Zweites Stück. Von der Vertheilung des Volksvermögens und -Einkommens.
I. Von dem Güterumlaufe.
§. 412. A.Allgemeine Betrachtung desselben.
Wie im vorigen §. gezeigt ist, hat die Größe des Einkommens einer Nation gar keine besondere Bedeutung zur Erforschung des wirthschaftlichen Volkswohlstandes, so lange man den Antheil nicht erwägt, welchen die Mitglieder der Nation daran haben. Wer zur Hervorbringung wirthschaftlicher Güter mitwirkt, der hat einen danach verhältnißmäßigen Anspruch auf einen Theil des Pro- ductes, und wer wirthschaftlich unproductive Dienste leistet, der verlangt von dem Einkommen Anderer eine Belohnung. Außer diesen gibt es aber noch Personen, welche, ohne mitzuarbeiten, erhalten werden müssen, sei es für früher geleistete oder später noch zu leistende Dienste u. dgl.1). Das erworbene Vermögen und die producirten Güter vertheilen sich daher in verschiedenen Theilen unter die Mitglieder der Nation. Dies ist die Verthei- lung2). Sie kann aber nicht gedacht werden, ohne daß die Güter die Besitzer und Eigenthümer wechseln. Diese Veränderung ver- ursacht der Güterumlauf (Circulation)3). Was man für die Gü- ter, Nutzungen und Leistungen, welche man andern überläßt und thut und welche also umlaufen, bekommt, ist der Preis. Auf diesem Wege und mit diesen verschiedenen Hilfsmitteln kommt dem Ein- zelnen sein Einkommen zu, allein die Einkommenszweige sind verschieden nach der Art und Anwendung der Güterquellen. Folg- lich muß die Lehre von der Vertheilung der Güter oder von dem Erwerbe der Einzelnen in der Volkswirthschaft über diese drei letzteren Verhältnisse sprechen.
1) Es haben daher am Volkseinkommen Antheil a) die Eigenthümer von Grundstücken, Bergwerken, Gruben und Brüchen; b) die Capitalisten; c) die Gewerbsunternehmer; d) die Dienstleistenden aller Art; e) und Personen, welche ohne Gegenleistung erhalten werden, z. B. Greise, Kranke, Kinder u. dgl.
2) S. R. Jones An Essay on the Distribution of Wealth and sources of Taxation. London 1831.Rau polit. Oecon. I. §. 140. (§. 152. der I. Ausg.) Lotz Handb. I. 306. Gioja Nuovo Prospetto. III. Tom Mac-Culloch Principles. p. 210. Uebers. von v. Weber. S. 166. Mill Elements p. 27. say Cours. IV. p. 55. Uebers. von v. Th. IV. 42. storch Cours. Uebers. von Rau. I. 173. III. 296. Ein merkwürdiges Beispiel schlechter Güter- und Einkommensvertheilung gewährt Frankreich vor der vorletzten Revolution a. 1789. Es bezog die Geistlich- keit (316,038 Köpfe) 405 Millionen Liv., wovon sie 271/2 Millionen frs. Abgaben
Zweites Stück. Von der Vertheilung des Volksvermögens und -Einkommens.
I. Von dem Güterumlaufe.
§. 412. A.Allgemeine Betrachtung deſſelben.
Wie im vorigen §. gezeigt iſt, hat die Größe des Einkommens einer Nation gar keine beſondere Bedeutung zur Erforſchung des wirthſchaftlichen Volkswohlſtandes, ſo lange man den Antheil nicht erwägt, welchen die Mitglieder der Nation daran haben. Wer zur Hervorbringung wirthſchaftlicher Güter mitwirkt, der hat einen danach verhältnißmäßigen Anſpruch auf einen Theil des Pro- ductes, und wer wirthſchaftlich unproductive Dienſte leiſtet, der verlangt von dem Einkommen Anderer eine Belohnung. Außer dieſen gibt es aber noch Perſonen, welche, ohne mitzuarbeiten, erhalten werden müſſen, ſei es für früher geleiſtete oder ſpäter noch zu leiſtende Dienſte u. dgl.1). Das erworbene Vermögen und die producirten Güter vertheilen ſich daher in verſchiedenen Theilen unter die Mitglieder der Nation. Dies iſt die Verthei- lung2). Sie kann aber nicht gedacht werden, ohne daß die Güter die Beſitzer und Eigenthümer wechſeln. Dieſe Veränderung ver- urſacht der Güterumlauf (Circulation)3). Was man für die Gü- ter, Nutzungen und Leiſtungen, welche man andern überläßt und thut und welche alſo umlaufen, bekommt, iſt der Preis. Auf dieſem Wege und mit dieſen verſchiedenen Hilfsmitteln kommt dem Ein- zelnen ſein Einkommen zu, allein die Einkommenszweige ſind verſchieden nach der Art und Anwendung der Güterquellen. Folg- lich muß die Lehre von der Vertheilung der Güter oder von dem Erwerbe der Einzelnen in der Volkswirthſchaft über dieſe drei letzteren Verhältniſſe ſprechen.
