie keinem zweiten, den er mit der wahrhaftesten Treue liebte.

Ludwig schrieb: „Mein Leonardus! Seit unserer Trennung in Amsterdam habe ich so viel erlebt, daß ich das Meiste und Beste auf die mündliche Mittheilung versparen muß, denn ich kann unmöglich diesem armen Papiere anvertrauen, das durch so viele ungeweihte Hände geht, was mein Inneres voll Leid und wieder voll hoher Freude bewegt, daher nimm vorlieb mit diesen flüchtigen Zeilen, welche dir nur einen Umriß des Bildes geben sollen, das ich mit hellen Farben ausmalen werde, wenn wir uns wieder umarmen. Wohlbehalten kam ich nebst meinem Philipp im Hafen von Plymouth an, wo unser wackerer Fluit Alles that, um mich gut unterzubringen und für den ferneren Theil meiner Reise zu unterweisen. Ich reiste tiefer in das Land, das reich und reizend ist, von hoher Kultur geschmückt, Park an Park; ich fand überall schon vorbereitete gute Aufnahme, fand geistvolle Verwandte, fand mich in die höchsten Kreise gezogen, und fand endlich das Allerhöchste, was mein Herz mit nie gekannten Gefühlen erfüllte, es in Seligkeit schwelgen ließ, Alles auf Erden mich vergessen machte, selbst dich eine kurze Stunde, und alle die Freunde, selbst meine Großmutter, aber ich darf nicht schreiben, was ich fand, nur mit leisem Flüsterwort in das Ohr darf ich dies theure und wunderbare Geheimniß dir vertrauen, und selbst dir nur halb.“

Wohl ihm, er fand ein Herz, unterbrach sich Leonardus im Lesen: so wird er nicht mehr nach unbestimmten Fernen mit Sehnen und Seufzen blicken, nicht nach den unerreichbaren Sternen fassen, er wird die Sternblumen pflücken, die im irdischen Eden seiner Liebe blühen!

„Und doch, Leonardus! Bei dieser Fülle von Glück kann und darf ich nicht länger mehr in England weilen, einmal verbieten es mir die zartesten Rücksichten, und dann gebietet mir die Sorge für meine noch immer wankende Gesundheit die Rückkehr nach dem Festlande.“

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und dumpf mischte sich mit seinem pfeifenden Sausen das Wellenrauschen der ringsum die Gegend überfluthenden Gewässer, aus denen wie lauter Inseln die umflossenen Dörfer, Gehöfte und Schlösser herausragten. Leonardus öffnete erwartungsvoll den Brief seines liebsten Freundes, dem er auf Erden vor vielen sein ganzes Herz geweiht, dem er sein Inneres erschlossen, wie keinem zweiten, den er mit der wahrhaftesten Treue liebte.</p>
          <p>Ludwig schrieb: &#x201E;Mein Leonardus! Seit unserer Trennung in Amsterdam habe ich so viel erlebt, daß ich das Meiste und Beste auf die mündliche Mittheilung versparen muß, denn ich kann unmöglich diesem armen Papiere anvertrauen, das durch so viele ungeweihte Hände geht, was mein Inneres voll Leid und wieder voll hoher Freude bewegt, daher nimm vorlieb mit diesen flüchtigen Zeilen, welche dir nur einen Umriß des Bildes geben sollen, das ich mit hellen Farben ausmalen werde, wenn wir uns wieder umarmen. Wohlbehalten kam ich nebst meinem Philipp im Hafen von Plymouth an, wo unser wackerer Fluit Alles that, um mich gut unterzubringen und für den ferneren Theil meiner Reise zu unterweisen. Ich reiste tiefer in das Land, das reich und reizend ist, von hoher Kultur geschmückt, Park an Park; ich fand überall schon vorbereitete gute Aufnahme, fand geistvolle Verwandte, fand mich in die höchsten Kreise gezogen, und fand endlich das Allerhöchste, was mein Herz mit nie gekannten Gefühlen erfüllte, es in Seligkeit schwelgen ließ, Alles auf Erden mich vergessen machte, selbst dich eine kurze Stunde, und alle die Freunde, selbst meine Großmutter, aber ich darf nicht schreiben, was ich fand, nur mit leisem Flüsterwort in das Ohr darf ich dies theure und wunderbare Geheimniß dir vertrauen, und selbst dir nur halb.&#x201C; </p>
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[266/0270] und dumpf mischte sich mit seinem pfeifenden Sausen das Wellenrauschen der ringsum die Gegend überfluthenden Gewässer, aus denen wie lauter Inseln die umflossenen Dörfer, Gehöfte und Schlösser herausragten. Leonardus öffnete erwartungsvoll den Brief seines liebsten Freundes, dem er auf Erden vor vielen sein ganzes Herz geweiht, dem er sein Inneres erschlossen, wie keinem zweiten, den er mit der wahrhaftesten Treue liebte. Ludwig schrieb: „Mein Leonardus! Seit unserer Trennung in Amsterdam habe ich so viel erlebt, daß ich das Meiste und Beste auf die mündliche Mittheilung versparen muß, denn ich kann unmöglich diesem armen Papiere anvertrauen, das durch so viele ungeweihte Hände geht, was mein Inneres voll Leid und wieder voll hoher Freude bewegt, daher nimm vorlieb mit diesen flüchtigen Zeilen, welche dir nur einen Umriß des Bildes geben sollen, das ich mit hellen Farben ausmalen werde, wenn wir uns wieder umarmen. Wohlbehalten kam ich nebst meinem Philipp im Hafen von Plymouth an, wo unser wackerer Fluit Alles that, um mich gut unterzubringen und für den ferneren Theil meiner Reise zu unterweisen. Ich reiste tiefer in das Land, das reich und reizend ist, von hoher Kultur geschmückt, Park an Park; ich fand überall schon vorbereitete gute Aufnahme, fand geistvolle Verwandte, fand mich in die höchsten Kreise gezogen, und fand endlich das Allerhöchste, was mein Herz mit nie gekannten Gefühlen erfüllte, es in Seligkeit schwelgen ließ, Alles auf Erden mich vergessen machte, selbst dich eine kurze Stunde, und alle die Freunde, selbst meine Großmutter, aber ich darf nicht schreiben, was ich fand, nur mit leisem Flüsterwort in das Ohr darf ich dies theure und wunderbare Geheimniß dir vertrauen, und selbst dir nur halb.“ Wohl ihm, er fand ein Herz, unterbrach sich Leonardus im Lesen: so wird er nicht mehr nach unbestimmten Fernen mit Sehnen und Seufzen blicken, nicht nach den unerreichbaren Sternen fassen, er wird die Sternblumen pflücken, die im irdischen Eden seiner Liebe blühen! „Und doch, Leonardus! Bei dieser Fülle von Glück kann und darf ich nicht länger mehr in England weilen, einmal verbieten es mir die zartesten Rücksichten, und dann gebietet mir die Sorge für meine noch immer wankende Gesundheit die Rückkehr nach dem Festlande.“

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Zitationshilfe: Bechstein, Ludwig: Der Dunkelgraf. Frankfurt (Main), 1854, S. 266. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bechstein_dunkelgraf_1854/270>, abgerufen am 24.11.2024.