Es ist daher für die productive Wirkung der Arbeit in der Volks- wirthschaft das Zahlenverhältniß zwischen denjenigen der Bevölkerung, welche mit productiver Arbeit beschäftigt, und denjenigen, welche dies nicht sind, äußerst wichtig. Für dieselben sind daher alle Umstände, Anstalten und Thätigkeiten förderlich, nicht sowohl welche die Volksmenge, als vielmehr welche die arbeitsame Bevöl- kerung erhöhen und die unarbeitsame verringern, und einen ge- sunden, kräftigen, wohlgebauten Menschenschlag erzeugen und er- halten4). Eine Hauptbedingung der productiven Wirkung der Arbeit ist 4) die Arbeitstheilung. Dieselbe bietet zwei Be- ziehungen dar, nämlich die rein volkswirthschaftliche, indem sich die Gewerbs- und Geschäftsklassen eines Volkes und der Völker von einander scheiden, bis der Handel in ihre Mitte tritt, und die mehr privatwirthschaftliche, indem die verschiedenen Ver- richtungen eines und desselben Gewerbes von einander geschieden werden. Jene tritt in der geschichtlichen Entwickelung der Mensch- heit als Folge zunehmender Bildung und Bevölkerung und insofern außerhalb der Willkühr der Menschen ein, als die Natur nach ihrer verschiedenen Reichlichkeit und Aermlichkeit sie dazu zwingt. Diese aber, eine Folge der menschlichen Ueberlegung, die durch Verkehrsverhältnisse angespornt wird, erscheint erst bei einem sehr hohen Grade der gewerblichen Cultur5). Die Gründe der großen Wirkung der Arbeitstheilung sind nicht weniger klar als interessant. a) Durch die unaufhörliche Ausübung eines einzigen Geschäftes nimmt nicht blos die körperliche Geschicklichkeit und Fertigkeit, sondern auch die geistige Aufmerksamkeit und das Nachdenken über Erleichterungsmittel der Arbeit zu6). b) Es wird dadurch der- jenige Zeitverlust verhütet, welcher mit dem Uebergange von dem einen zu dem anderen Geschäfte und namentlich mit dem Wechsel der Werkzeuge verbunden ist; c) die zur Erlernung eines Geschäf- tes nöthige Zeit wird um vieles verringert, weil mit Zunahme der Einfachheit der Operation die Schwierigkeit des Erlernens ver- schwindet. d) Während des Erlernens wird auch weniger Material zu Grunde gerichtet, weil bei der Erlernung eines ganzen Gewer- bes verschiedene Operationen vorkommen, in denen chronologisch nicht blos mehr rohes, sondern auch schon theilweise verarbeitetes Material aus Ungeschicklichkeit und Unachtsamkeit verdorben wird, als wenn Einer seine Aufmerksamkeit auf eine Operation heftet. e) Nach eingeführter Arbeitstheilung braucht sich der Unternehmer für Arbeiten, wozu verschiedene Kraft und Geschicklichkeit erfor- dert wird, an Arbeitern von den erforderlichen Eigenschaften gerade nur so viele zu verschaffen, als für jeden Proceß nöthig
Es iſt daher für die productive Wirkung der Arbeit in der Volks- wirthſchaft das Zahlenverhältniß zwiſchen denjenigen der Bevölkerung, welche mit productiver Arbeit beſchäftigt, und denjenigen, welche dies nicht ſind, äußerſt wichtig. Für dieſelben ſind daher alle Umſtände, Anſtalten und Thätigkeiten förderlich, nicht ſowohl welche die Volksmenge, als vielmehr welche die arbeitſame Bevöl- kerung erhöhen und die unarbeitſame verringern, und einen ge- ſunden, kräftigen, wohlgebauten Menſchenſchlag erzeugen und er- halten4). Eine Hauptbedingung der productiven Wirkung der Arbeit iſt 4) die Arbeitstheilung. Dieſelbe bietet zwei Be- ziehungen dar, nämlich die rein volkswirthſchaftliche, indem ſich die Gewerbs- und Geſchäftsklaſſen eines Volkes und der Völker von einander ſcheiden, bis der Handel in ihre Mitte tritt, und die mehr privatwirthſchaftliche, indem die verſchiedenen Ver- richtungen eines und deſſelben Gewerbes von einander geſchieden werden. Jene tritt in der geſchichtlichen Entwickelung der Menſch- heit als Folge zunehmender Bildung und Bevölkerung und inſofern außerhalb der Willkühr der Menſchen ein, als die Natur nach ihrer verſchiedenen Reichlichkeit und Aermlichkeit ſie dazu zwingt. Dieſe aber, eine Folge der menſchlichen Ueberlegung, die durch Verkehrsverhältniſſe angeſpornt wird, erſcheint erſt bei einem ſehr hohen Grade der gewerblichen Cultur5). Die Gründe der großen Wirkung der Arbeitstheilung ſind nicht weniger klar als intereſſant. a) Durch die unaufhörliche Ausübung eines einzigen