1) Es haben daher am Volkseinkommen Antheil a) die Eigenthümer von Grundſtücken, Bergwerken, Gruben und Brüchen; b) die Capitaliſten; c) die Gewerbsunternehmer; d) die Dienſtleiſtenden aller Art; e) und Perſonen, welche ohne Gegenleiſtung erhalten werden, z. B. Greiſe, Kranke, Kinder u. dgl.
2) S. R. Jones An Essay on the Distribution of Wealth and sources of Taxation. London 1831.Rau polit. Oecon. I. §. 140. (§. 152. der I. Ausg.) Lotz Handb. I. 306. Gioja Nuovo Prospetto. III. Tom Mac-Culloch Principles. p. 210. Ueberſ. von v. Weber. S. 166. Mill Elements p. 27. say Cours. IV. p. 55. Ueberſ. von v. Th. IV. 42. storch Cours. Ueberſ. von Rau. I. 173. III. 296. Ein merkwürdiges Beiſpiel ſchlechter Güter- und Einkommensvertheilung gewährt Frankreich vor der vorletzten Revolution a. 1789. Es bezog die Geiſtlich- keit (316,038 Köpfe) 405 Millionen Liv., wovon ſie 27½ Millionen frs. Abgaben
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Zweites Stück.
Von der Vertheilung des Volksvermögens
und -Einkommens.
I. Von dem Güterumlaufe.
§. 412.
A. Allgemeine Betrachtung deſſelben.
Wie im vorigen §. gezeigt iſt, hat die Größe des Einkommens
einer Nation gar keine beſondere Bedeutung zur Erforſchung des
wirthſchaftlichen Volkswohlſtandes, ſo lange man den Antheil nicht
erwägt, welchen die Mitglieder der Nation daran haben. Wer
zur Hervorbringung wirthſchaftlicher Güter mitwirkt, der hat
einen danach verhältnißmäßigen Anſpruch auf einen Theil des Pro-
ductes, und wer wirthſchaftlich unproductive Dienſte leiſtet, der
verlangt von dem Einkommen Anderer eine Belohnung. Außer
dieſen gibt es aber noch Perſonen, welche, ohne mitzuarbeiten,
erhalten werden müſſen, ſei es für früher geleiſtete oder ſpäter
noch zu leiſtende Dienſte u. dgl.1). Das erworbene Vermögen und
die producirten Güter vertheilen ſich daher in verſchiedenen
Theilen unter die Mitglieder der Nation. Dies iſt die Verthei-
lung2). Sie kann aber nicht gedacht werden, ohne daß die Güter
die Beſitzer und Eigenthümer wechſeln. Dieſe Veränderung ver-
urſacht der Güterumlauf (Circulation)3). Was man für die Gü-
ter, Nutzungen und Leiſtungen, welche man andern überläßt und thut
und welche alſo umlaufen, bekommt, iſt der Preis. Auf dieſem
Wege und mit dieſen verſchiedenen Hilfsmitteln kommt dem Ein-
zelnen ſein Einkommen zu, allein die Einkommenszweige ſind
verſchieden nach der Art und Anwendung der Güterquellen. Folg-
lich muß die Lehre von der Vertheilung der Güter oder von dem
Erwerbe der Einzelnen in der Volkswirthſchaft über dieſe drei
letzteren Verhältniſſe ſprechen.
¹⁾ Es haben daher am Volkseinkommen Antheil a) die Eigenthümer von
Grundſtücken, Bergwerken, Gruben und Brüchen; b) die Capitaliſten; c) die
Gewerbsunternehmer; d) die Dienſtleiſtenden aller Art; e) und Perſonen, welche
ohne Gegenleiſtung erhalten werden, z. B. Greiſe, Kranke, Kinder u. dgl.
²⁾ S. R. Jones An Essay on the Distribution of Wealth and sources of
Taxation. London 1831. Rau polit. Oecon. I. §. 140. (§. 152. der I. Ausg.)
Lotz Handb. I. 306. Gioja Nuovo Prospetto. III. Tom Mac-Culloch Principles.
p. 210. Ueberſ. von v. Weber. S. 166. Mill Elements p. 27. say Cours.
IV. p. 55. Ueberſ. von v. Th. IV. 42. storch Cours. Ueberſ. von Rau. I. 173.
III. 296. Ein merkwürdiges Beiſpiel ſchlechter Güter- und Einkommensvertheilung
gewährt Frankreich vor der vorletzten Revolution a. 1789. Es bezog die Geiſtlich-
keit (316,038 Köpfe) 405 Millionen Liv., wovon ſie 27½ Millionen frs. Abgaben
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Baumstark, Eduard: Kameralistische Encyclopädie. Heidelberg u. a., 1835, S. 568. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baumstark_encyclopaedie_1835/590>, abgerufen am 23.11.2024.
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