wenig zur Bewirthschaftung von Gründen geeignet ist (§. 379. 380.): so ist die Erhaltung der Gemeinde- und Almendgüter als Regel zu beobachten1).
B. Ueber die Vor- und Nachtheile der Vertheilung des Gemeinde- oder Almendgutes zur Nutzung oder zu Eigenthum. Was die Umtheilung von Gemeindegütern zur Nutzung unter die Bürger, d. h. die Einführung neuer Almendgüter anbelangt, so ist ihre Räthlichkeit noch streitig, obschon die Umtheilung der be- reits bestehenden als etwas Herkömmliches den Bürgern ein Recht gibt (§. 379.). Sie ist es aber auch und noch in weit höherem Grade bei der Umtheilung des Gemeinde- und Almendgutes unter die Bürger als Eigenthum, denn es handelt sich hierbei um eine Entäußerung von Gemeindevermögen ohne einen Werthsersatz und um eine Verzichtleistung der Gemeindekasse auf ein bedeutendes Einkommen. Es spricht 1) für die Umtheilung zu Eigenthum vor Allem die Entstehung des Gemeindeeigenthums als Rest der von der Gemeinde ehemals occupirten Gemarkung, welcher von den einzelnen Gliedern der Genossenheit (§. 378.) nicht in Besitz ge- nommen wurde2); sodann der Umstand, daß die Privatindustrie in der Regel den wirthschaftlichen Quellen mehr Vortheile abzu- gewinnen vermag als eine Gemeinheit; ferner die Erfahrung, daß der Eigenthümer aus Interesse sein Gut besser bewirthschaftet, als der bloße Nutznießer; zudem die Rücksicht, daß dadurch dem Wohl- stande der ganzen oder eines Theils der Bürgerschaft in jeder Beziehung aufgeholfen, die Bevölkerung gehoben und der Boden weit besser derjenigen Bewirthschaftung gewidmet werden kann, in welcher er den größten Vortheil bringt3); und endlich die Mei- nung, daß die wahre Consolidirung der Gemeinden nicht sowohl auf dem Reichthume der Gemeindekasse, als vielmehr auf dem Wohl- stande der Bürgerschaft beruht und von diesem das Volkswohl und die Staatssicherheit abhängt. Man wendet aber auch 2) gegen dieselbe ein vor Allem die unter A. erwähnten Rücksichten; dann die Rücksicht, daß die Gemeindeversammlung auf die Ansprüche auf eine allmählige Weitervertheilung jenes Restes der Gemarkung der Genossenschaft verzichten könne; ferner die Betrachtung des Gemeindevermögens als das Eigenthum einer ewigen moralischen Person, worüber eine einzige Generation zum Nachtheile der noch folgenden nicht so disponiren dürfe und jedenfalls die später noch eintretenden Gemeindebürger den von früher her schon aufgenom- menen gegenüber benachtheiligt seien, indem sie gleiche Lasten tra- gen müßten, ohne gleiche Vortheile erhalten zu haben4); und endlich die vielfältige Erfahrung, daß sich nach der Vertheilung
wenig zur Bewirthſchaftung von Gründen geeignet iſt (§. 379. 380.): ſo iſt die Erhaltung der Gemeinde- und Almendgüter als Regel zu beobachten1).
B. Ueber die Vor- und Nachtheile der Vertheilung des Gemeinde- oder Almendgutes zur Nutzung oder zu Eigenthum. Was die Umtheilung von Gemeindegütern zur Nutzung unter die Bürger, d. h. die Einführung neuer Almendgüter anbelangt, ſo iſt ihre Räthlichkeit noch ſtreitig, obſchon die Umtheilung der be- reits beſtehenden als etwas Herkömmliches den Bürgern ein Recht gibt (§. 379.). Sie iſt es aber auch und noch in weit höherem Grade bei der Umtheilung des Gemeinde- und Almendgutes unter die Bürger als Eigenthum, denn es handelt ſich hierbei um eine Entäußerung von Gemeindevermögen ohne einen Werthserſatz und um eine Verzichtleiſtung der Gemeindekaſſe auf ein bedeutendes Einkommen. Es ſpricht 1) für die Umtheilung zu Eigenthum vor Allem die Entſtehung des Gemeindeeigenthums als Reſt der von der Gemeinde ehemals occupirten Gemarkung, welcher von den einzelnen Gliedern der Genoſſenheit (§. 378.) nicht in Beſitz ge- nommen wurde2); ſodann der Umſtand, daß die Privatinduſtrie in der Regel den wirthſchaftlichen Quellen mehr Vortheile abzu- gewinnen vermag als eine Gemeinheit; ferner die Erfahrung, daß der Eigenthümer aus Intereſſe ſein Gut beſſer bewirthſchaftet, als der bloße Nutznießer; zudem die Rückſicht, daß dadurch dem Wohl- ſtande der ganzen oder eines Theils der Bürgerſchaft in jeder Beziehung aufgeholfen, die Bevölkerung gehoben und der Boden weit beſſer derjenigen Bewirthſchaftung gewidmet werden kann, in welcher er den größten Vortheil bringt3); und endlich die Mei- nung, daß die wahre Conſolidirung der Gemeinden nicht ſowohl auf dem Reichthume der Gemeindekaſſe, als vielmehr auf dem Wohl- ſtande der Bürgerſchaft beruht und von dieſem das Volkswohl und die Staatsſicherheit abhängt. Man wendet aber auch 2) gegen dieſelbe ein vor Allem die unter A. erwähnten Rückſichten; dann die Rückſicht, daß die Gemeindeverſammlung auf die Anſprüche auf eine allmählige Weitervertheilung jenes Reſtes der Gemarkung der Genoſſenſchaft verzichten könne; ferner die Betrachtung des Gemeindevermögens als das Eigenthum einer ewigen moraliſchen Perſon, worüber eine einzige Generation zum Nachtheile der noch folgenden nicht ſo diſponiren dürfe und jedenfalls die ſpäter noch eintretenden Gemeindebürger den von früher her ſchon aufgenom- menen gegenüber benachtheiligt ſeien, indem ſie gleiche Laſten tra- gen müßten, ohne gleiche Vortheile erhalten zu haben4); und endlich die vielfältige Erfahrung, daß ſich nach der Vertheilung
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wenig zur Bewirthſchaftung von Gründen geeignet iſt (§. 379.