Geſchäftes nimmt nicht blos die körperliche Geſchicklichkeit und Fertigkeit, ſondern auch die geiſtige Aufmerkſamkeit und das Nachdenken über Erleichterungsmittel der Arbeit zu6). b) Es wird dadurch der- jenige Zeitverluſt verhütet, welcher mit dem Uebergange von dem einen zu dem anderen Geſchäfte und namentlich mit dem Wechſel der Werkzeuge verbunden iſt; c) die zur Erlernung eines Geſchäf- tes nöthige Zeit wird um vieles verringert, weil mit Zunahme der Einfachheit der Operation die Schwierigkeit des Erlernens ver- ſchwindet. d) Während des Erlernens wird auch weniger Material zu Grunde gerichtet, weil bei der Erlernung eines ganzen Gewer- bes verſchiedene Operationen vorkommen, in denen chronologiſch nicht blos mehr rohes, ſondern auch ſchon theilweiſe verarbeitetes Material aus Ungeſchicklichkeit und Unachtſamkeit verdorben wird, als wenn Einer ſeine Aufmerkſamkeit auf eine Operation heftet. e) Nach eingeführter Arbeitstheilung braucht ſich der Unternehmer für Arbeiten, wozu verſchiedene Kraft und Geſchicklichkeit erfor- dert wird, an Arbeitern von den erforderlichen Eigenſchaften gerade nur ſo viele zu verſchaffen, als für jeden Proceß nöthig
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Es iſt daher für die productive Wirkung der Arbeit in der Volks-
wirthſchaft das Zahlenverhältniß zwiſchen denjenigen der Bevölkerung,
welche mit productiver Arbeit beſchäftigt, und denjenigen, welche
dies nicht ſind, äußerſt wichtig. Für dieſelben ſind daher alle
Umſtände, Anſtalten und Thätigkeiten förderlich, nicht ſowohl
welche die Volksmenge, als vielmehr welche die arbeitſame Bevöl-
kerung erhöhen und die unarbeitſame verringern, und einen ge-
ſunden, kräftigen, wohlgebauten Menſchenſchlag erzeugen und er-
halten4). Eine Hauptbedingung der productiven Wirkung der
Arbeit iſt 4) die Arbeitstheilung. Dieſelbe bietet zwei Be-
ziehungen dar, nämlich die rein volkswirthſchaftliche, indem
ſich die Gewerbs- und Geſchäftsklaſſen eines Volkes und der Völker
von einander ſcheiden, bis der Handel in ihre Mitte tritt, und
die mehr privatwirthſchaftliche, indem die verſchiedenen Ver-
richtungen eines und deſſelben Gewerbes von einander geſchieden
werden. Jene tritt in der geſchichtlichen Entwickelung der Menſch-
heit als Folge zunehmender Bildung und Bevölkerung und inſofern
außerhalb der Willkühr der Menſchen ein, als die Natur nach
ihrer verſchiedenen Reichlichkeit und Aermlichkeit ſie dazu zwingt.
Dieſe aber, eine Folge der menſchlichen Ueberlegung, die durch
Verkehrsverhältniſſe angeſpornt wird, erſcheint erſt bei einem ſehr
hohen Grade der gewerblichen Cultur5). Die Gründe der großen
Wirkung der Arbeitstheilung ſind nicht weniger klar als intereſſant.
a) Durch die unaufhörliche Ausübung eines einzigen Geſchäftes
nimmt nicht blos die körperliche Geſchicklichkeit und Fertigkeit,
ſondern auch die geiſtige Aufmerkſamkeit und das Nachdenken über
Erleichterungsmittel der Arbeit zu6). b) Es wird dadurch der-
jenige Zeitverluſt verhütet, welcher mit dem Uebergange von dem
einen zu dem anderen Geſchäfte und namentlich mit dem Wechſel
der Werkzeuge verbunden iſt; c) die zur Erlernung eines Geſchäf-
tes nöthige Zeit wird um vieles verringert, weil mit Zunahme der
Einfachheit der Operation die Schwierigkeit des Erlernens ver-
ſchwindet. d) Während des Erlernens wird auch weniger Material
zu Grunde gerichtet, weil bei der Erlernung eines ganzen Gewer-
bes verſchiedene Operationen vorkommen, in denen chronologiſch
nicht blos mehr rohes, ſondern auch ſchon theilweiſe verarbeitetes
Material aus Ungeſchicklichkeit und Unachtſamkeit verdorben wird,
als wenn Einer ſeine Aufmerkſamkeit auf eine Operation heftet.
e) Nach eingeführter Arbeitstheilung braucht ſich der Unternehmer
für Arbeiten, wozu verſchiedene Kraft und Geſchicklichkeit erfor-
dert wird, an Arbeitern von den erforderlichen Eigenſchaften
gerade nur ſo viele zu verſchaffen, als für jeden Proceß nöthig
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Baumstark, Eduard: Kameralistische Encyclopädie. Heidelberg u. a., 1835, S. 559. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baumstark_encyclopaedie_1835/581>, abgerufen am 22.11.2024.
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