Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871.

Bild:
<< vorherige Seite

mitteln zu dürfen!" ... Und das Orchester applaudirte
jubelnd diesen Worten.

Ludwig Devrient verschmähte es nicht, in dem
Vaudeville "Die Hottentottin" die kleine Rolle des Onkels
zu übernehmen, der eigentlich nur eine Scene zu spielen hat.
Aber er wirkte so belebend, erheiternd durch seinen köstlichen
Humor, daß die Hottentottin unzählige Male wiederholt
werden mußte -- in Potsdam, Charlottenburg, sogar in
Sanssouci in dem von Friedrich dem Großen erbauten
eleganten Miniaturtheater, dem bijou einer Bühne.

Rebenstein, der prächtige Wetter von Strahl, der
poetische Don Carlos, spielte in demselben Vaudeville
den Neffen, eine winzige Rolle. Ich als "Hottentottin"
mußte singen und ein Solo tanzen.

Die Achtung, das Wohlwollen der Kollegen galt
damals als Hauptsache! Nichts vermochte so zu ermuntern,
wie deren Lob.

Aber dem großen Ganzen zu Liebe übernahmen wir
Jüngeren unter Umständen auch wohl Aufgaben, die fast
über unsere Kräfte gingen.

Die Oper "Joconde" sollte in Sanssouci aufgeführt
werden mit Henriette Sontag als Gast. Der König
hatte hohe Gäste und selber diese Vorstellung gewünscht. --
Da wird die Sängerin krank, welche die Partie der
Mathilde einstudirt hatte. Keine Stellvertreterin war
zu finden! Denn den ersten Sängerinnen Seidler und
Schulz war doch der Antrag nicht zu stellen, neben der
Sontag als Folie zu figuriren.

9 *

mitteln zu dürfen!« … Und das Orcheſter applaudirte
jubelnd dieſen Worten.

Ludwig Devrient verſchmähte es nicht, in dem
Vaudeville »Die Hottentottin« die kleine Rolle des Onkels
zu übernehmen, der eigentlich nur eine Scene zu ſpielen hat.
Aber er wirkte ſo belebend, erheiternd durch ſeinen köſtlichen
Humor, daß die Hottentottin unzählige Male wiederholt
werden mußte — in Potsdam, Charlottenburg, ſogar in
Sansſouci in dem von Friedrich dem Großen erbauten
eleganten Miniaturtheater, dem bijou einer Bühne.

Rebenſtein, der prächtige Wetter von Strahl, der
poetiſche Don Carlos, ſpielte in demſelben Vaudeville
den Neffen, eine winzige Rolle. Ich als »Hottentottin«
mußte ſingen und ein Solo tanzen.

Die Achtung, das Wohlwollen der Kollegen galt
damals als Hauptſache! Nichts vermochte ſo zu ermuntern,
wie deren Lob.

Aber dem großen Ganzen zu Liebe übernahmen wir
Jüngeren unter Umſtänden auch wohl Aufgaben, die faſt
über unſere Kräfte gingen.

Die Oper »Joconde« ſollte in Sansſouci aufgeführt
werden mit Henriette Sontag als Gaſt. Der König
hatte hohe Gäſte und ſelber dieſe Vorſtellung gewünſcht. —
Da wird die Sängerin krank, welche die Partie der
Mathilde einſtudirt hatte. Keine Stellvertreterin war
zu finden! Denn den erſten Sängerinnen Seidler und
Schulz war doch der Antrag nicht zu ſtellen, neben der
Sontag als Folie zu figuriren.

