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Bastian, Adolf: Der Völkergedanke im Aufbau einer Wissenschaft vom Menschen. Berlin, 1881.

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(s. Jalkut), als präexistirend gedacht, wie der Koran. Im ur-
anfänglich Gedachten*) (to noeton apan), als topos oder
khronos, entstand das Gute und das Böse (s. Eudemos) bei
den Magiern, von (akkadischem) "Imga" (ehrwürdig) abgeleitet.
Bei Orpheus ist die Natur autopator und (wie in der Ge-
heimlehre der Inca) die Sonne in der höchsten ihrer drei
Phasen (als Quelle der Götter in der Gedankenwelt) authu-
postatos oder selbst existirend (im Neu-Platonismus), als
o basileus ton olon (bei Julian).

Im iranischen Vorstellungskreis schieben sich zwei
Schöpfungsmythen durcheinander, die eine an Gajomert an-
geknüpft, die andere an Yima, und bei der Beziehung
dieses zum Lichtreich Ormazd's (einem höheren civilisirten
Einwanderstamm angehörig), erscheint im Gegensatz Ahri-
man (dessen Repräsentant in Zohak direct wieder von
Gajomert abgeleitet wird) im Dunkel, obwohl (wie es auch
in der ihn unter den Destur verehrenden Secte, gleich denen
der Euchiten bei Psellus, ausgedrückt lag) an eingeborene
Elemente (schon in der Namensform) angeknüpft, in dem
pan to arion genos (bei Eudemos) mit den Magiern (s. Da-
mascius), wie Maui, als (dunkler) Schöpfergott (Polynesiens)
den Eingeborenen bedeutet (auf den Marquesas mit Anschluss
an Maori), und auf Tonga die Colonisten aus Bolotu ihren

keit) einen Grundsatz auf, der seit dieser Zeit der leitende der katholischen
Kirche geblieben (s. Ifland): "die Strenge des Staates muss vor der Er-
gebenheit gegen die Religion zurücktreten" (Cedat oportet censura devotioni)
und Theodosius, von dessen Kirchenbusse (der "ersten eines Kaisers"),
zeitgenössische und spätere Berichte "mit Freude und Befriedigung erzäh-
len", glänzt in den Annalen der Geschichte als der "Grosse". In der
Apoge des Staates dagegen trat an Stelle der Religion die respublica oder
to koinon, aber freilich ist im Leben jedes Staates (s. Polybius) auxesis
akme, phthisis zu erkennen, pollakis gar kai gegone kai estai barbaros
e Ellas (s. Okellos).
*) Ce n'est donc pas une parole divine, naturelle et unique, qui a cree
le monde, c'est la parole spontanee de tous les etres, c'est leur aspiration,
leur desir (Fouillee). Von den Stoikern wurde eine sumpatheia phuseos ge-
setzt, als cognatio concentus consensus naturae (s. Wachsmuth).

(s. Jalkut), als präexistirend gedacht, wie der Koran. Im ur-
anfänglich Gedachten*) (τὸ νοητὸν ἅπαν), als τόπος oder
χρόνος, entstand das Gute und das Böse (s. Eudemos) bei
den Magiern, von (akkadischem) „Imga“ (ehrwürdig) abgeleitet.
Bei Orpheus ist die Natur ἀυτοπάτωρ und (wie in der Ge-
heimlehre der Inca) die Sonne in der höchsten ihrer drei
Phasen (als Quelle der Götter in der Gedankenwelt) αὐϑυ-
πο̈́στατος oder selbst existirend (im Neu-Platonismus), als
ὁ βασιλεύς τῶν ὄλων (bei Julian).

Im iranischen Vorstellungskreis schieben sich zwei
Schöpfungsmythen durcheinander, die eine an Gajomert an-
geknüpft, die andere an Yima, und bei der Beziehung
dieses zum Lichtreich Ormazd’s (einem höheren civilisirten
Einwanderstamm angehörig), erscheint im Gegensatz Ahri-
man (dessen Repräsentant in Zohak direct wieder von
Gajomert abgeleitet wird) im Dunkel, obwohl (wie es auch
in der ihn unter den Destur verehrenden Secte, gleich denen
der Euchiten bei Psellus, ausgedrückt lag) an eingeborene
Elemente (schon in der Namensform) angeknüpft, in dem
πᾶν τὸ ἄριον γένος (bei Eudemos) mit den Magiern (s. Da-
mascius), wie Maui, als (dunkler) Schöpfergott (Polynesiens)
den Eingeborenen bedeutet (auf den Marquesas mit Anschluss
an Maori), und auf Tonga die Colonisten aus Bolotu ihren

