Vermögensrechten erstrecken. Da nun aber die Zwecke der Ver- wendungen von verschiedener Allgemeinheit und Besonderheit sind, so entstehen folgende drei Hauptfragen:
1) Welche Personen müssen zu den Gemeindebedürf- nissen beitragen? -- Darin, daß Einer Staatsbürger sein kann, ohne Gemeindebürger zu sein, liegt der wesentliche Unterschied der persönlichen Steuerpflicht für Staats- und jener für Gemeinde- zwecke. Man unterscheidet eigentliche Gemeindebürger, In- sassen (Schutzbürger, Schutzverwandte) und Ausmärker4). Diese drei Klassen haben verschiedene Rechte und Vortheile in der Gemeinde, und müssen sämmtlich, aber nicht gleich viel, zu den Gemeindebedürfnissen beitragen. Nach diesen Beziehungen ist nun die folgende Frage zu lösen.
2) Zu welchen Zwecken oder Ausgaben müssen sie beisteuern? -- Aus Gründen des Rechts ist Niemand zu einer Aufopferung ohne eine entsprechende Gegenleistung verpflichtet; denn das Recht ist nur das Product eines gewissen Verhältnisses von Forderung und Leistung. Nimmt man aber die Leistungen irgend eines Rechtsverbandes an, so folgt aus jenem Satze auch, daß dieser gerechten Anspruch auf einen der Leistung entsprechenden Beitrag zur Leistungsfähigkeit hat, insoweit ohne solche Beiträge die Leztere nicht bestehen kann. Weil sich aber die Beitragspflicht auch nur auf dieses Verhältniß ausdehnen darf, so folgt daraus, daß auch jedes Gemeindeglied nur im Verhältnisse der Vortheile, die es aus dem Gemeindeverbande zieht, aus Rechtsgründen bei- zutragen braucht. Die Gemeindebürger, Insassen und Ausmärker nehmen in verschiedenen Graden an den Gemeindevortheilen An- theil, seien es solche, welche die Gemeinde an sich, oder solche, welche sie als eine mit einer gewissen Staatsgewalt bekleidete Person gewährt; folglich haben sie auch in verschiedenem Grade zu den Gemeindebedürfnissen beizutragen5). Da nun aber diese Vortheile nicht blos der Person, sondern auch dem Vermögen zu- kommen, so entsteht noch folgende Frage.
3) Mit welchem Vermögen ist das Gemeindeglied steuerpflichtig zu Gemeindebedürfnissen? -- Aus den bis- herigen Gründen nur mit demjenigen, welches dasselbe im Gemeinde- verbande und in der Gemeindegemarkung besitzt und genießt, denn für Eigenthum, Besitz und Genuß, dieser mag aus- oder inmärki- sches Vermögen oder Einkommen betreffen, gewährt die Gemeinde- verbindung Schutz6).
1) Sehr viel Material zu demselben bieten die Verhandlungen der IIten Bad. Kammer v. J. 1831. Heft 10. S. 154. Heft 15. S. 97. 143. Beilageheft 4. S. 156.
Vermögensrechten erſtrecken. Da nun aber die Zwecke der Ver- wendungen von verſchiedener Allgemeinheit und Beſonderheit ſind, ſo entſtehen folgende drei Hauptfragen:
1) Welche Perſonen müſſen zu den Gemeindebedürf- niſſen beitragen? — Darin, daß Einer Staatsbürger ſein kann, ohne Gemeindebürger zu ſein, liegt der weſentliche Unterſchied der perſönlichen Steuerpflicht für Staats- und jener für Gemeinde- zwecke. Man unterſcheidet eigentliche Gemeindebürger, In- ſaſſen (Schutzbürger, Schutzverwandte) und Ausmärker4). Dieſe drei Klaſſen haben verſchiedene Rechte und Vortheile in der Gemeinde, und müſſen ſämmtlich, aber nicht gleich viel, zu den Gemeindebedürfniſſen beitragen. Nach dieſen Beziehungen iſt nun die folgende Frage zu löſen.
2) Zu welchen Zwecken oder Ausgaben müſſen ſie beiſteuern? — Aus Gründen des Rechts iſt Niemand zu einer Aufopferung ohne eine entſprechende Gegenleiſtung verpflichtet; denn das Recht iſt nur das Product eines gewiſſen Verhältniſſes von Forderung und Leiſtung. Nimmt man aber die Leiſtungen irgend eines Rechtsverbandes an, ſo folgt aus jenem Satze auch, daß dieſer gerechten Anſpruch auf einen der Leiſtung entſprechenden Beitrag zur Leiſtungsfähigkeit hat, inſoweit ohne ſolche Beiträge die Leztere nicht beſtehen kann. Weil ſich aber die Beitragspflicht auch nur auf dieſes Verhältniß ausdehnen darf, ſo folgt daraus, daß auch jedes Gemeindeglied nur im Verhältniſſe der Vortheile, die es aus dem Gemeindeverbande zieht, aus Rechtsgründen bei- zutragen braucht. Die Gemeindebürger, Inſaſſen und Ausmärker nehmen in verſchiedenen Graden an den Gemeindevortheilen An- theil, ſeien es ſolche, welche die Gemeinde an ſich, oder ſolche, welche ſie als eine mit einer gewiſſen Staatsgewalt bekleidete Perſon gewährt; folglich haben ſie auch in verſchiedenem Grade zu den Gemeindebedürfniſſen beizutragen5). Da nun aber dieſe Vortheile nicht blos der Perſon, ſondern auch dem Vermögen zu- kommen, ſo entſteht noch folgende Frage.
