Becher, Johann Joachim: Psychosophia Oder Seelen-Weißheit. 2. Aufl. Frankfurt (Main), [1683].Seelen-Weißheit. den und beschrieben/ ohne einige Müh oder Ratio-ciniren. Darum ist dieses der Unterscheid im Verstehen/ was durch die Vernunfft verstanden wird/ muß durch die äusserliche Sinnen eingehen/ was durch die Beschauung verstanden wird/ kommt von der Seelen selbsten/ und derer Bestra- lung/ von der obern Ursach her. Jn der Ver- nunfft kan die Seel irren/ in der Beschanung nit/ ja sie kan nicht einmal liegen. Das Verstehen durch die Vernunfft geschicht meistens/ wenn die Seel im Leib ist; Das Beschauen aber meistens ausserdem Leibe. Die Vernunfft gehet mit na- türlichen/ der Verstand mit unübernatürlichen Dingen um. 23. Phil. Was verhindert und befördert die Vernunfft und Verstand? Psych. Die Vernunfft/ wie gemeldet/ erfordert telst A vij
Seelen-Weißheit. den und beſchrieben/ ohne einige Muͤh oder Ratio-ciniren. Darum iſt dieſes der Unterſcheid im Verſtehen/ was durch die Vernunfft verſtanden wird/ muß durch die aͤuſſerliche Sinnen eingehen/ was durch die Beſchauung verſtanden wird/ kommt von der Seelen ſelbſten/ und derer Beſtra- lung/ von der obern Urſach her. Jn der Ver- nunfft kan die Seel irren/ in der Beſchanung nit/ ja ſie kan nicht einmal liegen. Das Verſtehen durch die Vernunfft geſchicht meiſtens/ wenn die Seel im Leib iſt; Das Beſchauen aber meiſtens auſſerdem Leibe. Die Vernunfft gehet mit na- tuͤrlichen/ der Verſtand mit unuͤbernatuͤrlichen Dingen um. 23. Phil. Was verhindert und befoͤrdert die Vernunfft und Verſtand? Pſych. Die Vernunfft/ wie gemeldet/ erfordert telſt A vij
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Seelen-Weißheit.
den und beſchrieben/ ohne einige Muͤh oder Ratio-
ciniren. Darum iſt dieſes der Unterſcheid im
Verſtehen/ was durch die Vernunfft verſtanden
wird/ muß durch die aͤuſſerliche Sinnen eingehen/
was durch die Beſchauung verſtanden wird/
kommt von der Seelen ſelbſten/ und derer Beſtra-
lung/ von der obern Urſach her. Jn der Ver-
nunfft kan die Seel irren/ in der Beſchanung nit/
ja ſie kan nicht einmal liegen. Das Verſtehen
durch die Vernunfft geſchicht meiſtens/ wenn die
Seel im Leib iſt; Das Beſchauen aber meiſtens
auſſerdem Leibe. Die Vernunfft gehet mit na-
tuͤrlichen/ der Verſtand mit unuͤbernatuͤrlichen
Dingen um.
23. Phil. Was verhindert und befoͤrdert die
Vernunfft und Verſtand?
Pſych. Die Vernunfft/ wie gemeldet/ erfordert
die aͤuſſerliche und innerliche Sinnen/ die aͤuſſer-
liche/ als ſehen/ hoͤren/ fuͤhlen/ riechen/ ſchmecken/
koͤnnen durch vielerhand Urſachen des Leibs/ als
Fall/ Fluß/ Verſtopffung/ Laͤhmung/ Verletzung/
verhindert ſeyn/ daß ſie im Empfang und Verſtel-
lung der Objecten irren und betrogen werden koͤn-
nen; Der Sinn aber/ oder die innerliche Sin-
nen/ nemlich die Einbildung/ Betrachtung/ Ge-
daͤchtnuͤß/ Urtheil und Wille/ koͤnnen durch un-
ordentliche Vorſtellung/ als Phantaſey/ Schlaff-
ſucht/ Vergeſſenheit/ Narrethey, Affecten/ vermit-
telſt
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