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Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871.

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unglückselige Quecksilbernatur, in der es fortwährend
gährt, treibt, sprüht und die gar nicht über das junge,
feurige achtzehnjährige Blut hinauskommen kann ...
Und doch habe ich schon die Freiheitskriege mitgemacht ..."

"Sie -- Soldat?" rief ich unwillkürlich.

"Ja, nicht wahr, in Uniform können Sie sich den
armen buckligen Maltitz gar nicht denken? Ob mir da¬
mals wohl Jemand nachfühlte, welch' großes Opfer ich
meinem theuren Vaterlande brachte, als ich die Uniform
anzog und in die Reihen der jungen, schönen, schlanken
Krieger trat? Es ist wirklich kein kleines Opfer, sich
mit vollem Bewußtsein der -- Lächerlichkeit preiszu¬
geben ..."

Ich wußte dem Edlen nicht besser darauf zu ant¬
worten, als daß ich stillschweigend seinen Arm nahm.
Er führte in stummem Dank meine Hand an seine Lip¬
pen -- er hatte mich verstanden! --

Mild und liebevoll sprach Maltitz von Tiedge und
dem seltenen Freundschaftsbündnisse, das den Dichter der
Urania so viele, viele Jahre mit der Freiin Elisa von
der Recke verband, bis diese vor einem Jahre in Dres¬
den gestorben. "Aber selbst über das Grab hinaus, das
sie auf ihren Wunsch, nur in Leintücher gehüllt, ohne
Sarg, in der mütterlichen Erde gefunden, geht die sor¬
gende Freundschaft für den verehrten Dichter. Sie hat
ihm nicht nur ihr ganzes Vermögen vermacht, sondern
auch dafür gesorgt, daß Tiedge in dem alten freund¬
lichen Hause und ganz in der gewohnten Weise, als sei

unglückſelige Queckſilbernatur, in der es fortwährend
gährt, treibt, ſprüht und die gar nicht über das junge,
feurige achtzehnjährige Blut hinauskommen kann …
Und doch habe ich ſchon die Freiheitskriege mitgemacht …«

»Sie — Soldat?« rief ich unwillkürlich.

»Ja, nicht wahr, in Uniform können Sie ſich den
armen buckligen Maltitz gar nicht denken? Ob mir da¬
mals wohl Jemand nachfühlte, welch' großes Opfer ich
meinem theuren Vaterlande brachte, als ich die Uniform
anzog und in die Reihen der jungen, ſchönen, ſchlanken
Krieger trat? Es iſt wirklich kein kleines Opfer, ſich
mit vollem Bewußtſein der — Lächerlichkeit preiszu¬
geben …«

Ich wußte dem Edlen nicht beſſer darauf zu ant¬
worten, als daß ich ſtillſchweigend ſeinen Arm nahm.
Er führte in ſtummem Dank meine Hand an ſeine Lip¬
pen — er hatte mich verſtanden! —

Mild und liebevoll ſprach Maltitz von Tiedge und
dem ſeltenen Freundſchaftsbündniſſe, das den Dichter der
Urania ſo viele, viele Jahre mit der Freiin Eliſa von
der Recke verband, bis dieſe vor einem Jahre in Dres¬
den geſtorben. »Aber ſelbſt über das Grab hinaus, das
ſie auf ihren Wunſch, nur in Leintücher gehüllt, ohne
Sarg, in der mütterlichen Erde gefunden, geht die ſor¬
gende Freundſchaft für den verehrten Dichter. Sie hat
ihm nicht nur ihr ganzes Vermögen vermacht, ſondern
auch dafür geſorgt, daß Tiedge in dem alten freund¬
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[356/0384] unglückſelige Queckſilbernatur, in der es fortwährend gährt, treibt, ſprüht und die gar nicht über das junge, feurige achtzehnjährige Blut hinauskommen kann … Und doch habe ich ſchon die Freiheitskriege mitgemacht …« »Sie — Soldat?« rief ich unwillkürlich. »Ja, nicht wahr, in Uniform können Sie ſich den armen buckligen Maltitz gar nicht denken? Ob mir da¬ mals wohl Jemand nachfühlte, welch' großes Opfer ich meinem theuren Vaterlande brachte, als ich die Uniform anzog und in die Reihen der jungen, ſchönen, ſchlanken Krieger trat? Es iſt wirklich kein kleines Opfer, ſich mit vollem Bewußtſein der — Lächerlichkeit preiszu¬ geben …« Ich wußte dem Edlen nicht beſſer darauf zu ant¬ worten, als daß ich ſtillſchweigend ſeinen Arm nahm. Er führte in ſtummem Dank meine Hand an ſeine Lip¬ pen — er hatte mich verſtanden! — Mild und liebevoll ſprach Maltitz von Tiedge und dem ſeltenen Freundſchaftsbündniſſe, das den Dichter der Urania ſo viele, viele Jahre mit der Freiin Eliſa von der Recke verband, bis dieſe vor einem Jahre in Dres¬ den geſtorben. »Aber ſelbſt über das Grab hinaus, das ſie auf ihren Wunſch, nur in Leintücher gehüllt, ohne Sarg, in der mütterlichen Erde gefunden, geht die ſor¬ gende Freundſchaft für den verehrten Dichter. Sie hat ihm nicht nur ihr ganzes Vermögen vermacht, ſondern auch dafür geſorgt, daß Tiedge in dem alten freund¬ lichen Hauſe und ganz in der gewohnten Weiſe, als ſei

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Zitationshilfe: Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871, S. 356. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bauer_buehnenleben_1871/384>, abgerufen am 22.11.2024.