9 *
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0159" n="131"/>
mitteln zu dürfen!« &#x2026; Und das Orche&#x017F;ter applaudirte<lb/>
jubelnd die&#x017F;en Worten.</p><lb/>
        <p>Ludwig Devrient ver&#x017F;chmähte es nicht, in dem<lb/>
Vaudeville »Die Hottentottin« die kleine Rolle des Onkels<lb/>
zu übernehmen, der eigentlich nur eine Scene zu &#x017F;pielen hat.<lb/>
Aber er wirkte &#x017F;o belebend, erheiternd durch &#x017F;einen kö&#x017F;tlichen<lb/>
Humor, daß die Hottentottin unzählige Male wiederholt<lb/>
werden mußte &#x2014; in Potsdam, Charlottenburg, &#x017F;ogar in<lb/>
Sans&#x017F;ouci in dem von Friedrich dem Großen erbauten<lb/>
eleganten Miniaturtheater, dem <hi rendition="#aq">bijou</hi> einer Bühne.</p><lb/>
        <p>Reben&#x017F;tein, der prächtige Wetter von Strahl, der<lb/>
poeti&#x017F;che Don Carlos, &#x017F;pielte in dem&#x017F;elben Vaudeville<lb/>
den Neffen, eine winzige Rolle. Ich als »Hottentottin«<lb/>
mußte &#x017F;ingen und ein Solo tanzen.</p><lb/>
        <p>Die Achtung, das Wohlwollen der Kollegen galt<lb/>
damals als Haupt&#x017F;ache! Nichts vermochte &#x017F;o zu ermuntern,<lb/>
wie deren Lob.</p><lb/>
        <p>Aber dem großen Ganzen zu Liebe übernahmen wir<lb/>
Jüngeren unter Um&#x017F;tänden auch wohl Aufgaben, die fa&#x017F;t<lb/>
über un&#x017F;ere Kräfte gingen.</p><lb/>
        <p>Die Oper »Joconde« &#x017F;ollte in Sans&#x017F;ouci aufgeführt<lb/>
werden mit Henriette Sontag als Ga&#x017F;t. Der König<lb/>
hatte hohe Gä&#x017F;te und &#x017F;elber die&#x017F;e Vor&#x017F;tellung gewün&#x017F;cht. &#x2014;<lb/>
Da wird die Sängerin krank, welche die Partie der<lb/>
Mathilde ein&#x017F;tudirt hatte. Keine Stellvertreterin war<lb/>
zu finden! Denn den er&#x017F;ten Sängerinnen Seidler und<lb/>
Schulz war doch der Antrag nicht zu &#x017F;tellen, neben der<lb/>
Sontag als Folie zu figuriren.</p><lb/>
        <fw place="bottom" type="sig">9 *<lb/></fw>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[131/0159] mitteln zu dürfen!« … Und das Orcheſter applaudirte jubelnd dieſen Worten. Ludwig Devrient verſchmähte es nicht, in dem Vaudeville »Die Hottentottin« die kleine Rolle des Onkels zu übernehmen, der eigentlich nur eine Scene zu ſpielen hat. Aber er wirkte ſo belebend, erheiternd durch ſeinen köſtlichen Humor, daß die Hottentottin unzählige Male wiederholt werden mußte — in Potsdam, Charlottenburg, ſogar in Sansſouci in dem von Friedrich dem Großen erbauten eleganten Miniaturtheater, dem bijou einer Bühne. Rebenſtein, der prächtige Wetter von Strahl, der poetiſche Don Carlos, ſpielte in demſelben Vaudeville den Neffen, eine winzige Rolle. Ich als »Hottentottin« mußte ſingen und ein Solo tanzen. Die Achtung, das Wohlwollen der Kollegen galt damals als Hauptſache! Nichts vermochte ſo zu ermuntern, wie deren Lob. Aber dem großen Ganzen zu Liebe übernahmen wir Jüngeren unter Umſtänden auch wohl Aufgaben, die faſt über unſere Kräfte gingen. Die Oper »Joconde« ſollte in Sansſouci aufgeführt werden mit Henriette Sontag als Gaſt. Der König hatte hohe Gäſte und ſelber dieſe Vorſtellung gewünſcht. — Da wird die Sängerin krank, welche die Partie der Mathilde einſtudirt hatte. Keine Stellvertreterin war zu finden! Denn den erſten Sängerinnen Seidler und Schulz war doch der Antrag nicht zu ſtellen, neben der Sontag als Folie zu figuriren. 9 *

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bauer_buehnenleben_1871
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bauer_buehnenleben_1871/159
Zitationshilfe: Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871, S. 131. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bauer_buehnenleben_1871/159>, abgerufen am 22.11.2024.