Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Baumstark, Eduard: Kameralistische Encyclopädie. Heidelberg u. a., 1835.

Bild:
<< vorherige Seite

auf der Erde, mit dem andern aber auf einem Fuße liegt) mit
dem Schabeeisen (einem Messer von stumpfer Schneide und zwei
hölzernen Griffen). Hierauf werden sie mit Kochsalz eingerieben
und in der Schwitzstube von einer Temperatur von 40° Reaum.
zum Schwitzen in Haufen übereinander gelegt. Es entwickelt sich
dabei ein Faulgeruch und die Haare lösen sich mit den Wurzeln
los. Nachdem sie da herausgenommen sind, werden sie mechanisch
vermittelst des Putzmessers von den Haaren befreit (abgepälet
oder abgeböhlet), und in Wasser abgeschwenkt (ausgewässert).
Jetzt folgt das Treiben oder Schwellen der Häute, um sie
locker und von Flüssigkeit durchdringlich zu machen. Zu diesem
Behufe werden sie in die sogenannte Treibfarbe eingesenkt5).
Dieselben schwellen darin auf und werden dick und heben sich. Zeigt
sich dies, so werden sie lohegar gemacht, d. h. in der Lohegrube
mit dem Gerbestoffe eingebeitzt. Dies dauert 7-9-12 Monate6).
Nachdem es herausgenommen ist, wird das Leder rein gebürstet,
ausgebreitet, mit Brettern bedeckt und Gewichten beschwert, noch
einmal mit trockener Lohe abgerieben, zum völligen Trocknen über
Stangen gehängt und mit einem geribbten Horne gestrichen oder
mit Schlägeln geklopft, um es dichter zu machen. Zur Bereitung
des Fahlleders aber werden die Häute nach der Wässerung wegen
des Enthaarens in den Kalkäscher7) und nach der erfolgten
Reinigung vom Kalke erst zum Schwellen in eine schwächere Farbe
gesetzt, wozu man sich wegen der Bewirkung einer sauren Gährung
auch des Getreidemehls bedient. Endlich kommen sie nur auf kurze
Zeit (3-4 Monate) in die Lohgrube. Feineres Fahlleder kommt
zuweilen gar nicht einmal in dieselbe. Nach der geschehenen Ger-
bung wird das Fahlleder mit Thran und Talg eingeschmiert, ge-
trocknet, noch einmal eingefeuchtet und auf dem Falzbocke mit
dem Falzeisen gefalzt, d. h. auf der Fleischseite durch Schaben
verdünnt und gleichförmig dick gemacht8). B. Die Weißger-
berei, d. h. das Gerben mit einem Gemische von Alaun und
Kochsalz. Es ist dabei bis zum Kalkäscher einschließlich Alles so
wie beim Gerben des Fahlleders. Nach dem Enthaaren werden
die Endstücke abgenommen (was man Vergleichen heißt), die
Häute durch Einweichen und Streichen gereinigt, dann in einem
saubern Gefäße mit Holzkeulen unter Wasserzuguß gestoßen und
gewalkt, hierauf nach geschehener Abspülung mit lauwarmem Was-
ser mit dem Streicheisen auf der Fleisch- und Narbenseite ge-
strichen, hernach noch zweimal in lauwarmem Wasser gewalkt, und
endlich in einer Beitze, bestehend aus lauwarmem Wasser, Koch-
salz, Sauerteig und Weitzenkleie zur Gährung gefördert und dann

auf der Erde, mit dem andern aber auf einem Fuße liegt) mit
dem Schabeeiſen (einem Meſſer von ſtumpfer Schneide und zwei
hölzernen Griffen). Hierauf werden ſie mit Kochſalz eingerieben
und in der Schwitzſtube von einer Temperatur von 40° Reaum.
zum Schwitzen in Haufen übereinander gelegt. Es entwickelt ſich
dabei ein Faulgeruch und die Haare löſen ſich mit den Wurzeln
los. Nachdem ſie da herausgenommen ſind, werden ſie mechaniſch
vermittelſt des Putzmeſſers von den Haaren befreit (abgepälet
oder abgeböhlet), und in Waſſer abgeſchwenkt (ausgewäſſert).
