Zwar können diese auch nur auf dem Zutrauen zum Willen und Vermögen der Gemeinden, ihre Schuldverbindlichkeiten zu erfüllen, beruhen; allein die Folgerungen aus diesem Grundsatze für die Wirk- lichkeit sind bei den Gemeinden andere als bei dem Staate. 1) Da nämlich dieser die höchste Gewalt im Landesgebiete ausübt, so gibt es über ihm keinen weltlichen Gesetzgeber und keinen weltlichen Richter, so lange nicht positiv ein solcher kraft der Uebereinkunft mehrerer Staaten oder des Staatsgrundgesetzes bestellt ist. Es steht demselben aber außerdem für den Fall der Noth bei Zah- lungsunfähigkeit außer dem Vergleichswege auch jener der gesetz- gebenden Erklärung übrig, um seine Verbindlichkeiten (nicht zu vernichten, sondern) zu suspendiren, bis er wieder im Stande ist, dieselben zu erfüllen und die durch deren Suspension Benachthei- ligten zu entschädigen. Dies ist bei den Gemeinden nicht der Fall, denn sie stehen wie der einzelne Bürger unter dem Staatsgesetz und haben auf die gesetzwidrige Selbsthilfe verzichtet, sind gericht- lich zu belangen und unterliegen den Concursgesetzen. 2) Deßhalb und wegen des Hinblicks auf die weit größeren Hilfsmittel des Staates aus einer blühenden Volksindustrie und endlich wegen der Sicherheit, welche den Staatsgläubigern der Umstand gewährt, daß der Staat aus eigenem hochwichtigem Interesse der Erhaltung seine Schuldverbindlichkeiten so lange als möglich erfüllen und nach der Suspension sobald als möglich mit Entschädigung wieder beginnen muß, kann der Staat weit über den Werth seines Staats- eigenthumes, ohne Hypotheke und blos gegen die Versicherung Schulden contrahiren, daß er zur Tilgung und Verzinsung die Staatseinkünfte verwenden werde. Die Gemeinden genießen da- gegen diese Wohlthat nicht, -- doch höchstens nur ausnahms- weise1). 3) Aus jener größeren Unbeschränktheit des Staates ergibt sich auch, daß derselbe bei seinen Anleihen, deren Tilgung und Verzinsung freiere Formen einführen kann als die Gemein- den2). Da aber im Uebrigen, namentlich was das Verhältniß der Staatsschulden zu den Einkünften und Ausgaben anbelangt, bei den Gemeinden blos in der Größe des Maaßstabes eine Ver- schiedenheit obwaltet, so reduciren sich darin die Grundsätze der Gemeinde- auf jene der Staatswirthschaft3).
1) Wenigstens ist die Unterscheidung von Landgemeinden und Städten, bei diesen aber wieder jene zwischen den kleinen, mittleren und größten nothwendig. Von Landgemeinden, kleinen und mittleren Städten gilt Obiges zuverlässig. Die größten Städte Europas, z. B. London, Paris, Petersburg u. s. w. näheren sich aber mehr einem kleinen Staate und bei diesen kann wohl eine Aehnlichkeit mit dem Staatsschuldenwesen obwalten. Allein dies sind sehr seltene Ausnahmen.
2) Die Landgemeinden und kleineren Städte verhalten sich hierin, wie die
Zwar können dieſe auch nur auf dem Zutrauen zum Willen und Vermögen der Gemeinden, ihre Schuldverbindlichkeiten zu erfüllen, beruhen; allein die Folgerungen aus dieſem Grundſatze für die Wirk- lichkeit ſind bei den Gemeinden andere als bei dem Staate. 1) Da nämlich dieſer die höchſte Gewalt im Landesgebiete ausübt, ſo gibt es über ihm keinen weltlichen Geſetzgeber und keinen weltlichen Richter, ſo lange nicht poſitiv ein ſolcher kraft der Uebereinkunft mehrerer Staaten oder des Staatsgrundgeſetzes beſtellt iſt. Es ſteht demſelben aber außerdem für den Fall der Noth bei Zah- lungsunfähigkeit außer dem Vergleichswege auch jener der geſetz- gebenden Erklärung übrig, um ſeine Verbindlichkeiten (nicht zu vernichten, ſondern) zu ſuſpendiren, bis er wieder im Stande iſt, dieſelben zu erfüllen und die durch deren Suſpenſion Benachthei- ligten zu entſchädigen. Dies iſt bei den Gemeinden nicht der Fall, denn ſie ſtehen wie der einzelne Bürger unter dem Staatsgeſetz und haben auf die geſetzwidrige Selbſthilfe verzichtet, ſind gericht- lich zu belangen und unterliegen den Concursgeſetzen. 2) Deßhalb und wegen des Hinblicks auf die weit größeren Hilfsmittel des Staates aus einer blühenden Volksinduſtrie und endlich wegen der Sicherheit, welche den Staatsgläubigern der Umſtand gewährt, daß der Staat aus eigenem hochwichtigem Intereſſe der Erhaltung ſeine Schuldverbindlichkeiten ſo lange als möglich erfüllen und nach der Suſpenſion ſobald als möglich mit Entſchädigung wieder beginnen muß, kann der Staat weit über den Werth ſeines Staats- eigenthumes, ohne Hypotheke und blos gegen die Verſicherung Schulden contrahiren, daß er zur Tilgung und Verzinſung die Staatseinkünfte verwenden werde. Die Gemeinden genießen da- gegen dieſe Wohlthat nicht, — doch höchſtens nur ausnahms- weiſe1). 3) Aus jener größeren Unbeſchränktheit des Staates ergibt ſich auch, daß derſelbe bei ſeinen Anleihen, deren Tilgung und Verzinſung freiere Formen einführen kann als die Gemein- den2). Da aber im Uebrigen, namentlich was das Verhältniß der Staatsſchulden zu den Einkünften und Ausgaben anbelangt, bei den Gemeinden blos in der Größe des Maaßſtabes eine Ver- ſchiedenheit obwaltet, ſo reduciren ſich darin die Grundſätze der Gemeinde- auf jene der Staatswirthſchaft3).
