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Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871.

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derselben reichte. Sie probirten, indem die Sontag Ton
für Ton auf dem Klavier antippte und mitsang ...
aber bald rief sie lachend: "Ich komme nicht nach!"
Dann gab sie den Bitten der Tyroler nach, setzte sich
an's Klavier, auch etwas zu singen. Sie wählte Mo¬
zart's göttliches: "Ihr, die ihr Triebe des Herzens
kennt --". Wir dankten entzückt. Die Tyroler sagten
mit größter Ruhe, dabei mit den Köpfen nickend, in
ihrem Dialekt: "Du singscht recht artig!" Schallendes
Gelächter antwortete auf dies Lob, und Henriette schien
es sehr zu amüsiren, artig singen zu können.

Dann mußten die Tyroler uns ihren Ländler
zeigen, den wirklichen einfachen Ländler. Der Aelteste
tanzte ihn mit seiner Frau, die drei Andern sangen die
Tanzmelodie dazu; es währte nicht lange, so drehten
wir uns sämmtlich nach der gesungenen Ländlermelodie.
-- Justizrath Ludolf wollte seinem Abgott noch einen
Triumph bereiten und forderte einen Tyroler auf, zu
sagen, welche von uns Damen den schönsten Fuß besäße.

Wir widersetzten uns dem Scherz nicht, um dem
liebenswürdigen Wirth nicht die Freude zu verderben,
sondern stellten uns in einen Kreis um unsern Richter,
jede die Fußspitze zeigend, Henriette ihr Cendrillonfüßchen
äußerst graziös neben meinen stellend.

Der Tyroler faßte aber seine Aufgabe sehr gravi¬
tätisch auf, betrachtete mit größter Ruhe aufmerksam
Damen und Fußspitzen, und, o Entsetzen! ertheilte
meinem, Fuße den Preis.

Erinnerungen etc. 10

derſelben reichte. Sie probirten, indem die Sontag Ton
für Ton auf dem Klavier antippte und mitſang …
aber bald rief ſie lachend: »Ich komme nicht nach!«
Dann gab ſie den Bitten der Tyroler nach, ſetzte ſich
an's Klavier, auch etwas zu ſingen. Sie wählte Mo¬
zart's göttliches: »Ihr, die ihr Triebe des Herzens
kennt —«. Wir dankten entzückt. Die Tyroler ſagten
mit größter Ruhe, dabei mit den Köpfen nickend, in
ihrem Dialekt: »Du ſingſcht recht artig!« Schallendes
Gelächter antwortete auf dies Lob, und Henriette ſchien
es ſehr zu amüſiren, artig ſingen zu können.

Dann mußten die Tyroler uns ihren Ländler
zeigen, den wirklichen einfachen Ländler. Der Aelteſte
tanzte ihn mit ſeiner Frau, die drei Andern ſangen die
Tanzmelodie dazu; es währte nicht lange, ſo drehten
wir uns ſämmtlich nach der geſungenen Ländlermelodie.
— Juſtizrath Ludolf wollte ſeinem Abgott noch einen
Triumph bereiten und forderte einen Tyroler auf, zu
ſagen, welche von uns Damen den ſchönſten Fuß beſäße.

Wir widerſetzten uns dem Scherz nicht, um dem
liebenswürdigen Wirth nicht die Freude zu verderben,
ſondern ſtellten uns in einen Kreis um unſern Richter,
jede die Fußſpitze zeigend, Henriette ihr Cendrillonfüßchen
äußerſt graziös neben meinen ſtellend.

Der Tyroler faßte aber ſeine Aufgabe ſehr gravi¬
tätiſch auf, betrachtete mit größter Ruhe aufmerkſam
Damen und Fußſpitzen, und, o Entſetzen! ertheilte
meinem, Fuße den Preis.

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[145/0173] derſelben reichte. Sie probirten, indem die Sontag Ton für Ton auf dem Klavier antippte und mitſang … aber bald rief ſie lachend: »Ich komme nicht nach!« Dann gab ſie den Bitten der Tyroler nach, ſetzte ſich an's Klavier, auch etwas zu ſingen. Sie wählte Mo¬ zart's göttliches: »Ihr, die ihr Triebe des Herzens kennt —«. Wir dankten entzückt. Die Tyroler ſagten mit größter Ruhe, dabei mit den Köpfen nickend, in ihrem Dialekt: »Du ſingſcht recht artig!« Schallendes Gelächter antwortete auf dies Lob, und Henriette ſchien es ſehr zu amüſiren, artig ſingen zu können. Dann mußten die Tyroler uns ihren Ländler zeigen, den wirklichen einfachen Ländler. Der Aelteſte tanzte ihn mit ſeiner Frau, die drei Andern ſangen die Tanzmelodie dazu; es währte nicht lange, ſo drehten wir uns ſämmtlich nach der geſungenen Ländlermelodie. — Juſtizrath Ludolf wollte ſeinem Abgott noch einen Triumph bereiten und forderte einen Tyroler auf, zu ſagen, welche von uns Damen den ſchönſten Fuß beſäße. Wir widerſetzten uns dem Scherz nicht, um dem liebenswürdigen Wirth nicht die Freude zu verderben, ſondern ſtellten uns in einen Kreis um unſern Richter, jede die Fußſpitze zeigend, Henriette ihr Cendrillonfüßchen äußerſt graziös neben meinen ſtellend. Der Tyroler faßte aber ſeine Aufgabe ſehr gravi¬ tätiſch auf, betrachtete mit größter Ruhe aufmerkſam Damen und Fußſpitzen, und, o Entſetzen! ertheilte meinem, Fuße den Preis. Erinnerungen ꝛc. 10

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Zitationshilfe: Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871, S. 145. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bauer_buehnenleben_1871/173>, abgerufen am 22.11.2024.