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Becher, Johann Joachim: Närrische Weißheit Und Weise Narrheit. Frankfurt, 1682.

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Schollen oder Tungen/ die alda häuf.
fig seyn/ solcher gestalt nicht zu-
richten. In Italien hat man kleine
Vögel dergestalt eingemacht/ welche
sie nennen Ave di Cypro, und pfle-
get mans auch etlicher Orten in Teutsch-
land mit den Lerchen zu thun/ wel-
che man gebraten in einen Hafen
legt/ Lorbeerblätter und Wacholder-
Beer darzu thut/ den Hafen mit Es-
sig voll giesst und denn oben mit But-
ter verrennt/ so bleiben sie eine lange
weile gut. Ich habe mit Verwun-
derung erfahren und selbsten in der
That gesehen/ daß der Zucker das
Fleisch trefflich praeservirt, viel besser
als Saltz/ dann er frisst noch verän-
dert die substantz des Fleisches nicht
wie das Saltz thut/ sondern lässet/
wenn er von dem Fleisch ausgelangt
wird/ dasselbige wolgeschmackt in sei-
ner Krafft. Ich habe zu Wien ei-
nen gantzen Sommer über/ da doch
die Wärme aldar sehr putrificiren
macht/ ein groß Stück Wild-Schwei-
nen Fleisch nur allein mit Zucker ein-
gemacht praeservirt, welches noch sehr

wol-

Schollen oder Tungen/ die alda haͤuf.
fig ſeyn/ ſolcher geſtalt nicht zu-
richten. In Italien hat man kleine
Voͤgel dergeſtalt eingemacht/ welche
ſie nennen Ave di Cypro, und pfle-
get mans auch etlicher Orten in Teutſch-
land mit den Lerchen zu thun/ wel-
che man gebraten in einen Hafen
legt/ Lorbeerblaͤtter und Wacholder-
Beer darzu thut/ den Hafen mit Eſ-
ſig voll gieſſt und denn oben mit But-
ter verrennt/ ſo bleiben ſie eine lange
weile gut. Ich habe mit Verwun-
derung erfahren und ſelbſten in der
That geſehen/ daß der Zucker das
Fleiſch trefflich præſervirt, viel beſſer
als Saltz/ dann er friſſt noch veraͤn-
dert die ſubſtantz des Fleiſches nicht
wie das Saltz thut/ ſondern laͤſſet/
wenn er von dem Fleiſch ausgelangt
wird/ daſſelbige wolgeſchmackt in ſei-
ner Krafft. Ich habe zu Wien ei-
nen gantzen Sommer uͤber/ da doch
die Waͤrme aldar ſehr putrificiren
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nen Fleiſch nur allein mit Zucker ein-
gemacht præſervirt, welches noch ſehr

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[68[67]/0090] Schollen oder Tungen/ die alda haͤuf. fig ſeyn/ ſolcher geſtalt nicht zu- richten. In Italien hat man kleine Voͤgel dergeſtalt eingemacht/ welche ſie nennen Ave di Cypro, und pfle- get mans auch etlicher Orten in Teutſch- land mit den Lerchen zu thun/ wel- che man gebraten in einen Hafen legt/ Lorbeerblaͤtter und Wacholder- Beer darzu thut/ den Hafen mit Eſ- ſig voll gieſſt und denn oben mit But- ter verrennt/ ſo bleiben ſie eine lange weile gut. Ich habe mit Verwun- derung erfahren und ſelbſten in der That geſehen/ daß der Zucker das Fleiſch trefflich præſervirt, viel beſſer als Saltz/ dann er friſſt noch veraͤn- dert die ſubſtantz des Fleiſches nicht wie das Saltz thut/ ſondern laͤſſet/ wenn er von dem Fleiſch ausgelangt wird/ daſſelbige wolgeſchmackt in ſei- ner Krafft. Ich habe zu Wien ei- nen gantzen Sommer uͤber/ da doch die Waͤrme aldar ſehr putrificiren macht/ ein groß Stuͤck Wild-Schwei- nen Fleiſch nur allein mit Zucker ein- gemacht præſervirt, welches noch ſehr wol-

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Zitationshilfe: Becher, Johann Joachim: Närrische Weißheit Und Weise Narrheit. Frankfurt, 1682, S. 68[67]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/becher_narrheit_1682/90>, abgerufen am 27.11.2024.