ganze Verkehr darunter leidet und nach Umständen erschüttert wer- den kann. Es steht daher nothwendig unter der unmittelbaren Leitung der Regirung und unter strengen Staatsgesetzen1). Die Sorge des Staats hat sich nicht blos auf die inländischen, son- dern auch auf die ausländischen Münzen zu erstrecken. Es ob- liegen daher (mit Bezugnahme auf §. 290. 328. und 413.) der Münzgesetzgebung besonders folgende Punkte:
1) Die Münz-Aus- und Einfuhr. Man hat lange nach den Grundsätzen des Mercantilsystems der Ansicht gehuldigt, daß es in der Macht der Regirung liege, die Münzmenge zu bestimmen. Allein die Erläuterung des Geldumlaufs hat das Gegentheil ge- zeigt, woraus hervorgeht, daß die Münzaus- und Einfuhrverbote ihren Zweck nicht erreichen. Die einzige Aufsicht, welche der Staat in dieser Hinsicht zu führen hat, ist die, daß er die eingehenden ausländischen Münzen valvirt, d. h. ihren Werth bestimmt und durch Valvationstabellen bekannt macht, und daß er mit benachbarten Staaten Verträge über ein gleichförmiges Münzsystem abschließt, um das Land vor dem Eingange schlechter Münzen zu sichern, welche die guten Münzstücke aus dem Umlaufe treiben und Falschmünzerei verursachen, sobald sie einen häufigen Umlauf haben. In großen Staaten sind diese Maaßregeln weit weniger nöthig als in kleinen, weil sie im Stande sind, ein eigenthümliches Münz- system zu bewahren. Die kleinen und mittleren Staaten befinden sich in der Regel, was dies anbelangt, schlimm, wegen Mangels an Selbstständigkeit und wegen der Umgebung mehrerer Staaten von reell und nominal oder blos reell verschiedenen, aber nominal gleichen Münzsystemen. Für sie kann eine Münzvereinigung nur vortheilhaft sein.
2) Der eigene Münzfuß für das Inland. Derselbe muß Bestimmungen enthalten über alle (§. 290.) erwähnten Münzver- hältnisse. a) Die Form und das Gepräge sollen schön und gut, die Größe aber nicht unbequem, nicht zu groß und nicht zu klein sein. b) Die Münzmetalle selbst betreffend, so ist (aus §. 413.) klar, daß es in einem Lande thatsächlich keine zwei Münzmetalle geben kann, die zugleich eigentliches Umlaufsmittel sind, sondern daß vielmehr je nach dem Stande des Verkehrs blos Eines der- selben wirkliches Tauschmittel, ein anderes aber blos zur Aushilfe bestimmt ist. Weil man diese Wahrheit nicht erkannte, weil man meinte, ohne Einwirkung des Staats könne sich kein festes Tausch- werthsverhältniß der Münzmetalle gegenseitig bilden und weil man eine andere als gesetzliche Bestimmung desselben unter den Münzen gegenseitig nicht für möglich hielt, so gab man staatsgesetzliche
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ganze Verkehr darunter leidet und nach Umſtänden erſchüttert wer- den kann. Es ſteht daher nothwendig unter der unmittelbaren Leitung der Regirung und unter ſtrengen Staatsgeſetzen1). Die Sorge des Staats hat ſich nicht blos auf die inländiſchen, ſon- dern auch auf die ausländiſchen Münzen zu erſtrecken. Es ob- liegen daher (mit Bezugnahme auf §. 290. 328. und 413.) der Münzgeſetzgebung beſonders folgende Punkte:
1) Die Münz-Aus- und Einfuhr. Man hat lange nach den Grundſätzen des Mercantilſyſtems der Anſicht gehuldigt, daß es in der Macht der Regirung liege, die Münzmenge zu beſtimmen. Allein die Erläuterung des Geldumlaufs hat das Gegentheil ge- zeigt, woraus hervorgeht, daß die Münzaus- und Einfuhrverbote ihren Zweck nicht erreichen. Die einzige Aufſicht, welche der Staat in dieſer Hinſicht zu führen hat, iſt die, daß er die eingehenden ausländiſchen Münzen valvirt, d. h. ihren Werth beſtimmt und durch Valvationstabellen bekannt macht, und daß er mit benachbarten Staaten Verträge über ein gleichförmiges Münzſyſtem abſchließt, um das Land vor dem Eingange ſchlechter Münzen zu ſichern, welche die guten Münzſtücke aus dem Umlaufe treiben und Falſchmünzerei verurſachen, ſobald ſie einen häufigen Umlauf haben. In großen Staaten ſind dieſe Maaßregeln weit weniger nöthig als in kleinen, weil ſie im Stande ſind, ein eigenthümliches Münz- ſyſtem zu bewahren. Die kleinen und mittleren Staaten befinden ſich in der Regel, was dies anbelangt, ſchlimm, wegen Mangels an Selbſtſtändigkeit und wegen der Umgebung mehrerer Staaten von reell und nominal oder blos reell verſchiedenen, aber nominal gleichen Münzſyſtemen. Für ſie kann eine Münzvereinigung nur vortheilhaft ſein.
