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Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871.

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43 Jahre alt -- gern! Er war nicht glücklich -- trotz
des besten, reichsten, liebevollsten Herzens und seiner Er¬
folge als Schriftsteller. Er fühlte sich einsam in der
Welt und unverstanden. Tiedge überlebte den jungen
Freund noch vier Jahre. Die meisten der Schattenfiguren
aus seiner Umgebung mußte er noch vorher ganz er¬
bleichen sehen, bis ich auf den Sarg des fast neunzig¬
jährigen Greises meinen frischen Blüthenkranz legen
konnte.

Daß ich jene Minute auf der Elbbrücke -- daß ich
der goldenen Worte des edlen Maltitz nicht vergaß ...
dafür spricht dies wehmüthig-frühlingsduftige Er¬
innerungsblatt. --

Auf dem Wege nach dem Altmarkt zu Ludwig Tieck
klopfte mir das Herz doch etwas unruhig: wie wird der
vielgerühmte und -- vielgetadelte Dichter, der große
Dramaturg dich empfangen? Ich fühlte, daß von dieser
ersten Begrüßung mein Bleiben in Dresden -- oder mein
Weiterwandern nach kurzem Gastspiel abhängen werde.

Zu meiner Beruhigung diente es durchaus nicht,
was mein Begleiter, Baron Sternberg, mir unterwegs
über die Ursache der Spannung -- die man aber längst
richtiger "Feindschaft" nennen müsse -- zwischen Tieck
und Winkler und Bötticher erzählte:

"Es war eines Abends bei Tieck Gesellschaft. Der
Mittelpunkt der Unterhaltung war ein junger, talent¬
voller Maler, der erst kürzlich aus Italien zurückgekehrt
war und eine reiche Mappe voll interessanter Skizzen und

43 Jahre alt — gern! Er war nicht glücklich — trotz
des beſten, reichſten, liebevollſten Herzens und ſeiner Er¬
folge als Schriftſteller. Er fühlte ſich einſam in der
Welt und unverſtanden. Tiedge überlebte den jungen
Freund noch vier Jahre. Die meiſten der Schattenfiguren
aus ſeiner Umgebung mußte er noch vorher ganz er¬
bleichen ſehen, bis ich auf den Sarg des faſt neunzig¬
jährigen Greiſes meinen friſchen Blüthenkranz legen
konnte.

Daß ich jene Minute auf der Elbbrücke — daß ich
der goldenen Worte des edlen Maltitz nicht vergaß …
dafür ſpricht dies wehmüthig-frühlingsduftige Er¬
innerungsblatt. —

Auf dem Wege nach dem Altmarkt zu Ludwig Tieck
klopfte mir das Herz doch etwas unruhig: wie wird der
vielgerühmte und — vielgetadelte Dichter, der große
Dramaturg dich empfangen? Ich fühlte, daß von dieſer
erſten Begrüßung mein Bleiben in Dresden — oder mein
Weiterwandern nach kurzem Gaſtſpiel abhängen werde.

Zu meiner Beruhigung diente es durchaus nicht,
was mein Begleiter, Baron Sternberg, mir unterwegs
über die Urſache der Spannung — die man aber längſt
richtiger »Feindſchaft« nennen müſſe — zwiſchen Tieck
und Winkler und Bötticher erzählte:

»Es war eines Abends bei Tieck Geſellſchaft. Der
Mittelpunkt der Unterhaltung war ein junger, talent¬
voller Maler, der erſt kürzlich aus Italien zurückgekehrt
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[361/0389] 43 Jahre alt — gern! Er war nicht glücklich — trotz des beſten, reichſten, liebevollſten Herzens und ſeiner Er¬ folge als Schriftſteller. Er fühlte ſich einſam in der Welt und unverſtanden. Tiedge überlebte den jungen Freund noch vier Jahre. Die meiſten der Schattenfiguren aus ſeiner Umgebung mußte er noch vorher ganz er¬ bleichen ſehen, bis ich auf den Sarg des faſt neunzig¬ jährigen Greiſes meinen friſchen Blüthenkranz legen konnte. Daß ich jene Minute auf der Elbbrücke — daß ich der goldenen Worte des edlen Maltitz nicht vergaß … dafür ſpricht dies wehmüthig-frühlingsduftige Er¬ innerungsblatt. — Auf dem Wege nach dem Altmarkt zu Ludwig Tieck klopfte mir das Herz doch etwas unruhig: wie wird der vielgerühmte und — vielgetadelte Dichter, der große Dramaturg dich empfangen? Ich fühlte, daß von dieſer erſten Begrüßung mein Bleiben in Dresden — oder mein Weiterwandern nach kurzem Gaſtſpiel abhängen werde. Zu meiner Beruhigung diente es durchaus nicht, was mein Begleiter, Baron Sternberg, mir unterwegs über die Urſache der Spannung — die man aber längſt richtiger »Feindſchaft« nennen müſſe — zwiſchen Tieck und Winkler und Bötticher erzählte: »Es war eines Abends bei Tieck Geſellſchaft. Der Mittelpunkt der Unterhaltung war ein junger, talent¬ voller Maler, der erſt kürzlich aus Italien zurückgekehrt war und eine reiche Mappe voll intereſſanter Skizzen und

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Zitationshilfe: Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871, S. 361. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bauer_buehnenleben_1871/389>, abgerufen am 22.11.2024.