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Bebel, August: Die Sozialdemokratie und das Allgemeine Stimmrecht. Berlin, 1895.

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periode zu Wahlperiode gesunken ist. Und zwar im Gegensatz zum Reichstags-
Wahlsystem, bei dem die Betheiligung der Wähler sich im Laufe seiner Geltung
bedeutend gehoben hat. Leider liegt für die Betheiligung der Wähler an den
Landtagswahlen eine genaue Statistik nur bis zum Jahre 1866 vor, wohingegen
für die Reichstagswahlen eine solche bis zum Jahr 1893 vorhanden ist.

Jn ganz Preußen wählten von je 100 Urwählern:
1849   31,9 pCt.1861   27,2 pCt.
1855   16,1 "1862   34,2 "
1858   22,6"1863   30,9 "
1866   31,5 pCt.

Die stärkere Wahlbetheiligung von 1862 bis 1866 ist auf die Konflikts-
periode zurückzuführen. Seitdem ist die Wahlbetheiligung beständig gesunken. Das
ergiebt namentlich ein Blick auf die Berliner Landtagswahlen, die hierin typisch
sein dürfen. Jn Berlin wählten von je 100 Urwählern:

1849   45,8 pCt.1867   33,4 pCt.
1855   38,8 "1873   25,3 "
1858   43,3 "1876   22,4 "
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1863   61,8 "1885   26,2 "
1866   53,1 "1888   25,1 "
1893   14,5 pCt.*)

Diese Statistik bestätigt ebenfalls, daß die Wahlbetheiligung an den Landtags-
wahlen während der Konfliktsperiode am stärksten war. Seitdem ist sie sehr
erheblich gesunken. Kaum ein Siebentel der Wähler haben sich 1893 an der
Wahl betheiligt. Charakteristisch ist ferner, daß sowohl in Berlin wie im ganzen
Lande die Betheiligung der dritten Wählerklasse die schwächste war, sie sank
z. B. in Berlin von 61,1 im Jahre 1862 auf 11,5 im Jahre 1893. Aber die
Wahlbetheiligung war in Berlin selbst in der ersten Wählerklasse in einer Reihe
Urwahlbezirken gleich 0. So erschien in 34 Urwahlbezirken kein Wähler erster
Klasse, in 166 Urwahlbezirken betheiligten sich nur je einer, und in 254 Urwahl-
bezirken nur je zwei Wähler. Jn Urwahlbezirken dieser Kategorie sinkt die Wahl
zur bloßen Ernennung herab. Gab es doch in Berlin 34 Urwahlbezirke, in welchen
die erste Klasse überhaupt nur aus einem Wähler bestand, in 97 Bezirken bestand
sie aus zwei. Waren diese beiden Wähler verschiedener Ansicht über die von
ihnen zu ernennenden Wahlmänner, so blieb nichts übrig, als die Namen der
Kandidaten auszuknobeln. Jn Magdeburg gab es 12 Urwahlbezirke mit je
einem Wähler erster Klasse und in 11 dieser Bezirke ernannte der Wähler zwei
Wahlmänner. Kann ein Gesetz lächerlicher gemacht werden, als es hier durch seine
eigenen Wirkungen wird?

*) Ein ganz anderes Bild zeigen uns die Reichstagswahlen, worüber uns
das "Statistische Jahrbuch für das Deutsche Reich" belehrt. Das Resultat der
Wahlbeteiligung war in runden Summen:
JahrWahlberechtigteabgegebene
Stimmen
pCt.
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1874   8523400519030060,9
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1890   10145900722850071,2
1893   10628300767400072,2
Ein Vergleich mit der Betheiligung an den preußischen Landtagswahlen
belehrt uns, daß bei den Reichstagswahlen von "Wahlmüdigkeit", die man dem
Volke andichtet, keine Spur ist. Die Wahlbetheiligung bei den Reichstagswahlen
wird in demselben Maße lebhafter, wie die Massen ihre Bedeutung begreifen.

periode zu Wahlperiode gesunken ist. Und zwar im Gegensatz zum Reichstags-
Wahlsystem, bei dem die Betheiligung der Wähler sich im Laufe seiner Geltung
bedeutend gehoben hat. Leider liegt für die Betheiligung der Wähler an den
Landtagswahlen eine genaue Statistik nur bis zum Jahre 1866 vor, wohingegen
für die Reichstagswahlen eine solche bis zum Jahr 1893 vorhanden ist.

