Allein unter beiden Kaisern scheiterte der Versuch und die Ent- würfe von Aufträgalbehörden zur Regulirung und Entscheidung von Reichs- und Territorialfehden fanden keinen Anklang1). Erst der Kaiser Maximilian I. brachte die Vereinigung eines ewigen Landfriedens zu Stande, hob alles Fehderecht auf, gebot die Klage wegen Rechtsverletzungen bei den gehörigen Gerichten anzubringen, und die Organisation des Reichskammergerichtes für Rechtsstrei- tigkeiten der Reichsunmittelbaren2). Aber schon vor ihm hatten auch die Städte neben dem Fürsten- und dem Herrenstande das Stimmrecht durch ihre Abgeordnete am Reichstage. So hatte nun auch das Gewerbswesen seine Vertretung bei den Reichsberathungen, welche im Uebrigen die nämlichen Gegenstände betrafen, wie im vorigen Zeitraume3).
II. Die Landesverfassung erlangte in dieser Periode mehr Selbstständigkeit, den kaiserlichen Rechten gegenüber. Zwar war sie noch nicht zu voller Ausübung der königlichen Rechte gelangt, weil anderseits der Kaiser nach den Reichssatzungen gewisse könig- liche Rechte ausschließlich besaß und allein verleihen konnte. Allein in der Gerichtsbarkeit war, wie oben und weiter unten zu ersehen ist, die Absonderung der Landeshoheit bereits streng hervorgetre- ten4). Die Vereinigungen der Landesunterthanen hatten nach und nach in den Reichslanden eine verfassungsmäßige Selbststän- digkeit als Landstände zur Wahrung der guten Volksrechte, besonders des Steuerbewilligungsrechtes, erlangt5).
1)Eichhorn, deutsch. St. und R. Gesch. III. §. 408. v. Löw, Gesch. der deutsch. Reichs- und Territorialverfassung. S. 331. v. Raumer, Geschichte der Hohenstaufen. V. 457. 263.
2)Eichhorn a. a. O. III. §. 409. v. Löw a. a. O. S. 331 folg.
3)Eichhorn a. a. O. III. §. 435. v. Löw a. a. O. S. 291. v. Rau- mer, Geschichte der Hohenstaufen. V. 60.
4)Eichhorn a. a. O. III. §. 418. v. Löw a, a. O. S. 294 folg.
5) Ueber die landständ. Rechte, besonders das der Steuerbewilligung s. Eich- horn a. a. O. III. §. 423-426. v. Löw a. a. O. S. 299. 385.
§. 21. Fortsetzung. Militärwesen und Gerichtsbarkeit.
III. Die Staatsverwaltung anbelangend, so hatte A. die Militärverwaltung einen neuen Charakter angenommen. Da aus den im §. 19. angeführten Gründen der Lehnskriegsdienst immer nachlässiger und matter wurde, die Reichsmilitz im Nothfalle sehr geschmolzen war, und jeder Militzpflichtige sich streng nur an die Zeit hielt, wie lange er zu dienen hatte; da ferner die Erfindung des Schießpulvers eine andere Art, Krieg zu führen, veranlaßt
Allein unter beiden Kaiſern ſcheiterte der Verſuch und die Ent- würfe von Aufträgalbehörden zur Regulirung und Entſcheidung von Reichs- und Territorialfehden fanden keinen Anklang1). Erſt der Kaiſer Maximilian I. brachte die Vereinigung eines ewigen Landfriedens zu Stande, hob alles Fehderecht auf, gebot die Klage wegen Rechtsverletzungen bei den gehörigen Gerichten anzubringen, und die Organiſation des Reichskammergerichtes für Rechtsſtrei- tigkeiten der Reichsunmittelbaren2). Aber ſchon vor ihm hatten auch die Städte neben dem Fürſten- und dem Herrenſtande das Stimmrecht durch ihre Abgeordnete am Reichstage. So hatte nun auch das Gewerbsweſen ſeine Vertretung bei den Reichsberathungen, welche im Uebrigen die nämlichen Gegenſtände betrafen, wie im vorigen Zeitraume3).
II. Die Landesverfaſſung erlangte in dieſer Periode mehr Selbſtſtändigkeit, den kaiſerlichen Rechten gegenüber. Zwar war ſie noch nicht zu voller Ausübung der königlichen Rechte gelangt, weil anderſeits der Kaiſer nach den Reichsſatzungen gewiſſe könig- liche Rechte ausſchließlich beſaß und allein verleihen konnte. Allein in der Gerichtsbarkeit war, wie oben und weiter unten zu erſehen iſt, die Abſonderung der Landeshoheit bereits ſtreng hervorgetre- ten4). Die Vereinigungen der Landesunterthanen hatten nach und nach in den Reichslanden eine verfaſſungsmäßige Selbſtſtän- digkeit als Landſtände zur Wahrung der guten Volksrechte, beſonders des Steuerbewilligungsrechtes, erlangt5).
