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Baumgart, Hermann: Handbuch der Poetik. Eine kritisch-theoretische Darstellung der Theorie der Dichtkunst. Stuttgart, 1887.

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und Beschränktheit ausgesprochen waren, haben in mehr und mehr verfeinerten pba_227.002
Formen noch das ganze achtzehnte Jahrhundert unter ihrer pba_227.003
Herrschaft gehalten, mit alleiniger Ausnahme der wenigen Größten, die pba_227.004
eben dadurch alle andern so hoch überragen: im Grunde haben außer pba_227.005
Lessing nur Schiller und Goethe sich ganz frei davon gemacht.

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Keine poetische Gattung hat unter dieser Gesamtanschauung schwerer pba_227.007
gelitten als die epische. Selbst entschiedene und kräftig angelegte Talente pba_227.008
wurden dadurch in den Gellert-Gleimschen Niederungen festgehalten, sobald pba_227.009
sie es mit der ernsthaften "poetischen Erzählung" versuchten. Wie pba_227.010
ganz andere Züge würde Ewald von Kleists epische Muse tragen, pba_227.011
wenn er um ein Menschenalter später geboren wäre! Man betrachte pba_227.012
nicht allein so ganz auf "tugendhafte" Rührung abzielende Stücke wie pba_227.013
"Emire und Agathokles" oder die Erzählung von der "Freundschaft" pba_227.014
des edlen und tugendhaften Leander und des gleich edlen und pba_227.015
ebenso tugendhaften Selin, sondern auch sein kleines Heldengedicht in pba_227.016
drei Gesängen "Cissides und Paches", dem es an markigen Stellen pba_227.017
echt epischer Darstellung nicht fehlt, und das dennoch als Ganzes, weil pba_227.018
es nach Plan und Ausführung einzig und allein unter den moralischen pba_227.019
Gesichtspunkt gestellt ist, unschmackhaft wird. Auch tritt in diesem Punkte pba_227.020
keine Wandlung ein bis auf Bürger, bei dem zuerst die Elemente sich pba_227.021
zu scheiden beginnen.

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Schon zuvor aber war dieser Scheidung und der Erkenntnis des pba_227.023
wahren Wesens der Epik eine andre Entwickelung zu Hülfe gekommen: pba_227.024
dieselbe vollzog sich auf dem, wie schon bemerkt, von vornherein dafür pba_227.025
günstiger beschaffenen Boden der komischen Erzählung.

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Die einfache Unterscheidung des Aristoteles -- nicht zwar hinsichtlich pba_227.027
des Wesens der ernsten und komischen Poesie, sondern hinsichlich pba_227.028
der Art ihrer Entstehung --, daß die erstere sich herausgebildet pba_227.029
habe, indem man edle Charaktere und deren Handlungen nachahmte, pba_227.030
die andre, indem sie schlechtere Charaktere und Handlungen pba_227.031
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aber unter dem allgemeinen Gesichtspunkte des Lächerlichen (ou pba_227.033
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tiefsinniger und fruchtbarer als es scheint und als angenommen wird. pba_227.036
Es lassen sich die Grundzüge der Theorie sehr wohl daraus entwickeln. pba_227.037
Der Grund nämlich, um dessentwillen Aristoteles seine Einteilung macht, pba_227.038
ist der, daß in den Bezeichnungen "edle" und "schlechte" -- spoudaioi pba_227.039
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welche in Handlungen zur Erscheinung kommen können. Da nun aber

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und Beschränktheit ausgesprochen waren, haben in mehr und mehr verfeinerten pba_227.002
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Herrschaft gehalten, mit alleiniger Ausnahme der wenigen Größten, die pba_227.004
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Lessing nur Schiller und Goethe sich ganz frei davon gemacht.

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echt epischer Darstellung nicht fehlt, und das dennoch als Ganzes, weil pba_227.018
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Die einfache Unterscheidung des Aristoteles — nicht zwar hinsichtlich pba_227.027
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Zitationshilfe: Baumgart, Hermann: Handbuch der Poetik. Eine kritisch-theoretische Darstellung der Theorie der Dichtkunst. Stuttgart, 1887, S. 227. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baumgart_poetik_1887/245>, abgerufen am 27.11.2024.