verhältnisse sind von höchster Wichtigkeit. Die Menge von Grundeigenthümern gegenüber der Menge von Bauern u. dgl., welche durch den Betrieb von Land- wirthschaft u. dgl. leben müssen, bringt daher oft große Mißverhältnisse vor und auf diesen Umständen beruhen die verschiedenen grundherrlichen und bäuerlichen Systeme, welche die Geschichte und Statistik aufweist und Jones a. a. O. p. 40 folg. p. 142 folg. beschrieben hat. Was vom Einflusse des Geldwesens auf den Preis überhaupt gesagt wurde, das gilt auch hier mit Bezug auf den Geldpacht- zins. Wenn die Geldrente fix ist, so entstehen daraus je nach Zu- und Abnahme des Geldtauschwerthes für die eine oder andere Parthie schlimme Folgen, welche aber für die Pachter und Bauern in der Regel am drückendsten sind.
§. 423. Fortsetzung. 2) Arbeitsrente und Arbeitslohn.
Kein Gewerbe, weder ein wirthschaftlich productives noch ein unproductives, ist ohne Arbeit denkbar, selbst das Geschäft des gewöhnlichen Geldcapitalisten und Grundeigenthümers, welcher seine Güter verpachtet, nicht ausgenommen. Es gibt aber in jeder Nation eine Klasse von Mitgliedern, welche in ihren Gewerben selbst arbeiten und eine andere weit größere, insbesondere soge- nannte arbeitende Klasse, welche Andern gegen Belohnung (Lohn, Löhnung, Honorar) Dienste leistet. Jene bezieht die Ar- beitsrente, diese den Arbeitslohn, denn ohne einen solchen der Arbeit entsprechenden wirthschaftlichen Erfolg würden sich die- selben der Arbeit nicht unterziehen1). Man könnte jene die na- türliche, diese aber die ausbedungene Arbeitsrente nennen und kann auch einen Sach- und Geldlohn unterscheiden. Auch hier entstehen die zwei Fragen, wonach sich die Arbeitsrente und der Arbeitslohn richten und in welchem Verhältnisse sie zum Volks- wohlstande stehen. a) Die eigentliche Arbeitsrente muß groß genug sein, um den Arbeiter in seiner Jugend, im arbeitsfähigen Alter und im späteren Alter, d. h. also jeden Arbeiter sammt der arbeitsunfähigen Familie zu erhalten. Daher richtet sie sich nach der üblichen Lebensweise der arbeitenden Familien bestimmten Grades, welche nach Klima, Sitten und Gewohnheiten wechselt, -- nach dem Preise der Lebensmittel, welche die entsprechende Arbeiterklasse braucht, -- nach den Zwischenzeiten, in welchen nicht gearbeitet werden kann oder darf, -- und nach den Auslagen zur Erwerbung der zur betreffenden Arbeit erforderlichen Geschicklich- keit2). Es ist aber b) der Arbeitslohn ein Preis für die ge- leistete Arbeit und richtet sich folglich nach dem Werthe der Arbeit, nach den zur Erlangung und Erhaltung der Arbeitsfähigkeit und Geschicklichkeit nöthigen Kosten, nach der Zahlfähigkeit der Be- gehrer (Lohnherrn), nach dem einmal marktüblichen Arbeitslohne, nach den Concurrenzverhältnissen, und nach den Geldverhältnissen3).
verhältniſſe ſind von höchſter Wichtigkeit. Die Menge von Grundeigenthümern gegenüber der Menge von Bauern u. dgl., welche durch den Betrieb von Land- wirthſchaft u. dgl. leben müſſen, bringt daher oft große Mißverhältniſſe vor und auf dieſen Umſtänden beruhen die verſchiedenen grundherrlichen und bäuerlichen Syſteme, welche die Geſchichte und Statiſtik aufweist und Jones a. a. O. p. 40 folg. p. 142 folg. beſchrieben hat. Was vom Einfluſſe des Geldweſens auf den Preis überhaupt geſagt wurde, das gilt auch hier mit Bezug auf den Geldpacht- zins. Wenn die Geldrente fix iſt, ſo entſtehen daraus je nach Zu- und Abnahme des Geldtauſchwerthes für die eine oder andere Parthie ſchlimme Folgen, welche aber für die Pachter und Bauern in der Regel am drückendſten ſind.
§. 423. Fortſetzung. 2) Arbeitsrente und Arbeitslohn.