keit) einen Grundsatz auf, der seit dieser Zeit der leitende der katholischen
Kirche geblieben (s. Ifland): „die Strenge des Staates muss vor der Er-
gebenheit gegen die Religion zurücktreten“ (Cedat oportet censura devotioni)
und Theodosius, von dessen Kirchenbusse (der „ersten eines Kaisers“),
zeitgenössische und spätere Berichte „mit Freude und Befriedigung erzäh-
len“, glänzt in den Annalen der Geschichte als der „Grosse“. In der
Apoge des Staates dagegen trat an Stelle der Religion die respublica oder
τό κοινόν, aber freilich ist im Leben jedes Staates (s. Polybius) ἄυξησις
ἀκμή, φϑίσις zu erkennen, πολλὰκις γὰρ καὶ γέγονε καί έσται βάρβαρος
ἡ Ἑλλάς (s. Okellos).
*) Ce n’est donc pas une parole divine, naturelle et unique, qui a créé
le monde, c’est la parole spontanée de tous les êtres, c’est leur aspiration,
leur désir (Fouillée). Von den Stoikern wurde eine συμπαϑεια φυσεως ge-
setzt, als cognatio concentus consensus naturae (s. Wachsmuth).
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[57/0091] (s. Jalkut), als präexistirend gedacht, wie der Koran. Im ur- anfänglich Gedachten *) (τὸ νοητὸν ἅπαν), als τόπος oder χρόνος, entstand das Gute und das Böse (s. Eudemos) bei den Magiern, von (akkadischem) „Imga“ (ehrwürdig) abgeleitet. Bei Orpheus ist die Natur ἀυτοπάτωρ und (wie in der Ge- heimlehre der Inca) die Sonne in der höchsten ihrer drei Phasen (als Quelle der Götter in der Gedankenwelt) αὐϑυ- πο̈́στατος oder selbst existirend (im Neu-Platonismus), als ὁ βασιλεύς τῶν ὄλων (bei Julian). Im iranischen Vorstellungskreis schieben sich zwei Schöpfungsmythen durcheinander, die eine an Gajomert an- geknüpft, die andere an Yima, und bei der Beziehung dieses zum Lichtreich Ormazd’s (einem höheren civilisirten Einwanderstamm angehörig), erscheint im Gegensatz Ahri- man (dessen Repräsentant in Zohak direct wieder von Gajomert abgeleitet wird) im Dunkel, obwohl (wie es auch in der ihn unter den Destur verehrenden Secte, gleich denen der Euchiten bei Psellus, ausgedrückt lag) an eingeborene Elemente (schon in der Namensform) angeknüpft, in dem πᾶν τὸ ἄριον γένος (bei Eudemos) mit den Magiern (s. Da- mascius), wie Maui, als (dunkler) Schöpfergott (Polynesiens) den Eingeborenen bedeutet (auf den Marquesas mit Anschluss an Maori), und auf Tonga die Colonisten aus Bolotu ihren **) *) Ce n’est donc pas une parole divine, naturelle et unique, qui a créé le monde, c’est la parole spontanée de tous les êtres, c’est leur aspiration, leur désir (Fouillée). Von den Stoikern wurde eine συμπαϑεια φυσεως ge- setzt, als cognatio concentus consensus naturae (s. Wachsmuth). **) keit) einen Grundsatz auf, der seit dieser Zeit der leitende der katholischen Kirche geblieben (s. Ifland): „die Strenge des Staates muss vor der Er- gebenheit gegen die Religion zurücktreten“ (Cedat oportet censura devotioni) und Theodosius, von dessen Kirchenbusse (der „ersten eines Kaisers“), zeitgenössische und spätere Berichte „mit Freude und Befriedigung erzäh- len“, glänzt in den Annalen der Geschichte als der „Grosse“. In der Apoge des Staates dagegen trat an Stelle der Religion die respublica oder τό κοινόν, aber freilich ist im Leben jedes Staates (s. Polybius) ἄυξησις ἀκμή, φϑίσις zu erkennen, πολλὰκις γὰρ καὶ γέγονε καί έσται βάρβαρος ἡ Ἑλλάς (s. Okellos).

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Zitationshilfe: Bastian, Adolf: Der Völkergedanke im Aufbau einer Wissenschaft vom Menschen. Berlin, 1881, S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bastian_voelkergedanke_1881/91>, abgerufen am 26.11.2024.