Jetzt folgt das Treiben oder Schwellen der Häute, um ſie
locker und von Flüſſigkeit durchdringlich zu machen. Zu dieſem
Behufe werden ſie in die ſogenannte Treibfarbe eingeſenkt5).
Dieſelben ſchwellen darin auf und werden dick und heben ſich. Zeigt
ſich dies, ſo werden ſie lohegar gemacht, d. h. in der Lohegrube
mit dem Gerbeſtoffe eingebeitzt. Dies dauert 7–9-12 Monate6).
Nachdem es herausgenommen iſt, wird das Leder rein gebürſtet,
ausgebreitet, mit Brettern bedeckt und Gewichten beſchwert, noch
einmal mit trockener Lohe abgerieben, zum völligen Trocknen über
Stangen gehängt und mit einem geribbten Horne geſtrichen oder
mit Schlägeln geklopft, um es dichter zu machen. Zur Bereitung
des Fahlleders aber werden die Häute nach der Wäſſerung wegen
des Enthaarens in den Kalkäſcher7) und nach der erfolgten
Reinigung vom Kalke erſt zum Schwellen in eine ſchwächere Farbe
geſetzt, wozu man ſich wegen der Bewirkung einer ſauren Gährung
auch des Getreidemehls bedient. Endlich kommen ſie nur auf kurze
Zeit (3–4 Monate) in die Lohgrube. Feineres Fahlleder kommt
zuweilen gar nicht einmal in dieſelbe. Nach der geſchehenen Ger-
bung wird das Fahlleder mit Thran und Talg eingeſchmiert, ge-
trocknet, noch einmal eingefeuchtet und auf dem Falzbocke mit
dem Falzeiſen gefalzt, d. h. auf der Fleiſchſeite durch Schaben
verdünnt und gleichförmig dick gemacht8). B. Die Weißger-
berei, d. h. das Gerben mit einem Gemiſche von Alaun und
Kochſalz. Es iſt dabei bis zum Kalkäſcher einſchließlich Alles ſo
wie beim Gerben des Fahlleders. Nach dem Enthaaren werden
die Endſtücke abgenommen (was man Vergleichen heißt), die
Häute durch Einweichen und Streichen gereinigt, dann in einem
ſaubern Gefäße mit Holzkeulen unter Waſſerzuguß geſtoßen und
gewalkt, hierauf nach geſchehener Abſpülung mit lauwarmem Waſ-
ſer mit dem Streicheiſen auf der Fleiſch- und Narbenſeite ge-
ſtrichen, hernach noch zweimal in lauwarmem Waſſer gewalkt, und
endlich in einer Beitze, beſtehend aus lauwarmem Waſſer, Koch-
ſalz, Sauerteig und Weitzenkleie zur Gährung gefördert und dann

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <div n="6">
                  <div n="7">
                    <div n="8">
                      <div n="9">
                        <p><pb facs="#f0430" n="408"/>
auf der Erde, mit dem andern aber auf einem Fuße liegt) mit<lb/>
dem <hi rendition="#g">Schabeei&#x017F;en</hi> (einem Me&#x017F;&#x017F;er von &#x017F;tumpfer Schneide und zwei<lb/>
hölzernen Griffen). Hierauf werden &#x017F;ie mit Koch&#x017F;alz eingerieben<lb/>
und in der Schwitz&#x017F;tube von einer Temperatur von 40° Reaum.<lb/>
zum <hi rendition="#g">Schwitzen</hi> in Haufen übereinander gelegt. Es entwickelt &#x017F;ich<lb/>
dabei ein Faulgeruch und die Haare lö&#x017F;en &#x017F;ich mit den Wurzeln<lb/>
los. Nachdem &#x017F;ie da herausgenommen &#x017F;ind, werden &#x017F;ie mechani&#x017F;ch<lb/>
vermittel&#x017F;t des <hi rendition="#g">Putzme&#x017F;&#x017F;ers</hi> von den Haaren befreit (<hi rendition="#g">abgepälet</hi><lb/>
oder <hi rendition="#g">abgeböhlet</hi>), und in Wa&#x017F;&#x017F;er abge&#x017F;chwenkt (<hi rendition="#g">ausgewä&#x017F;&#x017F;ert</hi>).<lb/>
