-- Hofrath Winkler war so artig, mich Theater- Intendanten, Herrn von Lüttichau, zu geleiten, blieb aber nur zu Anfang des Gespräches.
Herr von Lüttichau gewann sehr, im Vergleich mit dem Petersburger und Wiener Intendanten. Er sprach nicht ohne würdevollen Stolz von seinem Institut, und -- das gefiel mir. Er zeigte im Laufe der Unterhand¬ lung Sinn und Verständniß für wahre Kunst und ein warmes Herz für seine Aufgabe und seine Künstler. Als wir aber zu den Bedingungen meines Gastspiels kamen und Excellenz von 30 Thalern für die Rolle sprach ... da erstarrte ich doch ein wenig, obgleich wir Künst¬ ler anno 1834 nicht so verwöhnt waren, wie heute eine Lucca und Patti, eine Ziegler und Wolter auf ihren Gastreisen. Aber ein Honorar von 30 Thalern für die Rolle, wodurch die damals noch kostspieligeren Reisen mit Extrapost, der Aufenthalt im Hotel und der Garderobe-Aufwand nicht gedeckt werden konnten, war mir bis dahin selbst von einer Provinzbühne nicht zuge¬ muthet. Etwas vorwitzig sagte ich: "Excellenz scheinen die Dresdener Bühne für eine so erhabene zu halten, daß fremde Künstler sich glücklich schätzen müssen, hier nur der Ehre halber spielen zu dürfen."
Der feine Hofmann lächelte, erröthete aber doch und antwortete mit Würde:
"Nennen Sie mir einen zweiten Emil Devrient, eine Wilhelmine Schröder, eine Doris-Devrient! Julie Rettich haben Sie bewundert, -- Pauli, Porth, Werdy
— Hofrath Winkler war ſo artig, mich Theater- Intendanten, Herrn von Lüttichau, zu geleiten, blieb aber nur zu Anfang des Geſpräches.
Herr von Lüttichau gewann ſehr, im Vergleich mit dem Petersburger und Wiener Intendanten. Er ſprach nicht ohne würdevollen Stolz von ſeinem Inſtitut, und — das gefiel mir. Er zeigte im Laufe der Unterhand¬ lung Sinn und Verſtändniß für wahre Kunſt und ein warmes Herz für ſeine Aufgabe und ſeine Künſtler. Als wir aber zu den Bedingungen meines Gaſtſpiels kamen und Excellenz von 30 Thalern für die Rolle ſprach … da erſtarrte ich doch ein wenig, obgleich wir Künſt¬ ler anno 1834 nicht ſo verwöhnt waren, wie heute eine Lucca und Patti, eine Ziegler und Wolter auf ihren Gaſtreiſen. Aber ein Honorar von 30 Thalern für die Rolle, wodurch die damals noch koſtſpieligeren Reiſen mit Extrapoſt, der Aufenthalt im Hotel und der Garderobe-Aufwand nicht gedeckt werden konnten, war mir bis dahin ſelbſt von einer Provinzbühne nicht zuge¬ muthet. Etwas vorwitzig ſagte ich: »Excellenz ſcheinen die Dresdener Bühne für eine ſo erhabene zu halten, daß fremde Künſtler ſich glücklich ſchätzen müſſen, hier nur der Ehre halber ſpielen zu dürfen.«
Der feine Hofmann lächelte, erröthete aber doch und antwortete mit Würde:
»Nennen Sie mir einen zweiten Emil Devrient, eine Wilhelmine Schröder, eine Doris-Devrient! Julie Rettich haben Sie bewundert, — Pauli, Porth, Werdy
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— Hofrath Winkler war ſo artig, mich Theater-
Intendanten, Herrn von Lüttichau, zu geleiten, blieb
aber nur zu Anfang des Geſpräches.
Herr von Lüttichau gewann ſehr, im Vergleich mit
dem Petersburger und Wiener Intendanten. Er ſprach
nicht ohne würdevollen Stolz von ſeinem Inſtitut, und
— das gefiel mir. Er zeigte im Laufe der Unterhand¬
lung Sinn und Verſtändniß für wahre Kunſt und ein
warmes Herz für ſeine Aufgabe und ſeine Künſtler.
Als wir aber zu den Bedingungen meines Gaſtſpiels
kamen und Excellenz von 30 Thalern für die Rolle ſprach
… da erſtarrte ich doch ein wenig, obgleich wir Künſt¬
ler anno 1834 nicht ſo verwöhnt waren, wie heute eine
Lucca und Patti, eine Ziegler und Wolter auf ihren
Gaſtreiſen. Aber ein Honorar von 30 Thalern für die
Rolle, wodurch die damals noch koſtſpieligeren Reiſen
mit Extrapoſt, der Aufenthalt im Hotel und der
Garderobe-Aufwand nicht gedeckt werden konnten, war
mir bis dahin ſelbſt von einer Provinzbühne nicht zuge¬
muthet. Etwas vorwitzig ſagte ich: »Excellenz ſcheinen
die Dresdener Bühne für eine ſo erhabene zu halten,
daß fremde Künſtler ſich glücklich ſchätzen müſſen, hier
nur der Ehre halber ſpielen zu dürfen.«
Der feine Hofmann lächelte, erröthete aber doch und
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eine Wilhelmine Schröder, eine Doris-Devrient! Julie
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Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871, S. 345. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bauer_buehnenleben_1871/373>, abgerufen am 22.11.2024.
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