pba_193.001 Persönlichkeit und seine Mission bewahrte; wie oft mag ihm das Bild pba_193.002 der festen Steuerung im Sturm vorgeschwebt haben, zumal bei den Besorgnissen pba_193.003 und Anklagen der Freunde, die so laut und vielfach an sein pba_193.004 Ohr schlugen. Aber ebenso sicher konnte er nicht eher zu der poetischen pba_193.005 Nachahmung der durchlebten Seelenzustände fortschreiten, als bis er sie pba_193.006 bei sich selbst von dem individuell Eingeschränkten und Belastenden losgelöst pba_193.007 und zum Allgemeinen erhoben hatte, das ihm bei seinem Gedicht pba_193.008 vorschwebte, woran er "dachte", eben in seinem Falle einen pba_193.009 Typus erblickend. Aber durch keinen "Hinweis" ist die Schönheit des pba_193.010 selbständig durchgeführten Bildes, welches seinem poetischen Auge vorschwebte, pba_193.011 entstellt, und so "schaut" er in dem Besondern zugleich das pba_193.012 Allgemeine: die ihrer Kraft sichere Zuversicht des höhern und stärkern pba_193.013 Geistes, der aus der schützenden Enge hinaus größern Verhältnissen, pba_193.014 einem weiteren Schauplatze zustrebt, hochgeschwellt die Brust von Hoffnungen, pba_193.015 jauchzend in den ersten glücklichen Erfolgen, den sich türmenden pba_193.016 Hemmnissen mutig und besonnen die Stirn bietend, "treu dem Ziel" pba_193.017 und "seinen Göttern vertrauend." Alles dieses ist ausgedrückt in dem pba_193.018 Bilde der Seefahrt. Die Ähnlichkeit, vermöge derer das möglich wird, pba_193.019 liegt in den Empfindungen und Seelenzuständen, die in beiden Fällen pba_193.020 rege werden, und die der eigentliche Gegenstand der poetischen Nachahmung pba_193.021 sind; vermittelst jenes Bildes wird dieser Nachahmungszweck pba_193.022 schneller und leichter erreicht.
pba_193.023 Es ist also zwischen der "poetischen Allegorie" und der pba_193.024 "eigentlichen Natur der Poesie" allerdings noch ein Unterschied, pba_193.025 obwohl in jenem Spruche Goethe beide in ein und dieselbe Kategorie pba_193.026 wirft. Es gibt sogar zwischen beiden noch eine Mittelstufe, welche Goethe pba_193.027 mit dem Namen der symbolischen Poesie bezeichnet, und die keiner pba_193.028 mit der Meisterschaft und mit der Vorliebe gehandhabt hat wie er.
pba_193.029 Jn der fünften Abteilung der Sprüche über "Kunst" lauten die pba_193.030 beiden letzten (Nr. 742 und 743)1 folgendermaßen: "Die Allegoriepba_193.031 verwandelt die Erscheinung in einen Begriff, den Begriff in ein Bild, pba_193.032 doch so, daß der Begriff im Bilde immer noch begrenzt und vollständig pba_193.033 zu halten und zu haben und an demselben auszusprechen sei." "Die pba_193.034 Symbolik verwandelt die Erscheinung in Jdee, die Jdee in ein Bild, und pba_193.035 so, daß die Jdee im Bild immer unendlich wirksam und unerreichbar pba_193.036 bleibt und, selbst in allen Sprachen ausgesprochen, doch unaussprechlich pba_193.037 bliebe."
pba_193.038 Das ist keine Definition, sondern ein tiefsinniger Spruch, der erst
1pba_193.039 S. Hempel XIX, S. 158.
pba_193.001 Persönlichkeit und seine Mission bewahrte; wie oft mag ihm das Bild pba_193.002 der festen Steuerung im Sturm vorgeschwebt haben, zumal bei den Besorgnissen pba_193.003 und Anklagen der Freunde, die so laut und vielfach an sein pba_193.004 Ohr schlugen. Aber ebenso sicher konnte er nicht eher zu der poetischen pba_193.005 Nachahmung der durchlebten Seelenzustände fortschreiten, als bis er sie pba_193.006 bei sich selbst von dem individuell Eingeschränkten und Belastenden losgelöst pba_193.007 und zum Allgemeinen erhoben hatte, das ihm bei seinem Gedicht pba_193.008 vorschwebte, woran er „dachte“, eben in seinem Falle einen pba_193.009 Typus erblickend. Aber durch keinen „Hinweis“ ist die Schönheit des pba_193.010 selbständig durchgeführten Bildes, welches seinem poetischen Auge vorschwebte, pba_193.011 entstellt, und so „schaut“ er in dem Besondern zugleich das pba_193.012 Allgemeine: die ihrer Kraft sichere Zuversicht des höhern und stärkern pba_193.013 Geistes, der aus der schützenden Enge hinaus größern Verhältnissen, pba_193.014 einem weiteren Schauplatze zustrebt, hochgeschwellt die Brust von Hoffnungen, pba_193.015 jauchzend in den ersten glücklichen Erfolgen, den sich türmenden pba_193.016 Hemmnissen mutig und besonnen die Stirn bietend, „treu dem Ziel“ pba_193.017 und „seinen Göttern vertrauend.“ Alles dieses ist ausgedrückt in dem pba_193.018 Bilde der Seefahrt. Die Ähnlichkeit, vermöge derer das möglich wird, pba_193.019 liegt in den Empfindungen und Seelenzuständen, die in beiden Fällen pba_193.020 rege werden, und die der eigentliche Gegenstand der poetischen Nachahmung pba_193.021 sind; vermittelst jenes Bildes wird dieser Nachahmungszweck pba_193.022 schneller und leichter erreicht.
pba_193.023 Es ist also zwischen der „poetischen Allegorie“ und der pba_193.024 „eigentlichen Natur der Poesie“ allerdings noch ein Unterschied, pba_193.025 obwohl in jenem Spruche Goethe beide in ein und dieselbe Kategorie pba_193.026 wirft. Es gibt sogar zwischen beiden noch eine Mittelstufe, welche Goethe pba_193.027 mit dem Namen der symbolischen Poesie bezeichnet, und die keiner pba_193.028 mit der Meisterschaft und mit der Vorliebe gehandhabt hat wie er.
pba_193.029 Jn der fünften Abteilung der Sprüche über „Kunst“ lauten die pba_193.030 beiden letzten (Nr. 742 und 743)1 folgendermaßen: „Die Allegoriepba_193.031 verwandelt die Erscheinung in einen Begriff, den Begriff in ein Bild, pba_193.032 doch so, daß der Begriff im Bilde immer noch begrenzt und vollständig pba_193.033 zu halten und zu haben und an demselben auszusprechen sei.“ „Die pba_193.034 Symbolik verwandelt die Erscheinung in Jdee, die Jdee in ein Bild, und pba_193.035 so, daß die Jdee im Bild immer unendlich wirksam und unerreichbar pba_193.036 bleibt und, selbst in allen Sprachen ausgesprochen, doch unaussprechlich pba_193.037 bliebe.“
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Persönlichkeit und seine Mission bewahrte; wie oft mag ihm das Bild pba_193.002
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Jn der fünften Abteilung der Sprüche über „Kunst“ lauten die pba_193.030
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Das ist keine Definition, sondern ein tiefsinniger Spruch, der erst
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Baumgart, Hermann: Handbuch der Poetik. Eine kritisch-theoretische Darstellung der Theorie der Dichtkunst. Stuttgart, 1887, S. 193. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baumgart_poetik_1887/211>, abgerufen am 09.11.2024.
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