Jn ganz Preußen wählten von je 100 Urwählern:
1849   31,9 pCt.1861   27,2 pCt.
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Die stärkere Wahlbetheiligung von 1862 bis 1866 ist auf die Konflikts-
periode zurückzuführen. Seitdem ist die Wahlbetheiligung beständig gesunken. Das
ergiebt namentlich ein Blick auf die Berliner Landtagswahlen, die hierin typisch
sein dürfen. Jn Berlin wählten von je 100 Urwählern:

1849   45,8 pCt.1867   33,4 pCt.
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1893   14,5 pCt.*)

Diese Statistik bestätigt ebenfalls, daß die Wahlbetheiligung an den Landtags-
wahlen während der Konfliktsperiode am stärksten war. Seitdem ist sie sehr
erheblich gesunken. Kaum ein Siebentel der Wähler haben sich 1893 an der
Wahl betheiligt. Charakteristisch ist ferner, daß sowohl in Berlin wie im ganzen
Lande die Betheiligung der dritten Wählerklasse die schwächste war, sie sank
z. B. in Berlin von 61,1 im Jahre 1862 auf 11,5 im Jahre 1893. Aber die
Wahlbetheiligung war in Berlin selbst in der ersten Wählerklasse in einer Reihe
Urwahlbezirken gleich 0. So erschien in 34 Urwahlbezirken kein Wähler erster
Klasse, in 166 Urwahlbezirken betheiligten sich nur je einer, und in 254 Urwahl-
bezirken nur je zwei Wähler. Jn Urwahlbezirken dieser Kategorie sinkt die Wahl
zur bloßen Ernennung herab. Gab es doch in Berlin 34 Urwahlbezirke, in welchen
die erste Klasse überhaupt nur aus einem Wähler bestand, in 97 Bezirken bestand
sie aus zwei. Waren diese beiden Wähler verschiedener Ansicht über die von
ihnen zu ernennenden Wahlmänner, so blieb nichts übrig, als die Namen der
Kandidaten auszuknobeln. Jn Magdeburg gab es 12 Urwahlbezirke mit je
einem Wähler erster Klasse und in 11 dieser Bezirke ernannte der Wähler zwei
Wahlmänner. Kann ein Gesetz lächerlicher gemacht werden, als es hier durch seine
eigenen Wirkungen wird?