1) Wenigſtens iſt die Unterſcheidung von Landgemeinden und Städten, bei dieſen aber wieder jene zwiſchen den kleinen, mittleren und größten nothwendig. Von Landgemeinden, kleinen und mittleren Städten gilt Obiges zuverläſſig. Die größten Städte Europas, z. B. London, Paris, Petersburg u. ſ. w. näheren ſich aber mehr einem kleinen Staate und bei dieſen kann wohl eine Aehnlichkeit mit dem Staatsſchuldenweſen obwalten. Allein dies ſind ſehr ſeltene Ausnahmen.
2) Die Landgemeinden und kleineren Städte verhalten ſich hierin, wie die
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Zwar können dieſe auch nur auf dem Zutrauen zum Willen und
Vermögen der Gemeinden, ihre Schuldverbindlichkeiten zu erfüllen,
beruhen; allein die Folgerungen aus dieſem Grundſatze für die Wirk-
lichkeit ſind bei den Gemeinden andere als bei dem Staate. 1) Da
nämlich dieſer die höchſte Gewalt im Landesgebiete ausübt, ſo
gibt es über ihm keinen weltlichen Geſetzgeber und keinen weltlichen
Richter, ſo lange nicht poſitiv ein ſolcher kraft der Uebereinkunft
mehrerer Staaten oder des Staatsgrundgeſetzes beſtellt iſt. Es
ſteht demſelben aber außerdem für den Fall der Noth bei Zah-
lungsunfähigkeit außer dem Vergleichswege auch jener der geſetz-
gebenden Erklärung übrig, um ſeine Verbindlichkeiten (nicht zu
vernichten, ſondern) zu ſuſpendiren, bis er wieder im Stande iſt,
dieſelben zu erfüllen und die durch deren Suſpenſion Benachthei-
ligten zu entſchädigen. Dies iſt bei den Gemeinden nicht der Fall,
denn ſie ſtehen wie der einzelne Bürger unter dem Staatsgeſetz
und haben auf die geſetzwidrige Selbſthilfe verzichtet, ſind gericht-
lich zu belangen und unterliegen den Concursgeſetzen. 2) Deßhalb
und wegen des Hinblicks auf die weit größeren Hilfsmittel des
Staates aus einer blühenden Volksinduſtrie und endlich wegen der
Sicherheit, welche den Staatsgläubigern der Umſtand gewährt,
daß der Staat aus eigenem hochwichtigem Intereſſe der Erhaltung
ſeine Schuldverbindlichkeiten ſo lange als möglich erfüllen und
nach der Suſpenſion ſobald als möglich mit Entſchädigung wieder
beginnen muß, kann der Staat weit über den Werth ſeines Staats-
eigenthumes, ohne Hypotheke und blos gegen die Verſicherung
Schulden contrahiren, daß er zur Tilgung und Verzinſung die
Staatseinkünfte verwenden werde. Die Gemeinden genießen da-
gegen dieſe Wohlthat nicht, — doch höchſtens nur ausnahms-
weiſe1). 3) Aus jener größeren Unbeſchränktheit des Staates
ergibt ſich auch, daß derſelbe bei ſeinen Anleihen, deren Tilgung
und Verzinſung freiere Formen einführen kann als die Gemein-
den2). Da aber im Uebrigen, namentlich was das Verhältniß
der Staatsſchulden zu den Einkünften und Ausgaben anbelangt,
bei den Gemeinden blos in der Größe des Maaßſtabes eine Ver-
ſchiedenheit obwaltet, ſo reduciren ſich darin die Grundſätze der
Gemeinde- auf jene der Staatswirthſchaft3).
¹⁾ Wenigſtens iſt die Unterſcheidung von Landgemeinden und Städten, bei
dieſen aber wieder jene zwiſchen den kleinen, mittleren und größten nothwendig.
Von Landgemeinden, kleinen und mittleren Städten gilt Obiges zuverläſſig. Die
größten Städte Europas, z. B. London, Paris, Petersburg u. ſ. w. näheren ſich
aber mehr einem kleinen Staate und bei dieſen kann wohl eine Aehnlichkeit mit
dem Staatsſchuldenweſen obwalten. Allein dies ſind ſehr ſeltene Ausnahmen.
²⁾ Die Landgemeinden und kleineren Städte verhalten ſich hierin, wie die
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Baumstark, Eduard: Kameralistische Encyclopädie. Heidelberg u. a., 1835, S. 521. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baumstark_encyclopaedie_1835/543>, abgerufen am 21.11.2024.
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