1)Eichhorn, deutſch. St. und R. Geſch. III. §. 408. v. Löw, Geſch. der deutſch. Reichs- und Territorialverfaſſung. S. 331. v. Raumer, Geſchichte der Hohenſtaufen. V. 457. 263.
2)Eichhorn a. a. O. III. §. 409. v. Löw a. a. O. S. 331 folg.
3)Eichhorn a. a. O. III. §. 435. v. Löw a. a. O. S. 291. v. Rau- mer, Geſchichte der Hohenſtaufen. V. 60.
4)Eichhorn a. a. O. III. §. 418. v. Löw a, a. O. S. 294 folg.
5) Ueber die landſtänd. Rechte, beſonders das der Steuerbewilligung ſ. Eich- horn a. a. O. III. §. 423–426. v. Löw a. a. O. S. 299. 385.
§. 21. Fortſetzung. Militärweſen und Gerichtsbarkeit.
III. Die Staatsverwaltung anbelangend, ſo hatte A. die Militärverwaltung einen neuen Charakter angenommen. Da aus den im §. 19. angeführten Gründen der Lehnskriegsdienſt immer nachläſſiger und matter wurde, die Reichsmilitz im Nothfalle ſehr geſchmolzen war, und jeder Militzpflichtige ſich ſtreng nur an die Zeit hielt, wie lange er zu dienen hatte; da ferner die Erfindung des Schießpulvers eine andere Art, Krieg zu führen, veranlaßt
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Allein unter beiden Kaiſern ſcheiterte der Verſuch und die Ent-
würfe von Aufträgalbehörden zur Regulirung und Entſcheidung
von Reichs- und Territorialfehden fanden keinen Anklang1). Erſt
der Kaiſer Maximilian I. brachte die Vereinigung eines ewigen
Landfriedens zu Stande, hob alles Fehderecht auf, gebot die Klage
wegen Rechtsverletzungen bei den gehörigen Gerichten anzubringen,
und die Organiſation des Reichskammergerichtes für Rechtsſtrei-
tigkeiten der Reichsunmittelbaren2). Aber ſchon vor ihm hatten
auch die Städte neben dem Fürſten- und dem Herrenſtande das
Stimmrecht durch ihre Abgeordnete am Reichstage. So hatte nun
auch das Gewerbsweſen ſeine Vertretung bei den Reichsberathungen,
welche im Uebrigen die nämlichen Gegenſtände betrafen, wie im
vorigen Zeitraume3).
II. Die Landesverfaſſung erlangte in dieſer Periode mehr
Selbſtſtändigkeit, den kaiſerlichen Rechten gegenüber. Zwar war
ſie noch nicht zu voller Ausübung der königlichen Rechte gelangt,
weil anderſeits der Kaiſer nach den Reichsſatzungen gewiſſe könig-
liche Rechte ausſchließlich beſaß und allein verleihen konnte. Allein
in der Gerichtsbarkeit war, wie oben und weiter unten zu erſehen
iſt, die Abſonderung der Landeshoheit bereits ſtreng hervorgetre-
ten4). Die Vereinigungen der Landesunterthanen hatten nach
und nach in den Reichslanden eine verfaſſungsmäßige Selbſtſtän-
digkeit als Landſtände zur Wahrung der guten Volksrechte,
beſonders des Steuerbewilligungsrechtes, erlangt5).
¹⁾ Eichhorn, deutſch. St. und R. Geſch. III. §. 408. v. Löw, Geſch. der
deutſch. Reichs- und Territorialverfaſſung. S. 331. v. Raumer, Geſchichte der
Hohenſtaufen. V. 457. 263.
²⁾ Eichhorn a. a. O. III. §. 409. v. Löw a. a. O. S. 331 folg.
³⁾ Eichhorn a. a. O. III. §. 435. v. Löw a. a. O. S. 291. v. Rau-
mer, Geſchichte der Hohenſtaufen. V. 60.
⁴⁾ Eichhorn a. a. O. III. §. 418. v. Löw a, a. O. S. 294 folg.
⁵⁾ Ueber die landſtänd. Rechte, beſonders das der Steuerbewilligung ſ. Eich-
horn a. a. O. III. §. 423–426. v. Löw a. a. O. S. 299. 385.
§. 21.
Fortſetzung. Militärweſen und Gerichtsbarkeit.
III. Die Staatsverwaltung anbelangend, ſo hatte A. die
Militärverwaltung einen neuen Charakter angenommen. Da
aus den im §. 19. angeführten Gründen der Lehnskriegsdienſt immer
nachläſſiger und matter wurde, die Reichsmilitz im Nothfalle ſehr
geſchmolzen war, und jeder Militzpflichtige ſich ſtreng nur an die
Zeit hielt, wie lange er zu dienen hatte; da ferner die Erfindung
des Schießpulvers eine andere Art, Krieg zu führen, veranlaßt
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Baumstark, Eduard: Kameralistische Encyclopädie. Heidelberg u. a., 1835, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baumstark_encyclopaedie_1835/45>, abgerufen am 21.11.2024.
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