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Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871.

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sehr dicke, mittelalterliche Jüdin war zum ersten Mal
an der Leine und geberdete sich überaus zimperlich.
Von der Leine gehalten, lag sie zappelnd auf dem Wasser.

"Jetzt schaun's zu, Ihro Gnad'n -- jetzt laß i
los ..."

Kaum hatte die Gute jedoch die Nase in's Wasser
gesteckt, so schrie sie mörderlich: "Halt! halt! i ersauf'
-- i ersauf' ..."

"Warum net gar! Bei mi ist erst a anzigs ersauft,
un die hat net parirn woll'n un war mager wie die
magerste von Pharao's Kühen -- und Ihro Gnad'n
seind fett, wie i no kane g'habt hab, und das Fett hält
Ihna schonst allain oben ... So, nun müssen's sich auch,
bewegen wie'n Fröschli, erst Handerl, dann Füßerl --
so, Ihro Gnad'n ... Schaun's? Das Fett schwimmt
ganz allein -- eins -- zwei -- drei -- recht so, mei
Krötli, patscherln schon panz passabel ..."

Und die Hochsommerliche glänzte vor Stolz über
dies Lob und vor -- Fett ..."

Soweit jener alte Brief.

Interessant war ein ländlicher Ball, den die Fürstin
Metternich als Dame patronesse in Baden zu einem
wohlthätigen Zweck veranstaltete. Das ganze vornehme
und elegante Wien war dazu herausgekommen. Die
Patronin strahlte im weißen, duftigen Spitzenkleide mit
frischen Granatblüthen als Ballkönigin, ihre Stieftöchter
im weißen Musselin blühten wie liebliche Blumen. Lange
englische Locken waren die beliebteste Frisur -- und nach

ſehr dicke, mittelalterliche Jüdin war zum erſten Mal
an der Leine und geberdete ſich überaus zimperlich.
Von der Leine gehalten, lag ſie zappelnd auf dem Waſſer.

»Jetzt ſchaun's zu, Ihro Gnad'n — jetzt laß i
los …«

Kaum hatte die Gute jedoch die Naſe in's Waſſer
geſteckt, ſo ſchrie ſie mörderlich: »Halt! halt! i erſauf'
— i erſauf' …«

»Warum net gar! Bei mi iſt erſt a anzigs erſauft,
un die hat net parirn woll'n un war mager wie die
magerſte von Pharao's Kühen — und Ihro Gnad'n
ſeind fett, wie i no kane g'habt hab, und das Fett hält
Ihna ſchonſt allain oben … So, nun müſſen's ſich auch,
bewegen wie'n Fröſchli, erſt Handerl, dann Füßerl —
ſo, Ihro Gnad'n … Schaun's? Das Fett ſchwimmt
ganz allein — eins — zwei — drei — recht ſo, mei
Krötli, patſcherln ſchon panz paſſabel …«

Und die Hochſommerliche glänzte vor Stolz über
dies Lob und vor — Fett …«

Soweit jener alte Brief.

Intereſſant war ein ländlicher Ball, den die Fürſtin
Metternich als Dame patronesse in Baden zu einem
wohlthätigen Zweck veranſtaltete. Das ganze vornehme
und elegante Wien war dazu herausgekommen. Die
Patronin ſtrahlte im weißen, duftigen Spitzenkleide mit
friſchen Granatblüthen als Ballkönigin, ihre Stieftöchter
im weißen Muſſelin blühten wie liebliche Blumen. Lange
engliſche Locken waren die beliebteſte Frisur — und nach

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[299/0327] ſehr dicke, mittelalterliche Jüdin war zum erſten Mal an der Leine und geberdete ſich überaus zimperlich. Von der Leine gehalten, lag ſie zappelnd auf dem Waſſer. »Jetzt ſchaun's zu, Ihro Gnad'n — jetzt laß i los …« Kaum hatte die Gute jedoch die Naſe in's Waſſer geſteckt, ſo ſchrie ſie mörderlich: »Halt! halt! i erſauf' — i erſauf' …« »Warum net gar! Bei mi iſt erſt a anzigs erſauft, un die hat net parirn woll'n un war mager wie die magerſte von Pharao's Kühen — und Ihro Gnad'n ſeind fett, wie i no kane g'habt hab, und das Fett hält Ihna ſchonſt allain oben … So, nun müſſen's ſich auch, bewegen wie'n Fröſchli, erſt Handerl, dann Füßerl — ſo, Ihro Gnad'n … Schaun's? Das Fett ſchwimmt ganz allein — eins — zwei — drei — recht ſo, mei Krötli, patſcherln ſchon panz paſſabel …« Und die Hochſommerliche glänzte vor Stolz über dies Lob und vor — Fett …« Soweit jener alte Brief. Intereſſant war ein ländlicher Ball, den die Fürſtin Metternich als Dame patronesse in Baden zu einem wohlthätigen Zweck veranſtaltete. Das ganze vornehme und elegante Wien war dazu herausgekommen. Die Patronin ſtrahlte im weißen, duftigen Spitzenkleide mit friſchen Granatblüthen als Ballkönigin, ihre Stieftöchter im weißen Muſſelin blühten wie liebliche Blumen. Lange engliſche Locken waren die beliebteſte Frisur — und nach

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Zitationshilfe: Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871, S. 299. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bauer_buehnenleben_1871/327>, abgerufen am 17.05.2024.