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Baumgart, Hermann: Handbuch der Poetik. Eine kritisch-theoretische Darstellung der Theorie der Dichtkunst. Stuttgart, 1887.

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in seiner Macht liegt, den eigentlichen Handlungsmoment selbst zu verkörpern. pba_018.002
Ja! der ächte Künstler verfährt gar nicht anders, auch wenn pba_018.003
er, ohne den Anspruch eine dem Beschauer bekannte Handlung darzustellen, pba_018.004
seine Gestalt in scheinbarer äußerer Ruhe verharrend bildet. pba_018.005
Soll er einen lebendig wirkenden Eindruck hervorbringen, so muß auch pba_018.006
seine Conception von jenem Lebendigsten des innern, wirkenden Lebens pba_018.007
ausgehen, dem thaterzeugenden Willensakt. Statt aller Beispiele diene pba_018.008
das eine: des Phidias olympischer Zeus, der mit den Gewährung winkenden pba_018.009
Brauen den Olymp erschüttert.

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Jst aber eine Handlung wie die des Mucius Scävola in der pba_018.011
That das Werk eines Momentes und kann sie als solche durch die pba_018.012
bildende Kunst fixiert werden, so ist es andrerseits der redenden Kunst pba_018.013
völlig unmöglich eine solche eigentliche Handlung, die eben nur einen pba_018.014
Veränderungsvorgang enthält, für sich allein darzustellen. Sie pba_018.015
bedarf, um zu diesem ihrem Hauptzwecke zu gelangen, der Vergegenwärtigung pba_018.016
aller jener Veränderungsmomente, welche das Erscheinen jenes pba_018.017
Hauptmomentes äußerlich möglich machten oder zuwege brachten; dann pba_018.018
kann sie, je nachdem sie sich ihr Ziel gesteckt hat, mit dem Moment der pba_018.019
eigentlichen Handlung abschließen oder sie hat noch überdies die Aufgabe, pba_018.020
den weiteren äußeren Verlauf des Vorganges mit darzustellen. pba_018.021
Jn der Poesie also erscheint das eigentliche Handlungsmoment als der pba_018.022
Gipfelpunkt einer aufwärts und abwärts steigenden, parabolisch gekrümmten pba_018.023
Linie; die ganze Reihe von Punkten aber, die den Weg dieser pba_018.024
Linie bilden, stellen die Einheit der Folge von Veränderungen pba_018.025
dar, die in der Wirklichkeit den Moment der Handlung vorbereiteten pba_018.026
und weiter durch diesen herbeigeführt wurden, und diese ganze Folge pba_018.027
von Veränderungen
oder "Gegenständen" muß auch die Poesie pba_018.028
uns vor das geistige Auge bringen, um die Nachahmung jenes eigentlichen pba_018.029
Hauptmomentes in seiner Kraft und Bedeutung uns mitzuteilen.

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Für diesen ganzen Vorgang aber hat der Sprachgebrauch denselben pba_018.031
Namen eingeführt wie für jenen entscheidenden Entschließungsmoment pba_018.032
selbst: beide heißen Handlung.

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Wenn also der Begriff der eigentlichen, innern Handlung auf die pba_018.034
in einer einzelnen Veränderung sich realisierende Entscheidung eingeschränkt pba_018.035
ist, so umfaßt die äußere Handlung den ganzen, jene Entschließung pba_018.036
umgebenden Komplex von Vorgängen.

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Was sich aus dieser Unterscheidung für die Theorie der Dichtung pba_018.038
schon hier ergibt, ist dieses:

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Jene Succession von Veränderungen, die äußere Handlung, ist nicht pba_018.040
der Gegenstand der Nachahmung in der Poesie, sondern sie ist nur

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in seiner Macht liegt, den eigentlichen Handlungsmoment selbst zu verkörpern. pba_018.002
Ja! der ächte Künstler verfährt gar nicht anders, auch wenn pba_018.003
er, ohne den Anspruch eine dem Beschauer bekannte Handlung darzustellen, pba_018.004
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Soll er einen lebendig wirkenden Eindruck hervorbringen, so muß auch pba_018.006
seine Conception von jenem Lebendigsten des innern, wirkenden Lebens pba_018.007
ausgehen, dem thaterzeugenden Willensakt. Statt aller Beispiele diene pba_018.008
das eine: des Phidias olympischer Zeus, der mit den Gewährung winkenden pba_018.009
Brauen den Olymp erschüttert.

pba_018.010
Jst aber eine Handlung wie die des Mucius Scävola in der pba_018.011
That das Werk eines Momentes und kann sie als solche durch die pba_018.012
bildende Kunst fixiert werden, so ist es andrerseits der redenden Kunst pba_018.013
völlig unmöglich eine solche eigentliche Handlung, die eben nur einen pba_018.014
Veränderungsvorgang enthält, für sich allein darzustellen. Sie pba_018.015
bedarf, um zu diesem ihrem Hauptzwecke zu gelangen, der Vergegenwärtigung pba_018.016
aller jener Veränderungsmomente, welche das Erscheinen jenes pba_018.017
Hauptmomentes äußerlich möglich machten oder zuwege brachten; dann pba_018.018
kann sie, je nachdem sie sich ihr Ziel gesteckt hat, mit dem Moment der pba_018.019
eigentlichen Handlung abschließen oder sie hat noch überdies die Aufgabe, pba_018.020
den weiteren äußeren Verlauf des Vorganges mit darzustellen. pba_018.021
Jn der Poesie also erscheint das eigentliche Handlungsmoment als der pba_018.022
Gipfelpunkt einer aufwärts und abwärts steigenden, parabolisch gekrümmten pba_018.023
Linie; die ganze Reihe von Punkten aber, die den Weg dieser pba_018.024
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dar, die in der Wirklichkeit den Moment der Handlung vorbereiteten pba_018.026
und weiter durch diesen herbeigeführt wurden, und diese ganze Folge pba_018.027
von Veränderungen
oder „Gegenständen“ muß auch die Poesie pba_018.028
uns vor das geistige Auge bringen, um die Nachahmung jenes eigentlichen pba_018.029
Hauptmomentes in seiner Kraft und Bedeutung uns mitzuteilen.

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Für diesen ganzen Vorgang aber hat der Sprachgebrauch denselben pba_018.031
Namen eingeführt wie für jenen entscheidenden Entschließungsmoment pba_018.032
selbst: beide heißen Handlung.

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Wenn also der Begriff der eigentlichen, innern Handlung auf die pba_018.034
in einer einzelnen Veränderung sich realisierende Entscheidung eingeschränkt pba_018.035
ist, so umfaßt die äußere Handlung den ganzen, jene Entschließung pba_018.036
umgebenden Komplex von Vorgängen.

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Was sich aus dieser Unterscheidung für die Theorie der Dichtung pba_018.038
schon hier ergibt, ist dieses:

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Jene Succession von Veränderungen, die äußere Handlung, ist nicht pba_018.040
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Zitationshilfe: Baumgart, Hermann: Handbuch der Poetik. Eine kritisch-theoretische Darstellung der Theorie der Dichtkunst. Stuttgart, 1887, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baumgart_poetik_1887/36>, abgerufen am 21.11.2024.