pba_199.001 den Leben entfremdeten Grüblers in den Weltmenschen, welche der erste pba_199.002 Teil verlangt, jemals durch reale dramatische Darstellung gezeigt werden pba_199.003 können? Nicht durch ein ganzes Drama für sich, nur die Form des pba_199.004 Romans könnte eine solche Aufgabe lösen. Die Symbolik verstattet es pba_199.005 dem Dichter in einer einzigen Scene seinen Zweck zu erreichen. Jn pba_199.006 einer Reihe der treffendsten symbolischen Züge, die zum Teil bis an die pba_199.007 Allegorie streifen, erinnert das wüste Gebaren der Meerkatzen und pba_199.008 Affen an die banale Jagd nach Gewinn und Genuß und äußerer Geltung, pba_199.009 wobei in den großen und in den kleinen Gesellschaftskreisen auf pba_199.010 allen Gebieten die Plattheit und Jmpotenz ihr Behagen findet. Auf pba_199.011 diesem Untergrunde treten nun zwei große Jdeen in überwältigender pba_199.012 Kraft und Anschaulichkeit der symbolischen Erscheinung hervor; in dem pba_199.013 banausischen und gemeinen Getreibe vermag den hohen und kraftvollen pba_199.014 Geist nur eine Erscheinung zu fesseln, die er wiederum nur aus der Buntheit pba_199.015 und mitten aus den tausend Nichtigkeiten dieses Getreibes zu ergreifen pba_199.016 vermag: es zeigt ihm im Zauberspiegel die schöne Gestalt. Und pba_199.017 die zweite große Jdee: bei allen tödlichen Gefahren des Weltlebens pba_199.018 gerade für den hoch und reich Begabten ist allein die Berührung mit pba_199.019 ihm vermögend, die Gemüts- und Willenskräfte, die in der Weltentfremdung pba_199.020 leicht erlahmen und eintrocknen, durch Erregung, Kämpfe pba_199.021 und Jrrungen aller Art in Fluß und Thätigkeit zu bringen: ein gefährlicher pba_199.022 Zaubertrank, der aber außer seinem Gifte für den, der ihn pba_199.023 zu vertragen vermag, verjüngende und jung erhaltende Kraft besitzt.
pba_199.024 Jm Grunde sind alle Vorstellungen des Wunders, Zaubers und pba_199.025 Gespensterspuks ihrem Kern nach symbolisch; die Erscheinung wird in pba_199.026 ihrer Jdee erfaßt und dieser Jdee wird Gestalt gegeben; wenigstens pba_199.027 werden nur in diesem Sinne ergriffen diese Vorstellungen für die pba_199.028 Dichtung ihren Wert haben. Alle großen dramatischen Dichter haben pba_199.029 sich solcher symbolischer Gebilde frei und unbekümmert um realistische pba_199.030 Einwendungen und trotz derselben immer mit dem Rechte des unzweifelhaften pba_199.031 Erfolges bedient: der viel und oft mit Unrecht geschmähte Deus pba_199.032 ex machina der Alten, so z. B. der Herakles in des Sophoklespba_199.033 "Philoctet", ist, wenigstens in den Händen des echten Dichters, gar pba_199.034 nichts andres, als die Benutzung des Volksglaubens in diesem Sinne; pba_199.035 mit ganz demselben Rechte wie Shakespeares Gespenster im Hamletpba_199.036 und Macbeth oder die Erscheinung Klärchens als Freiheit in Goethes pba_199.037 Egmont ist er die ergreifende Objektivierung mächtiger Jdeenwirkung pba_199.038 im Gemüt.
pba_199.039 Der nähere Nachweis aber, wie alle den hier behandelten Elementen, pba_199.040 den verschiedenen Anwendungen des Wunderbaren, dem Para-
pba_199.001 den Leben entfremdeten Grüblers in den Weltmenschen, welche der erste pba_199.002 Teil verlangt, jemals durch reale dramatische Darstellung gezeigt werden pba_199.003 können? Nicht durch ein ganzes Drama für sich, nur die Form des pba_199.004 Romans könnte eine solche Aufgabe lösen. Die Symbolik verstattet es pba_199.005 dem Dichter in einer einzigen Scene seinen Zweck zu erreichen. Jn pba_199.006 einer Reihe der treffendsten symbolischen Züge, die zum Teil bis an die pba_199.007 Allegorie streifen, erinnert das wüste Gebaren der Meerkatzen und pba_199.008 Affen an die banale Jagd nach Gewinn und Genuß und äußerer Geltung, pba_199.009 wobei in den großen und in den kleinen Gesellschaftskreisen auf pba_199.010 allen Gebieten die Plattheit und Jmpotenz ihr Behagen findet. Auf pba_199.011 diesem Untergrunde treten nun zwei große Jdeen in überwältigender pba_199.012 Kraft und Anschaulichkeit der symbolischen Erscheinung hervor; in dem pba_199.013 banausischen und gemeinen Getreibe vermag den hohen und kraftvollen pba_199.014 Geist nur eine Erscheinung zu fesseln, die er wiederum nur aus der Buntheit pba_199.015 und mitten aus den tausend Nichtigkeiten dieses Getreibes zu ergreifen pba_199.016 vermag: es zeigt ihm im Zauberspiegel die schöne Gestalt. Und pba_199.017 die zweite große Jdee: bei allen tödlichen Gefahren des Weltlebens pba_199.018 gerade für den hoch und reich Begabten ist allein die Berührung mit pba_199.019 ihm vermögend, die Gemüts- und Willenskräfte, die in der Weltentfremdung pba_199.020 leicht erlahmen und eintrocknen, durch Erregung, Kämpfe pba_199.021 und Jrrungen aller Art in Fluß und Thätigkeit zu bringen: ein gefährlicher pba_199.022 Zaubertrank, der aber außer seinem Gifte für den, der ihn pba_199.023 zu vertragen vermag, verjüngende und jung erhaltende Kraft besitzt.
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Baumgart, Hermann: Handbuch der Poetik. Eine kritisch-theoretische Darstellung der Theorie der Dichtkunst. Stuttgart, 1887, S. 199. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baumgart_poetik_1887/217>, abgerufen am 24.11.2024.
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