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Baumstark, Eduard: Kameralistische Encyclopädie. Heidelberg u. a., 1835.

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Verkehrsbedürfnisse1). Da, wo diese verschiedenen Arten von
Bedürfnissen aufhören, beginnt der Luxus, dessen anderseitige
Gränzen unbestimmbar sind, der aber wie das Bedürfniß seinen
Ursprung in der Sinnlichkeit des Menschen und im Verkehre hat.
Er ist wechselnd mit der geschichtlichen Entwickelung der Mensch-
heit, mit den Rangstufen der Bürgerklassen und mit der Entwicke-
lung des Gesellschafts-, Gemeinden-, Staaten- und Völkerstaaten-
lebens2). Da der Luxus mit der Sinnlichkeit, Eitelkeit und dem
Prunke unmittelbar verknüpft ist, so ist er aus der Gesellschafts-,
Gemeinde- und Staatswirthschaft ausgeschlossen; denn jene Coeffi-
zienten des Luxus sind der Natur dieser moralischen Personen
fremd3). Sowohl der Luxus als die wirthschaftlichen Bedürfnisse
erheischen eine gewisse Menge von Befriedigungsmitteln. Die zu
einem bestimmten Zwecke nöthige Menge von Leztern, bestimmt
durch Zahl und Maaß, heißt man Bedarf4).

1) Die Bedürfnisse gehören also nicht darum in die Wirthschaft, weil zu ihrer
Befriedigung sachliche Güter erfordert werden, wie Rau (Ueber die Kameralwiss.
§. 10.) meint; denn auch bloße wirthschaftliche Verhältnisse können Wirthschafts-
bedürfnisse sein, wie z. B. die Kundschaft.
2) Man hat den Luxus schon für Alles genommen, was der Mensch über die
natürlichen Bedürfnisse genießt. Daß hierbei der Forscher ins Bodenlose geräth, ist
gar nicht zu bezweifeln. Keine Moral kann so weit gehen. Gerade so erscheint
aber auch seine andere Seite grenzenlos bis zum gänzlichen Verfalle einer Nation.
Luxus bleibt daher ein relativer Begriff im Allgemeinen, obschon man ihn im ge-
gebenen Falle bestimmen kann. Er enthält diejenigen Genüsse, welche die wirth-
schaftlichen Natur- und Verkehrsbedürfnisse derjenigen Rangstufe in der bürgerlichen
Gesellschaft überschreitet, von deren Luxus die Rede ist. So wie bei einer rohen
Nation das als Luxus erscheint, was bei einer civilisirten wahres Bedürfniß ist; so
wie das wahre Bedürfniß der Bewohner des Südens und Nordens dem Volke in
der gemäßigten Zone Luxus ist; ebenso ist bei einer Bürgerklasse schon Luxus, was es
bei der andern noch nicht, und bei dieser, was es bei der Fürstenfamilie nicht ist.
Ferguson, An Essay on the History of the civil society. pag. 165. 285. 292. 369.
Melon, Essais politiques. Chap. 9. Pinto, de la circulation. pag. 324. Destutt
de Tracy,
Commentar über Montesquieus Geist der Gesetze. Buch VII. storch,
Cours d'economie politique,
übersetzt von Rau. II. 189. Rau, Ueber den Luxus.
Erlangen 1817. Dessen Lehrbuch der polit. Oekonomie. I. §. 343. folg. (Dessen
Definition von Luxus aber ganz unbefriedigend ist, weil er nicht erklärt, was
"entbehrlicher Gütergenuß" und was "wesentliches Bedürfniß" ist.) Krause, Ver-
such eines Systems der National- und Staatsökonomie. I. S. 52 folg. A. smith,
Inquiry. IV. pag. 240. say, Cours complet. VI. pag. 16. 126.
Uebersetzt von
v. Theobald. VI. 13. 97. Considerations sur les richesses et le luxe. Amster-
dam et Paris 1787. Chap. 12-17. Necker, De l'administration des Finances
de la France. III. Chap. 11. p. 92. Galiani, Della Moneta. II. 157. (Economisti
Classici Italiani. P. moderna. Tom. IV.)
3) Daher kommt es auch, daß alle Gesellschaften, Gemeinden und Staaten,
welche Luxus in ihrer Wirthschaft haben, bald in Verfall gerathen. Wilda, das
Gildenwesen im M. A. Halle 1831. Bosse, Grundzüge des Finanzwesens im
römischen Staate. Leipzig 1804. II Bde. Beispiele gibt auch Frankreich in einigen
Perioden vor der Revolution.
4) Der Bedarf ist nicht blos eine durch Zahl und Maaß bestimmte Menge
objektiver Bedürfnisse an sachlichen Gütern, wie Rau (Ueber die Kameralwissensch.