*) Ein ganz anderes Bild zeigen uns die Reichstagswahlen, worüber uns
das „Statistische Jahrbuch für das Deutsche Reich“ belehrt. Das Resultat der
Wahlbeteiligung war in runden Summen:
JahrWahlberechtigteabgegebene
Stimmen
pCt.
1871   7975800412670051,8
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Ein Vergleich mit der Betheiligung an den preußischen Landtagswahlen
belehrt uns, daß bei den Reichstagswahlen von „Wahlmüdigkeit“, die man dem
Volke andichtet, keine Spur ist. Die Wahlbetheiligung bei den Reichstagswahlen
wird in demselben Maße lebhafter, wie die Massen ihre Bedeutung begreifen.
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[24/0028] periode zu Wahlperiode gesunken ist. Und zwar im Gegensatz zum Reichstags- Wahlsystem, bei dem die Betheiligung der Wähler sich im Laufe seiner Geltung bedeutend gehoben hat. Leider liegt für die Betheiligung der Wähler an den Landtagswahlen eine genaue Statistik nur bis zum Jahre 1866 vor, wohingegen für die Reichstagswahlen eine solche bis zum Jahr 1893 vorhanden ist. Jn ganz Preußen wählten von je 100 Urwählern: 1849 31,9 pCt. 1861 27,2 pCt. 1855 16,1 〃 1862 34,2 〃 1858 22,6〃 1863 30,9 〃 1866 31,5 pCt. Die stärkere Wahlbetheiligung von 1862 bis 1866 ist auf die Konflikts- periode zurückzuführen. Seitdem ist die Wahlbetheiligung beständig gesunken. Das ergiebt namentlich ein Blick auf die Berliner Landtagswahlen, die hierin typisch sein dürfen. Jn Berlin wählten von je 100 Urwählern: 1849 45,8 pCt. 1867 33,4 pCt. 1855 38,8 〃 1873 25,3 〃 1858 43,3 〃 1876 22,4 〃 1861 42,2 〃 1879 22,9 〃 1862 62,8 〃 1882 33,8 〃 1863 61,8 〃 1885 26,2 〃 1866 53,1 〃 1888 25,1 〃 1893 14,5 pCt. *) Diese Statistik bestätigt ebenfalls, daß die Wahlbetheiligung an den Landtags- wahlen während der Konfliktsperiode am stärksten war. Seitdem ist sie sehr erheblich gesunken. Kaum ein Siebentel der Wähler haben sich 1893 an der Wahl betheiligt. Charakteristisch ist ferner, daß sowohl in Berlin wie im ganzen Lande die Betheiligung der dritten Wählerklasse die schwächste war, sie sank z. B. in Berlin von 61,1 im Jahre 1862 auf 11,5 im Jahre 1893. Aber die Wahlbetheiligung war in Berlin selbst in der ersten Wählerklasse in einer Reihe Urwahlbezirken gleich 0. So erschien in 34 Urwahlbezirken kein Wähler erster Klasse, in 166 Urwahlbezirken betheiligten sich nur je einer, und in 254 Urwahl- bezirken nur je zwei Wähler. Jn Urwahlbezirken dieser Kategorie sinkt die Wahl zur bloßen Ernennung herab. Gab es doch in Berlin 34 Urwahlbezirke, in welchen die erste Klasse überhaupt nur aus einem Wähler bestand, in 97 Bezirken bestand sie aus zwei. Waren diese beiden Wähler verschiedener Ansicht über die von ihnen zu ernennenden Wahlmänner, so blieb nichts übrig, als die Namen der Kandidaten auszuknobeln. Jn Magdeburg gab es 12 Urwahlbezirke mit je einem Wähler erster Klasse und in 11 dieser Bezirke ernannte der Wähler zwei Wahlmänner. Kann ein Gesetz lächerlicher gemacht werden, als es hier durch seine eigenen Wirkungen wird? *) Ein ganz anderes Bild zeigen uns die Reichstagswahlen, worüber uns das „Statistische Jahrbuch für das Deutsche Reich“ belehrt. Das Resultat der Wahlbeteiligung war in runden Summen: Jahr Wahlberechtigte abgegebene Stimmen pCt. 1871 7975800 4126700 51,8 1874 8523400 5190300 60,9 1877 8943000 5401000 60,4 1878 9128300 5760900 63,1 1881 9088800 5097800 56,1 1884 9383100 5663000 60,4 1887 9769800 7540900 77,2 1890 10145900 7228500 71,2 1893 10628300 7674000 72,2 Ein Vergleich mit der Betheiligung an den preußischen Landtagswahlen belehrt uns, daß bei den Reichstagswahlen von „Wahlmüdigkeit“, die man dem Volke andichtet, keine Spur ist. Die Wahlbetheiligung bei den Reichstagswahlen wird in demselben Maße lebhafter, wie die Massen ihre Bedeutung begreifen.

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription. (2018-10-30T15:09:45Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt: Bearbeitung der digitalen Edition. (2018-10-30T15:09:45Z)

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Zitationshilfe: Bebel, August: Die Sozialdemokratie und das Allgemeine Stimmrecht. Berlin, 1895, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bebel_sozialdemokratie_1895/28>, abgerufen am 22.11.2024.