3) Mit welchem Vermögen iſt das Gemeindeglied ſteuerpflichtig zu Gemeindebedürfniſſen? — Aus den bis- herigen Gründen nur mit demjenigen, welches daſſelbe im Gemeinde- verbande und in der Gemeindegemarkung beſitzt und genießt, denn für Eigenthum, Beſitz und Genuß, dieſer mag aus- oder inmärki- ſches Vermögen oder Einkommen betreffen, gewährt die Gemeinde- verbindung Schutz6).
1) Sehr viel Material zu demſelben bieten die Verhandlungen der IIten Bad. Kammer v. J. 1831. Heft 10. S. 154. Heft 15. S. 97. 143. Beilageheft 4. S. 156.
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Vermögensrechten erſtrecken. Da nun aber die Zwecke der Ver-
wendungen von verſchiedener Allgemeinheit und Beſonderheit ſind,
ſo entſtehen folgende drei Hauptfragen:
1) Welche Perſonen müſſen zu den Gemeindebedürf-
niſſen beitragen? — Darin, daß Einer Staatsbürger ſein kann,
ohne Gemeindebürger zu ſein, liegt der weſentliche Unterſchied der
perſönlichen Steuerpflicht für Staats- und jener für Gemeinde-
zwecke. Man unterſcheidet eigentliche Gemeindebürger, In-
ſaſſen (Schutzbürger, Schutzverwandte) und Ausmärker4).
Dieſe drei Klaſſen haben verſchiedene Rechte und Vortheile in der
Gemeinde, und müſſen ſämmtlich, aber nicht gleich viel, zu den
Gemeindebedürfniſſen beitragen. Nach dieſen Beziehungen iſt nun
die folgende Frage zu löſen.
2) Zu welchen Zwecken oder Ausgaben müſſen ſie
beiſteuern? — Aus Gründen des Rechts iſt Niemand zu einer
Aufopferung ohne eine entſprechende Gegenleiſtung verpflichtet;
denn das Recht iſt nur das Product eines gewiſſen Verhältniſſes
von Forderung und Leiſtung. Nimmt man aber die Leiſtungen
irgend eines Rechtsverbandes an, ſo folgt aus jenem Satze auch,
daß dieſer gerechten Anſpruch auf einen der Leiſtung entſprechenden
Beitrag zur Leiſtungsfähigkeit hat, inſoweit ohne ſolche Beiträge
die Leztere nicht beſtehen kann. Weil ſich aber die Beitragspflicht
auch nur auf dieſes Verhältniß ausdehnen darf, ſo folgt daraus,
daß auch jedes Gemeindeglied nur im Verhältniſſe der Vortheile,
die es aus dem Gemeindeverbande zieht, aus Rechtsgründen bei-
zutragen braucht. Die Gemeindebürger, Inſaſſen und Ausmärker
nehmen in verſchiedenen Graden an den Gemeindevortheilen An-
theil, ſeien es ſolche, welche die Gemeinde an ſich, oder ſolche,
welche ſie als eine mit einer gewiſſen Staatsgewalt bekleidete
Perſon gewährt; folglich haben ſie auch in verſchiedenem Grade
zu den Gemeindebedürfniſſen beizutragen5). Da nun aber dieſe
Vortheile nicht blos der Perſon, ſondern auch dem Vermögen zu-
kommen, ſo entſteht noch folgende Frage.
3) Mit welchem Vermögen iſt das Gemeindeglied
ſteuerpflichtig zu Gemeindebedürfniſſen? — Aus den bis-
herigen Gründen nur mit demjenigen, welches daſſelbe im Gemeinde-
verbande und in der Gemeindegemarkung beſitzt und genießt, denn
für Eigenthum, Beſitz und Genuß, dieſer mag aus- oder inmärki-
ſches Vermögen oder Einkommen betreffen, gewährt die Gemeinde-
verbindung Schutz6).
¹⁾ Sehr viel Material zu demſelben bieten die Verhandlungen der IIten Bad.
Kammer v. J. 1831. Heft 10. S. 154. Heft 15. S. 97. 143. Beilageheft 4. S. 156.
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Baumstark, Eduard: Kameralistische Encyclopädie. Heidelberg u. a., 1835, S. 514. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baumstark_encyclopaedie_1835/536>, abgerufen am 22.11.2024.
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