Verkehrsbedürfniſſe1). Da, wo dieſe verſchiedenen Arten von
Bedürfniſſen aufhören, beginnt der Luxus, deſſen anderſeitige
Gränzen unbeſtimmbar ſind, der aber wie das Bedürfniß ſeinen
Urſprung in der Sinnlichkeit des Menſchen und im Verkehre hat.
Er iſt wechſelnd mit der geſchichtlichen Entwickelung der Menſch-
heit, mit den Rangſtufen der Bürgerklaſſen und mit der Entwicke-
lung des Geſellſchafts-, Gemeinden-, Staaten- und Völkerſtaaten-
lebens2). Da der Luxus mit der Sinnlichkeit, Eitelkeit und dem
Prunke unmittelbar verknüpft iſt, ſo iſt er aus der Geſellſchafts-,
Gemeinde- und Staatswirthſchaft ausgeſchloſſen; denn jene Coeffi-
zienten des Luxus ſind der Natur dieſer moraliſchen Perſonen
fremd3). Sowohl der Luxus als die wirthſchaftlichen Bedürfniſſe
erheiſchen eine gewiſſe Menge von Befriedigungsmitteln. Die zu
einem beſtimmten Zwecke nöthige Menge von Leztern, beſtimmt
durch Zahl und Maaß, heißt man Bedarf4).