380.): ſo iſt die Erhaltung der Gemeinde- und Almendgüter als
Regel zu beobachten1).
B. Ueber die Vor- und Nachtheile der Vertheilung des
Gemeinde- oder Almendgutes zur Nutzung oder zu Eigenthum.
Was die Umtheilung von Gemeindegütern zur Nutzung unter die
Bürger, d. h. die Einführung neuer Almendgüter anbelangt, ſo
iſt ihre Räthlichkeit noch ſtreitig, obſchon die Umtheilung der be-
reits beſtehenden als etwas Herkömmliches den Bürgern ein Recht
gibt (§. 379.). Sie iſt es aber auch und noch in weit höherem
Grade bei der Umtheilung des Gemeinde- und Almendgutes unter
die Bürger als Eigenthum, denn es handelt ſich hierbei um eine
Entäußerung von Gemeindevermögen ohne einen Werthserſatz und
um eine Verzichtleiſtung der Gemeindekaſſe auf ein bedeutendes
Einkommen. Es ſpricht 1) für die Umtheilung zu Eigenthum vor
Allem die Entſtehung des Gemeindeeigenthums als Reſt der von
der Gemeinde ehemals occupirten Gemarkung, welcher von den
einzelnen Gliedern der Genoſſenheit (§. 378.) nicht in Beſitz ge-
nommen wurde2); ſodann der Umſtand, daß die Privatinduſtrie
in der Regel den wirthſchaftlichen Quellen mehr Vortheile abzu-
gewinnen vermag als eine Gemeinheit; ferner die Erfahrung, daß
der Eigenthümer aus Intereſſe ſein Gut beſſer bewirthſchaftet, als
der bloße Nutznießer; zudem die Rückſicht, daß dadurch dem Wohl-
ſtande der ganzen oder eines Theils der Bürgerſchaft in jeder
Beziehung aufgeholfen, die Bevölkerung gehoben und der Boden
weit beſſer derjenigen Bewirthſchaftung gewidmet werden kann, in
welcher er den größten Vortheil bringt3); und endlich die Mei-
nung, daß die wahre Conſolidirung der Gemeinden nicht ſowohl
auf dem Reichthume der Gemeindekaſſe, als vielmehr auf dem Wohl-
ſtande der Bürgerſchaft beruht und von dieſem das Volkswohl und
die Staatsſicherheit abhängt. Man wendet aber auch 2) gegen
dieſelbe ein vor Allem die unter A. erwähnten Rückſichten; dann
die Rückſicht, daß die Gemeindeverſammlung auf die Anſprüche
auf eine allmählige Weitervertheilung jenes Reſtes der Gemarkung
der Genoſſenſchaft verzichten könne; ferner die Betrachtung des
Gemeindevermögens als das Eigenthum einer ewigen moraliſchen
Perſon, worüber eine einzige Generation zum Nachtheile der noch
folgenden nicht ſo diſponiren dürfe und jedenfalls die ſpäter noch
eintretenden Gemeindebürger den von früher her ſchon aufgenom-
menen gegenüber benachtheiligt ſeien, indem ſie gleiche Laſten tra-
gen müßten, ohne gleiche Vortheile erhalten zu haben4); und
endlich die vielfältige Erfahrung, daß ſich nach der Vertheilung
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Baumstark, Eduard: Kameralistische Encyclopädie. Heidelberg u. a., 1835, S. 525. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baumstark_encyclopaedie_1835/547>, abgerufen am 22.11.2024.
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