Jetzt folgt das <hi rendition="#g">Treiben</hi> oder <hi rendition="#g">Schwellen</hi> der Häute, um &#x017F;ie<lb/>
locker und von Flü&#x017F;&#x017F;igkeit durchdringlich zu machen. Zu die&#x017F;em<lb/>
Behufe werden &#x017F;ie in die &#x017F;ogenannte <hi rendition="#g">Treibfarbe</hi> einge&#x017F;enkt<hi rendition="#sup">5</hi>).<lb/>
Die&#x017F;elben &#x017F;chwellen darin auf und werden dick und heben &#x017F;ich. Zeigt<lb/>
&#x017F;ich dies, &#x017F;o werden &#x017F;ie <hi rendition="#g">lohegar</hi> gemacht, d. h. in der Lohegrube<lb/>
mit dem Gerbe&#x017F;toffe eingebeitzt. Dies dauert 7&#x2013;9-12 Monate<hi rendition="#sup">6</hi>).<lb/>
Nachdem es herausgenommen i&#x017F;t, wird das Leder rein gebür&#x017F;tet,<lb/>
ausgebreitet, mit Brettern bedeckt und Gewichten be&#x017F;chwert, noch<lb/>
einmal mit trockener Lohe abgerieben, zum völligen Trocknen über<lb/>
Stangen gehängt und mit einem geribbten Horne ge&#x017F;trichen oder<lb/>
mit Schlägeln geklopft, um es dichter zu machen. Zur Bereitung<lb/>
des <hi rendition="#g">Fahlleders</hi> aber werden die Häute nach der Wä&#x017F;&#x017F;erung wegen<lb/>
des Enthaarens in den <hi rendition="#g">Kalkä&#x017F;cher</hi><hi rendition="#sup">7</hi>) und nach der erfolgten<lb/>
Reinigung vom Kalke er&#x017F;t zum Schwellen in eine &#x017F;chwächere Farbe<lb/>
ge&#x017F;etzt, wozu man &#x017F;ich wegen der Bewirkung einer &#x017F;auren Gährung<lb/>
auch des Getreidemehls bedient. Endlich kommen &#x017F;ie nur auf kurze<lb/>
Zeit (3&#x2013;4 Monate) in die Lohgrube. Feineres Fahlleder kommt<lb/>
zuweilen gar nicht einmal in die&#x017F;elbe. Nach der ge&#x017F;chehenen Ger-<lb/>
bung wird das Fahlleder mit Thran und Talg einge&#x017F;chmiert, ge-<lb/>
trocknet, noch einmal eingefeuchtet und auf dem <hi rendition="#g">Falzbocke</hi> mit<lb/>
dem <hi rendition="#g">Falzei&#x017F;en</hi> gefalzt, d. h. auf der Flei&#x017F;ch&#x017F;eite durch Schaben<lb/>
verdünnt und gleichförmig dick gemacht<hi rendition="#sup">8</hi>). <hi rendition="#aq">B.</hi> Die <hi rendition="#g">Weißger</hi>-<lb/><hi rendition="#g">berei</hi>, d. h. das Gerben mit einem Gemi&#x017F;che von Alaun und<lb/>
Koch&#x017F;alz. Es i&#x017F;t dabei bis zum Kalkä&#x017F;cher ein&#x017F;chließlich Alles &#x017F;o<lb/>
wie beim Gerben des Fahlleders. Nach dem Enthaaren werden<lb/>
die End&#x017F;tücke abgenommen (was man <hi rendition="#g">Vergleichen</hi> heißt), die<lb/>
Häute durch Einweichen und Streichen gereinigt, dann in einem<lb/>
&#x017F;aubern Gefäße mit Holzkeulen unter Wa&#x017F;&#x017F;erzuguß ge&#x017F;toßen und<lb/>
gewalkt, hierauf nach ge&#x017F;chehener Ab&#x017F;pülung mit lauwarmem Wa&#x017F;-<lb/>
&#x017F;er mit dem Streichei&#x017F;en auf der Flei&#x017F;ch- und Narben&#x017F;eite ge-<lb/>
&#x017F;trichen, hernach noch zweimal in lauwarmem Wa&#x017F;&#x017F;er gewalkt, und<lb/>
endlich in einer Beitze, be&#x017F;tehend aus lauwarmem Wa&#x017F;&#x017F;er, Koch-<lb/>
&#x017F;alz, Sauerteig und Weitzenkleie zur Gährung gefördert und dann<lb/></p>
                      </div>