Kein Gewerbe, weder ein wirthſchaftlich productives noch ein unproductives, iſt ohne Arbeit denkbar, ſelbſt das Geſchäft des gewöhnlichen Geldcapitaliſten und Grundeigenthümers, welcher ſeine Güter verpachtet, nicht ausgenommen. Es gibt aber in jeder Nation eine Klaſſe von Mitgliedern, welche in ihren Gewerben ſelbſt arbeiten und eine andere weit größere, insbeſondere ſoge- nannte arbeitende Klaſſe, welche Andern gegen Belohnung (Lohn, Löhnung, Honorar) Dienſte leiſtet. Jene bezieht die Ar- beitsrente, dieſe den Arbeitslohn, denn ohne einen ſolchen der Arbeit entſprechenden wirthſchaftlichen Erfolg würden ſich die- ſelben der Arbeit nicht unterziehen1). Man könnte jene die na- türliche, dieſe aber die ausbedungene Arbeitsrente nennen und kann auch einen Sach- und Geldlohn unterſcheiden. Auch hier entſtehen die zwei Fragen, wonach ſich die Arbeitsrente und der Arbeitslohn richten und in welchem Verhältniſſe ſie zum Volks- wohlſtande ſtehen. a) Die eigentliche Arbeitsrente muß groß genug ſein, um den Arbeiter in ſeiner Jugend, im arbeitsfähigen Alter und im ſpäteren Alter, d. h. alſo jeden Arbeiter ſammt der arbeitsunfähigen Familie zu erhalten. Daher richtet ſie ſich nach der üblichen Lebensweiſe der arbeitenden Familien beſtimmten Grades, welche nach Klima, Sitten und Gewohnheiten wechſelt, — nach dem Preiſe der Lebensmittel, welche die entſprechende Arbeiterklaſſe braucht, — nach den Zwiſchenzeiten, in welchen nicht gearbeitet werden kann oder darf, — und nach den Auslagen zur Erwerbung der zur betreffenden Arbeit erforderlichen Geſchicklich- keit2). Es iſt aber b) der Arbeitslohn ein Preis für die ge- leiſtete Arbeit und richtet ſich folglich nach dem Werthe der Arbeit, nach den zur Erlangung und Erhaltung der Arbeitsfähigkeit und Geſchicklichkeit nöthigen Koſten, nach der Zahlfähigkeit der Be- gehrer (Lohnherrn), nach dem einmal marktüblichen Arbeitslohne, nach den Concurrenzverhältniſſen, und nach den Geldverhältniſſen3).
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⁶⁾ verhältniſſe ſind von höchſter Wichtigkeit. Die Menge von Grundeigenthümern
gegenüber der Menge von Bauern u. dgl., welche durch den Betrieb von Land-
wirthſchaft u. dgl. leben müſſen, bringt daher oft große Mißverhältniſſe vor und
auf dieſen Umſtänden beruhen die verſchiedenen grundherrlichen und bäuerlichen
Syſteme, welche die Geſchichte und Statiſtik aufweist und Jones a. a. O. p. 40
folg. p. 142 folg. beſchrieben hat. Was vom Einfluſſe des Geldweſens auf den
Preis überhaupt geſagt wurde, das gilt auch hier mit Bezug auf den Geldpacht-
zins. Wenn die Geldrente fix iſt, ſo entſtehen daraus je nach Zu- und Abnahme
des Geldtauſchwerthes für die eine oder andere Parthie ſchlimme Folgen, welche
aber für die Pachter und Bauern in der Regel am drückendſten ſind.
§. 423.
Fortſetzung. 2) Arbeitsrente und Arbeitslohn.
Kein Gewerbe, weder ein wirthſchaftlich productives noch ein
unproductives, iſt ohne Arbeit denkbar, ſelbſt das Geſchäft des
gewöhnlichen Geldcapitaliſten und Grundeigenthümers, welcher
ſeine Güter verpachtet, nicht ausgenommen. Es gibt aber in jeder
Nation eine Klaſſe von Mitgliedern, welche in ihren Gewerben
ſelbſt arbeiten und eine andere weit größere, insbeſondere ſoge-
nannte arbeitende Klaſſe, welche Andern gegen Belohnung
(Lohn, Löhnung, Honorar) Dienſte leiſtet. Jene bezieht die Ar-
beitsrente, dieſe den Arbeitslohn, denn ohne einen ſolchen
der Arbeit entſprechenden wirthſchaftlichen Erfolg würden ſich die-
ſelben der Arbeit nicht unterziehen1). Man könnte jene die na-
türliche, dieſe aber die ausbedungene Arbeitsrente nennen und
kann auch einen Sach- und Geldlohn unterſcheiden. Auch hier
entſtehen die zwei Fragen, wonach ſich die Arbeitsrente und der
Arbeitslohn richten und in welchem Verhältniſſe ſie zum Volks-
wohlſtande ſtehen. a) Die eigentliche Arbeitsrente muß groß
genug ſein, um den Arbeiter in ſeiner Jugend, im arbeitsfähigen
Alter und im ſpäteren Alter, d. h. alſo jeden Arbeiter ſammt der
arbeitsunfähigen Familie zu erhalten. Daher richtet ſie ſich nach
der üblichen Lebensweiſe der arbeitenden Familien beſtimmten
Grades, welche nach Klima, Sitten und Gewohnheiten wechſelt,
— nach dem Preiſe der Lebensmittel, welche die entſprechende
Arbeiterklaſſe braucht, — nach den Zwiſchenzeiten, in welchen nicht
gearbeitet werden kann oder darf, — und nach den Auslagen zur
Erwerbung der zur betreffenden Arbeit erforderlichen Geſchicklich-
keit2). Es iſt aber b) der Arbeitslohn ein Preis für die ge-
leiſtete Arbeit und richtet ſich folglich nach dem Werthe der Arbeit,
nach den zur Erlangung und Erhaltung der Arbeitsfähigkeit und
Geſchicklichkeit nöthigen Koſten, nach der Zahlfähigkeit der Be-
gehrer (Lohnherrn), nach dem einmal marktüblichen Arbeitslohne,
nach den Concurrenzverhältniſſen, und nach den Geldverhältniſſen3).
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Baumstark, Eduard: Kameralistische Encyclopädie. Heidelberg u. a., 1835, S. 596. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baumstark_encyclopaedie_1835/618>, abgerufen am 21.11.2024.
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