in meinem Leben, denn als meine kleine einzige Schwester in Bruchsal begraben wurde, weilte ich bei Bekannten in Karlsruhe.
In einem großen Parterrezimmer versammelten sich die Beileidtragenden. Louise von Holtei -- das holde Käthchen -- lag weißgekleidet da, -- so lieblich, als schlummerte sie süß unter dem Hollunderbaum, im Traum ihrem Ritter ihre mädchenhaft keusche Liebe gestehend ... Schwarze gescheitelte Haare umrahmten die edle Stirn, und lange Augenwimpern beschatteten die Wangen, als müßten sie sich jeden Augenblick zu Wetter von Strahl erheben ...
Und doch war das holde Käthchen von Heilbronn für immer von uns gegangen -- die schönsten Augen Berlins sollten sich nie wieder öffnen ... Starr lag sie da in ihrem Sarge ... O, wie das so eisig an mein junges, lebensfrohes Herz griff ...
Karl von Holtei, der damals dramatische Vorlesungen hielt und schon berühmt war durch seine "Wiener in Berlin", stand bleich und vergrämt an der Seite des Sarges, sein Töchterchen an der Hand ...
Vierzig Jahre sind in's Meer der Ewigkeit versunken, seit ich diese rührende Leiche gesehen, -- und doch kann ich mich auch heute noch jedes Zuges des selbst im Tode so holden Antlitzes erinnern ... Es wird heute wenig mehr von Louise von Holtei gesprochen ... und doch hat man nach ihr keine lieblichere Melitta -- kein idealeres Käthchen von Heilbronn gesehen ...
in meinem Leben, denn als meine kleine einzige Schweſter in Bruchſal begraben wurde, weilte ich bei Bekannten in Karlsruhe.
In einem großen Parterrezimmer verſammelten ſich die Beileidtragenden. Louiſe von Holtei — das holde Käthchen — lag weißgekleidet da, — ſo lieblich, als ſchlummerte ſie ſüß unter dem Hollunderbaum, im Traum ihrem Ritter ihre mädchenhaft keuſche Liebe geſtehend … Schwarze geſcheitelte Haare umrahmten die edle Stirn, und lange Augenwimpern beſchatteten die Wangen, als müßten ſie ſich jeden Augenblick zu Wetter von Strahl erheben …
Und doch war das holde Käthchen von Heilbronn für immer von uns gegangen — die ſchönſten Augen Berlins ſollten ſich nie wieder öffnen … Starr lag ſie da in ihrem Sarge … O, wie das ſo eiſig an mein junges, lebensfrohes Herz griff …
Karl von Holtei, der damals dramatiſche Vorleſungen hielt und ſchon berühmt war durch ſeine »Wiener in Berlin«, ſtand bleich und vergrämt an der Seite des Sarges, ſein Töchterchen an der Hand …
Vierzig Jahre ſind in's Meer der Ewigkeit verſunken, ſeit ich dieſe rührende Leiche geſehen, — und doch kann ich mich auch heute noch jedes Zuges des ſelbſt im Tode ſo holden Antlitzes erinnern … Es wird heute wenig mehr von Louiſe von Holtei geſprochen … und doch hat man nach ihr keine lieblichere Melitta — kein idealeres Käthchen von Heilbronn geſehen …
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in meinem Leben, denn als meine kleine einzige Schweſter
in Bruchſal begraben wurde, weilte ich bei Bekannten
in Karlsruhe.
In einem großen Parterrezimmer verſammelten ſich
die Beileidtragenden. Louiſe von Holtei — das holde
Käthchen — lag weißgekleidet da, — ſo lieblich, als
ſchlummerte ſie ſüß unter dem Hollunderbaum, im Traum
ihrem Ritter ihre mädchenhaft keuſche Liebe geſtehend …
Schwarze geſcheitelte Haare umrahmten die edle Stirn,
und lange Augenwimpern beſchatteten die Wangen, als
müßten ſie ſich jeden Augenblick zu Wetter von Strahl
erheben …
Und doch war das holde Käthchen von Heilbronn
für immer von uns gegangen — die ſchönſten Augen
Berlins ſollten ſich nie wieder öffnen … Starr lag ſie
da in ihrem Sarge … O, wie das ſo eiſig an mein
junges, lebensfrohes Herz griff …
Karl von Holtei, der damals dramatiſche Vorleſungen
hielt und ſchon berühmt war durch ſeine »Wiener in
Berlin«, ſtand bleich und vergrämt an der Seite des
Sarges, ſein Töchterchen an der Hand …
Vierzig Jahre ſind in's Meer der Ewigkeit verſunken,
ſeit ich dieſe rührende Leiche geſehen, — und doch kann
ich mich auch heute noch jedes Zuges des ſelbſt im Tode
ſo holden Antlitzes erinnern … Es wird heute wenig
mehr von Louiſe von Holtei geſprochen … und doch hat
man nach ihr keine lieblichere Melitta — kein idealeres
Käthchen von Heilbronn geſehen …
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Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871, S. 120. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bauer_buehnenleben_1871/148>, abgerufen am 16.02.2025.
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