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Baumgart, Hermann: Handbuch der Poetik. Eine kritisch-theoretische Darstellung der Theorie der Dichtkunst. Stuttgart, 1887.

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Danach ist es nun von selbst deutlich, daß Goethes bekannte pba_428.002
Einwürfe gegen die aristotelische Definition sich nicht gegen diese richten, pba_428.003
sondern nur gegen das durch Lessings Jnterpretation verursachte Mißverständnis pba_428.004
derselben. So, wenn er an Zelter schreibt (am 29. März pba_428.005
1827, vgl. IV, 288): "Die Vollendung des Kunstwerks in sich pba_428.006
selbst
ist die ewige unerläßliche Forderung! Aristoteles, der das pba_428.007
Vollkommenste vor sich hatte, soll an den Effekt gedacht haben! welch pba_428.008
ein Jammer!" Was er hier unter der Bezeichnung "Effekt" abwehrt, pba_428.009
nennt er ein andermal "Wirkung nach außen", indem er dabei pba_428.010
beidemal über die unmittelbare, ästhetische Wirkung hinaus der Kunst pba_428.011
gesetzte weitere Zwecke ins Auge faßt. Jn demselben Sinne schreibt pba_428.012
Zelter am 13. Januar 1830 an Goethe (vgl. V, 367): "Unsre neue pba_428.013
Lehre geht ganz von der Wirkung an sich aus. Das Publikum freilich pba_428.014
will sich solchen Effekt nicht mehr nehmen lassen, um nur etwas für sein pba_428.015
Geld zu haben.... Eure Theoristen verschanzen sich ins Philologische, pba_428.016
wo sie sich zu Hause meinen, und geht man ihnen nach, so ist man pba_428.017
unter lauter Parteien und die Sache bleibt an ihrem Orte. Jst das pba_428.018
Kunstwerk ein echtes Gewächs aus seinem eigenen Wesen, so erkenne ich pba_428.019
Deine Behauptung als voll und rund, wenn die Wirkung sich pba_428.020
von selber findet
und die Probe ist des Exempels." Und darauf pba_428.021
nun Goethe am 29. Januar 1830 (V, 380): "Wir kämpfen für die pba_428.022
Vollkommenheit eines Kunstwerks, in und an sich selbst; jene denken pba_428.023
an dessen Wirkung nach außen, um welche sich der wahre Künstler pba_428.024
gar nicht bekümmert, so wenig als die Natur, wenn sie einen Löwen pba_428.025
oder einen Kolibri hervorbringt. Trügen wir unsere Ueberzeugung auch pba_428.026
nur in den Aristoteles hinein, so hätten wir schon recht, denn sie wäre pba_428.027
ja auch ohne ihn vollkommen richtig und probat; wer die Stelle anders pba_428.028
auslegt, mag sich's haben."

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"Zum Scherz und Überfluß laß mich, in Gefolg des Vorigen, pba_428.030
erwähnen: daß ich, in meinen Wahlverwandtschaften, die innige pba_428.031
wahre Katharsis so rein und vollkommen als möglich abzuschließen
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bemüht war; deshalb bild' ich mir aber nicht ein, pba_428.033
irgend ein hübscher Mann könne dadurch vor dem Gelüst, pba_428.034
nach eines andern Weib zu blicken, gereinigt werden.
Das pba_428.035
sechste Gebot, welches schon in der Wüste dem Elohim-Jehova so nötig pba_428.036
schien, daß er es, mit eigenen Fingern, in Granittafeln einschnitt, wird pba_428.037
in unsern löschpapiernen Katechismen immerfort aufrecht zu halten pba_428.038
nötig sein."

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"Verzeihung dieses! Denn die Sache ist von so großer Bedeutung, pba_428.040
daß Freunde sich immer darüber beraten sollten; ja ich füge noch

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Danach ist es nun von selbst deutlich, daß Goethes bekannte pba_428.002
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1827, vgl. IV, 288): „Die Vollendung des Kunstwerks in sich pba_428.006
selbst
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Vollkommenste vor sich hatte, soll an den Effekt gedacht haben! welch pba_428.008
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Vollkommenheit eines Kunstwerks, in und an sich selbst; jene denken pba_428.023
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„Zum Scherz und Überfluß laß mich, in Gefolg des Vorigen, pba_428.030
erwähnen: daß ich, in meinen Wahlverwandtschaften, die innige pba_428.031
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Zitationshilfe: Baumgart, Hermann: Handbuch der Poetik. Eine kritisch-theoretische Darstellung der Theorie der Dichtkunst. Stuttgart, 1887, S. 428. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baumgart_poetik_1887/446>, abgerufen am 22.11.2024.