Becher, Johann Joachim: Psychosophia Oder Seelen-Weißheit. 2. Aufl. Frankfurt (Main), [1683].Psychosophia. so ist es besser/ daß sie sich aller Gelegenheit begebe/wordurch man in Affecten und Passionen gera- then könte/ nach dem Sprichwort: Was man nicht weiß/ macht einem nicht heiß. Gleichwie nun die Seel/ wann sie in Verwir- rung kommet/ ihren Leib/ worinnen sie woht/ bewegen und kranck machen kan/ also im Gegen- theil/ wann die Seel sich den Affecten und Passio- nen entziehet/ und in Betrachtung ihrer selbst/ gleichmütig/ frölich und vergnügt ist/ so kan sie überden Leib herrschen und auch ohne Artzeneyen denselben bißweilen curiren/ oder doch zum we- nigsten beförderlich und behülfflich seyn/ daß die/ dem Leibgebrauchte Medieinen umb so viel leichter und besser wircken können/ glaube mir/ das beste Recept seye hier/ Passion und Appetit zwingen. Drittens/ muß man absonderlich auch das dem-
Pſychoſophia. ſo iſt es beſſer/ daß ſie ſich aller Gelegenheit begebe/wordurch man in Affecten und Paſſionen gera- then koͤnte/ nach dem Sprichwort: Was man nicht weiß/ macht einem nicht heiß. Gleichwie nun die Seel/ wann ſie in Verwir- rung kommet/ ihren Leib/ worinnen ſie woht/ bewegen und kranck machen kan/ alſo im Gegen- theil/ wann die Seel ſich den Affecten und Paſſio- nen entziehet/ und in Betrachtung ihrer ſelbſt/ gleichmuͤtig/ froͤlich und vergnuͤgt iſt/ ſo kan ſie uͤberden Leib herrſchen und auch ohne Artzeneyen denſelben bißweilen curiren/ oder doch zum we- nigſten befoͤrderlich und behuͤlfflich ſeyn/ daß die/ dem Leibgebrauchte Medieinen umb ſo viel leichter und beſſer wircken koͤnnen/ glaube mir/ das beſte Recept ſeye hier/ Paſſion und Appetit zwingen. Drittens/ muß man abſonderlich auch das dem-
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Pſychoſophia.
ſo iſt es beſſer/ daß ſie ſich aller Gelegenheit begebe/
wordurch man in Affecten und Paſſionen gera-
then koͤnte/ nach dem Sprichwort: Was man
nicht weiß/ macht einem nicht heiß.
Gleichwie nun die Seel/ wann ſie in Verwir-
rung kommet/ ihren Leib/ worinnen ſie woht/
bewegen und kranck machen kan/ alſo im Gegen-
theil/ wann die Seel ſich den Affecten und Paſſio-
nen entziehet/ und in Betrachtung ihrer ſelbſt/
gleichmuͤtig/ froͤlich und vergnuͤgt iſt/ ſo kan ſie
uͤberden Leib herrſchen und auch ohne Artzeneyen
denſelben bißweilen curiren/ oder doch zum we-
nigſten befoͤrderlich und behuͤlfflich ſeyn/ daß die/
dem Leibgebrauchte Medieinen umb ſo viel leichter
und beſſer wircken koͤnnen/ glaube mir/ das beſte
Recept ſeye hier/ Paſſion und Appetit zwingen.
Drittens/ muß man abſonderlich auch das
calidum innatum, Archæum, Spiritum vitalem,
oder auff die innerliche Waͤrme/ als den Anfang
und Erhaltung des menſchlichen Lebens/ und eine
Urſach aller Concoction/ Digeſtion und Verdaͤn-
ung in dem menſchlichen Leib ſehen/ dann wann
dieſen Lebens-Geiſt nicht geſtaͤrcket und erhalten
wird/ ſo iſt es mit aller Nahrung und Medieinen
umſonſt/ welches man an einem todten Coͤrper
ſiehet/ dann ob man gleich demſelbigen/ den be-
ſten Wein und Speiſen/ ja/ die ſtaͤrckſte Ar-
tzeneyen eingoͤſſe/ ſo wuͤrden doch ſolche nichts in
dem-
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