2) Der eigene Münzfuß für das Inland. Derſelbe muß Beſtimmungen enthalten über alle (§. 290.) erwähnten Münzver- hältniſſe. a) Die Form und das Gepräge ſollen ſchön und gut, die Größe aber nicht unbequem, nicht zu groß und nicht zu klein ſein. b) Die Münzmetalle ſelbſt betreffend, ſo iſt (aus §. 413.) klar, daß es in einem Lande thatſächlich keine zwei Münzmetalle geben kann, die zugleich eigentliches Umlaufsmittel ſind, ſondern daß vielmehr je nach dem Stande des Verkehrs blos Eines der- ſelben wirkliches Tauſchmittel, ein anderes aber blos zur Aushilfe beſtimmt iſt. Weil man dieſe Wahrheit nicht erkannte, weil man meinte, ohne Einwirkung des Staats könne ſich kein feſtes Tauſch- werthsverhältniß der Münzmetalle gegenſeitig bilden und weil man eine andere als geſetzliche Beſtimmung deſſelben unter den Münzen gegenſeitig nicht für möglich hielt, ſo gab man ſtaatsgeſetzliche
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Sorge des Staats hat ſich nicht blos auf die inländiſchen, ſon-
dern auch auf die ausländiſchen Münzen zu erſtrecken. Es ob-
liegen daher (mit Bezugnahme auf §. 290. 328. und 413.) der
Münzgeſetzgebung beſonders folgende Punkte:
1) Die Münz-Aus- und Einfuhr. Man hat lange nach
den Grundſätzen des Mercantilſyſtems der Anſicht gehuldigt, daß
es in der Macht der Regirung liege, die Münzmenge zu beſtimmen.
Allein die Erläuterung des Geldumlaufs hat das Gegentheil ge-
zeigt, woraus hervorgeht, daß die Münzaus- und Einfuhrverbote
ihren Zweck nicht erreichen. Die einzige Aufſicht, welche der Staat
in dieſer Hinſicht zu führen hat, iſt die, daß er die eingehenden
ausländiſchen Münzen valvirt, d. h. ihren Werth beſtimmt und
durch Valvationstabellen bekannt macht, und daß er mit
benachbarten Staaten Verträge über ein gleichförmiges Münzſyſtem
abſchließt, um das Land vor dem Eingange ſchlechter Münzen zu
ſichern, welche die guten Münzſtücke aus dem Umlaufe treiben und
Falſchmünzerei verurſachen, ſobald ſie einen häufigen Umlauf haben.
In großen Staaten ſind dieſe Maaßregeln weit weniger nöthig als
in kleinen, weil ſie im Stande ſind, ein eigenthümliches Münz-
ſyſtem zu bewahren. Die kleinen und mittleren Staaten befinden
ſich in der Regel, was dies anbelangt, ſchlimm, wegen Mangels
an Selbſtſtändigkeit und wegen der Umgebung mehrerer Staaten
von reell und nominal oder blos reell verſchiedenen, aber nominal
gleichen Münzſyſtemen. Für ſie kann eine Münzvereinigung nur
vortheilhaft ſein.
2) Der eigene Münzfuß für das Inland. Derſelbe muß
Beſtimmungen enthalten über alle (§. 290.) erwähnten Münzver-
hältniſſe. a) Die Form und das Gepräge ſollen ſchön und gut,
die Größe aber nicht unbequem, nicht zu groß und nicht zu klein
ſein. b) Die Münzmetalle ſelbſt betreffend, ſo iſt (aus §. 413.)
klar, daß es in einem Lande thatſächlich keine zwei Münzmetalle
geben kann, die zugleich eigentliches Umlaufsmittel ſind, ſondern
daß vielmehr je nach dem Stande des Verkehrs blos Eines der-
ſelben wirkliches Tauſchmittel, ein anderes aber blos zur Aushilfe
beſtimmt iſt. Weil man dieſe Wahrheit nicht erkannte, weil man
meinte, ohne Einwirkung des Staats könne ſich kein feſtes Tauſch-
werthsverhältniß der Münzmetalle gegenſeitig bilden und weil man
eine andere als geſetzliche Beſtimmung deſſelben unter den Münzen
gegenſeitig nicht für möglich hielt, ſo gab man ſtaatsgeſetzliche
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Baumstark, Eduard: Kameralistische Encyclopädie. Heidelberg u. a., 1835, S. 627. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baumstark_encyclopaedie_1835/649>, abgerufen am 21.11.2024.
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