1) Die Bedürfniſſe gehören alſo nicht darum in die Wirthſchaft, weil zu ihrer
Befriedigung ſachliche Güter erfordert werden, wie Rau (Ueber die Kameralwiſſ.
§. 10.) meint; denn auch bloße wirthſchaftliche Verhältniſſe können Wirthſchafts-
bedürfniſſe ſein, wie z. B. die Kundſchaft.
2) Man hat den Luxus ſchon für Alles genommen, was der Menſch über die
natürlichen Bedürfniſſe genießt. Daß hierbei der Forſcher ins Bodenloſe geräth, iſt
gar nicht zu bezweifeln. Keine Moral kann ſo weit gehen. Gerade ſo erſcheint
aber auch ſeine andere Seite grenzenlos bis zum gänzlichen Verfalle einer Nation.
Luxus bleibt daher ein relativer Begriff im Allgemeinen, obſchon man ihn im ge-
gebenen Falle beſtimmen kann. Er enthält diejenigen Genüſſe, welche die wirth-
ſchaftlichen Natur- und Verkehrsbedürfniſſe derjenigen Rangſtufe in der bürgerlichen
Geſellſchaft überſchreitet, von deren Luxus die Rede iſt. So wie bei einer rohen
Nation das als Luxus erſcheint, was bei einer civiliſirten wahres Bedürfniß iſt; ſo
wie das wahre Bedürfniß der Bewohner des Südens und Nordens dem Volke in
der gemäßigten Zone Luxus iſt; ebenſo iſt bei einer Bürgerklaſſe ſchon Luxus, was es
bei der andern noch nicht, und bei dieſer, was es bei der Fürſtenfamilie nicht iſt.
Ferguson, An Essay on the History of the civil society. pag. 165. 285. 292. 369.
Melon, Essais politiques. Chap. 9. Pinto, de la circulation. pag. 324. Destutt
de Tracy,
Commentar über Montesquieus Geiſt der Geſetze. Buch VII. storch,
Cours d'économie politique,
überſetzt von Rau. II. 189. Rau, Ueber den Luxus.
Erlangen 1817. Deſſen Lehrbuch der polit. Oekonomie. I. §. 343. folg. (Deſſen
Definition von Luxus aber ganz unbefriedigend iſt, weil er nicht erklärt, was
„entbehrlicher Gütergenuß“ und was „weſentliches Bedürfniß“ iſt.) Krauſe, Ver-
ſuch eines Syſtems der National- und Staatsökonomie. I. S. 52 folg. A. smith,
Inquiry. IV. pag. 240. say, Cours complet. VI. pag. 16. 126.
Ueberſetzt von
v. Theobald. VI. 13. 97. Considérations sur les richesses et le luxe. Amster-
dam et Paris 1787. Chap. 12–17. Necker, De l'administration des Finances
de la France. III. Chap. 11. p. 92. Galiani, Della Moneta. II. 157. (Economisti
Classici Italiani. P. moderna. Tom. IV.)
3) Daher kommt es auch, daß alle Geſellſchaften, Gemeinden und Staaten,
welche Luxus in ihrer Wirthſchaft haben, bald in Verfall gerathen. Wilda, das
Gildenweſen im M. A. Halle 1831. Boſſe, Grundzüge des Finanzweſens im
römiſchen Staate. Leipzig 1804. II Bde. Beiſpiele gibt auch Frankreich in einigen
Perioden vor der Revolution.
4) Der Bedarf iſt nicht blos eine durch Zahl und Maaß beſtimmte Menge
objektiver Bedürfniſſe an ſachlichen Gütern, wie Rau (Ueber die Kameralwiſſenſch.
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[69/0091] Verkehrsbedürfniſſe1). Da, wo dieſe verſchiedenen Arten von Bedürfniſſen aufhören, beginnt der Luxus, deſſen anderſeitige Gränzen unbeſtimmbar ſind, der aber wie das Bedürfniß ſeinen Urſprung in der Sinnlichkeit des Menſchen und im Verkehre hat. Er iſt wechſelnd mit der geſchichtlichen Entwickelung der Menſch- heit, mit den Rangſtufen der Bürgerklaſſen und mit der Entwicke- lung des Geſellſchafts-, Gemeinden-, Staaten- und Völkerſtaaten- lebens2). Da der Luxus mit der Sinnlichkeit, Eitelkeit und dem Prunke unmittelbar verknüpft iſt, ſo iſt er aus der Geſellſchafts-, Gemeinde- und Staatswirthſchaft ausgeſchloſſen; denn jene Coeffi- zienten des Luxus ſind der Natur dieſer moraliſchen Perſonen fremd3). Sowohl der Luxus als die wirthſchaftlichen Bedürfniſſe erheiſchen eine gewiſſe Menge von Befriedigungsmitteln. Die zu einem beſtimmten Zwecke nöthige Menge von Leztern, beſtimmt durch Zahl und Maaß, heißt man Bedarf4). ¹⁾ Die Bedürfniſſe gehören alſo nicht darum in die Wirthſchaft, weil zu ihrer Befriedigung ſachliche Güter erfordert werden, wie Rau (Ueber die Kameralwiſſ. §. 10.) meint; denn auch bloße wirthſchaftliche Verhältniſſe können Wirthſchafts- bedürfniſſe ſein, wie z. B. die Kundſchaft. ²⁾ Man hat den Luxus ſchon für Alles genommen, was der Menſch über die natürlichen Bedürfniſſe genießt. Daß hierbei der Forſcher ins Bodenloſe geräth, iſt gar nicht zu bezweifeln. Keine Moral kann ſo weit gehen. Gerade ſo erſcheint aber auch ſeine andere Seite grenzenlos bis zum gänzlichen Verfalle einer Nation. Luxus bleibt daher ein relativer Begriff im Allgemeinen, obſchon man ihn im ge- gebenen Falle beſtimmen kann. Er enthält diejenigen Genüſſe, welche die wirth- ſchaftlichen Natur- und Verkehrsbedürfniſſe derjenigen Rangſtufe in der bürgerlichen Geſellſchaft überſchreitet, von deren Luxus die Rede iſt. So wie bei einer rohen Nation das als Luxus erſcheint, was bei einer civiliſirten wahres Bedürfniß iſt; ſo wie das wahre Bedürfniß der Bewohner des Südens und Nordens dem Volke in der gemäßigten Zone Luxus iſt; ebenſo iſt bei einer Bürgerklaſſe ſchon Luxus, was es bei der andern noch nicht, und bei dieſer, was es bei der Fürſtenfamilie nicht iſt. Ferguson, An Essay on the History of the civil society. pag. 165. 285. 292. 369. Melon, Essais politiques. Chap. 9. Pinto, de la circulation. pag. 324. Destutt de Tracy, Commentar über Montesquieus Geiſt der Geſetze. Buch VII. storch, Cours d'économie politique, überſetzt von Rau. II. 189. Rau, Ueber den Luxus. Erlangen 1817. Deſſen Lehrbuch der polit. Oekonomie. I. §. 343. folg. (Deſſen Definition von Luxus aber ganz unbefriedigend iſt, weil er nicht erklärt, was „entbehrlicher Gütergenuß“ und was „weſentliches Bedürfniß“ iſt.) Krauſe, Ver- ſuch eines Syſtems der National- und Staatsökonomie. I. S. 52 folg. A. smith, Inquiry. IV. pag. 240. say, Cours complet. VI. pag. 16. 126. Ueberſetzt von v. Theobald. VI. 13. 97. Considérations sur les richesses et le luxe. Amster- dam et Paris 1787. Chap. 12–17. Necker, De l'administration des Finances de la France. III. Chap. 11. p. 92. Galiani, Della Moneta. II. 157. (Economisti Classici Italiani. P. moderna. Tom. IV.) ³⁾ Daher kommt es auch, daß alle Geſellſchaften, Gemeinden und Staaten, welche Luxus in ihrer Wirthſchaft haben, bald in Verfall gerathen. Wilda, das Gildenweſen im M. A. Halle 1831. Boſſe, Grundzüge des Finanzweſens im römiſchen Staate. Leipzig 1804. II Bde. Beiſpiele gibt auch Frankreich in einigen Perioden vor der Revolution. ⁴⁾ Der Bedarf iſt nicht blos eine durch Zahl und Maaß beſtimmte Menge objektiver Bedürfniſſe an ſachlichen Gütern, wie Rau (Ueber die Kameralwiſſenſch.

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Zitationshilfe: Baumstark, Eduard: Kameralistische Encyclopädie. Heidelberg u. a., 1835, S. 69. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baumstark_encyclopaedie_1835/91>, abgerufen am 21.11.2024.