                    </div>
                  </div>
                </div>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[408/0430] auf der Erde, mit dem andern aber auf einem Fuße liegt) mit dem Schabeeiſen (einem Meſſer von ſtumpfer Schneide und zwei hölzernen Griffen). Hierauf werden ſie mit Kochſalz eingerieben und in der Schwitzſtube von einer Temperatur von 40° Reaum. zum Schwitzen in Haufen übereinander gelegt. Es entwickelt ſich dabei ein Faulgeruch und die Haare löſen ſich mit den Wurzeln los. Nachdem ſie da herausgenommen ſind, werden ſie mechaniſch vermittelſt des Putzmeſſers von den Haaren befreit (abgepälet oder abgeböhlet), und in Waſſer abgeſchwenkt (ausgewäſſert). Jetzt folgt das Treiben oder Schwellen der Häute, um ſie locker und von Flüſſigkeit durchdringlich zu machen. Zu dieſem Behufe werden ſie in die ſogenannte Treibfarbe eingeſenkt5). Dieſelben ſchwellen darin auf und werden dick und heben ſich. Zeigt ſich dies, ſo werden ſie lohegar gemacht, d. h. in der Lohegrube mit dem Gerbeſtoffe eingebeitzt. Dies dauert 7–9-12 Monate6). Nachdem es herausgenommen iſt, wird das Leder rein gebürſtet, ausgebreitet, mit Brettern bedeckt und Gewichten beſchwert, noch einmal mit trockener Lohe abgerieben, zum völligen Trocknen über Stangen gehängt und mit einem geribbten Horne geſtrichen oder mit Schlägeln geklopft, um es dichter zu machen. Zur Bereitung des Fahlleders aber werden die Häute nach der Wäſſerung wegen des Enthaarens in den Kalkäſcher7) und nach der erfolgten Reinigung vom Kalke erſt zum Schwellen in eine ſchwächere Farbe geſetzt, wozu man ſich wegen der Bewirkung einer ſauren Gährung auch des Getreidemehls bedient. Endlich kommen ſie nur auf kurze Zeit (3–4 Monate) in die Lohgrube. Feineres Fahlleder kommt zuweilen gar nicht einmal in dieſelbe. Nach der geſchehenen Ger- bung wird das Fahlleder mit Thran und Talg eingeſchmiert, ge- trocknet, noch einmal eingefeuchtet und auf dem Falzbocke mit dem Falzeiſen gefalzt, d. h. auf der Fleiſchſeite durch Schaben verdünnt und gleichförmig dick gemacht8). B. Die Weißger- berei, d. h. das Gerben mit einem Gemiſche von Alaun und Kochſalz. Es iſt dabei bis zum Kalkäſcher einſchließlich Alles ſo wie beim Gerben des Fahlleders. Nach dem Enthaaren werden die Endſtücke abgenommen (was man Vergleichen heißt), die Häute durch Einweichen und Streichen gereinigt, dann in einem ſaubern Gefäße mit Holzkeulen unter Waſſerzuguß geſtoßen und gewalkt, hierauf nach geſchehener Abſpülung mit lauwarmem Waſ- ſer mit dem Streicheiſen auf der Fleiſch- und Narbenſeite ge- ſtrichen, hernach noch zweimal in lauwarmem Waſſer gewalkt, und endlich in einer Beitze, beſtehend aus lauwarmem Waſſer, Koch- ſalz, Sauerteig und Weitzenkleie zur Gährung gefördert und dann

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/baumstark_encyclopaedie_1835
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/baumstark_encyclopaedie_1835/430
Zitationshilfe: Baumstark, Eduard: Kameralistische Encyclopädie. Heidelberg u. a., 1835, S. 408. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baumstark_encyclopaedie_1835/430>, abgerufen am 01.07.2024.