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Bastian, Adolf: Der Völkergedanke im Aufbau einer Wissenschaft vom Menschen. Berlin, 1881.

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der Fijier gebärendem) Mond, das Sinnbild des Fortlebens bei
Eskimo und Hottentotten, die "dem Mond, als ihrem sichtbaren
Gott Ehre anthun" und "in Betrachtung ihres Eyffer's, den sie
darbey spühren lassen, viele Millionen Christen beschämen", sagt
Magister Peter Kolb. Und so der Reden gar viele.


Als manche der im Vorgegangenen behandelten Gesichtspunkte zusam-
menfassend, folgt hier ein am Geographentage*) Berlin's gehaltener Vortrag:


*) Die hiermit eingeleiteten Versammlungen gehen auf das Stiftungsfest
der Gesellschaft für Erdkunde zurück, wo die Erweiterung des in der afrika-
nischen Gesellschaft geschlossenen Vereines zu einer allgemein geographischen
in Anregung kam in einer (an das in der Eröffnungsrede entrollte Bild der
Zeitgeschichte aus 50jährigem Bestande angeschlossenen) Ansprache:
"Wir stehen hier (wie es von unserem Vorsitzenden ausgeführt), inner-
halb einer naturgemäss organischen Entwickelung, die im Kleinen nur, im
engeren Maassstab gewissermaassen, dasjenige reflectirt, was in grossen und
mächtigen Umrissen, in deutlich lesbaren Schriftzügen an dem Gesichtskreis
unserer Gegenwart abgezeichnet steht.
Diese Gegenwart, in der uns so manche der von altersher lieb gewordenen
Ideale verloren gegangen sind, sie hat uns dagegen mit einer neuen Hoffnung
beschenkt, hat eine Hoffnung eröffnet, schöner und dauernderer, als je eine
andere: mit der grossen Zukunft, die sich unserm Volke zu eröffnen beginnt.
Wunderbar drängt es zu Blüthen ringsum in der Fülle der Zeit, denn wie
in allen Schöpfungen der Natur walten ewig' unabänderliche Gesetze auch in
der Geschichte, in der wir leben, weben und sind, -- in jener Geschichte, die,
wenn die Zeit der Reife gekommen ist, die langverheissenen Männer der That,
die in dankbaren Huldigungen verehrten Heroen der Mitwelt, ins Dasein ruft,
und in ihren unsterblichen Namen das bisher umdüsternde Gewölk in strahlenden
Leitungssternen durchbricht.
Als jener glänzende Morgen tagte, als der sehnlichst begrüsste Hoffnungs-
schein nationaler Einigung an dem Horizonte unseres Volkes heraufzog, als wir
geeinigt standen, ein Volk der Brüder, da verbrüderten sich auch die geo-
graphischen Vereine Deutschlands und aus der früheren Zersplitterung wuchs
eine gemeinsame Gesellschaft hervor. Diese Eine und gemeinsame Gesellschaft,
die Frucht des geeinigten Vaterlandes, sie tragen fortan den Namen einer
geographischen Gesellschaft Deutschlands. So vereinigt werden wir dann im
internationalen Verbande wirken, zusammen unter den grossen Gesellschaften
Europas, denen Frankreichs, Englands, Russlands und den neuerdings hinzu-
getretenen von den verschiedenen Ländern".
Von dem, was die demgemäss Versammelten zu pflanzen suchten, zeigen
sich jetzt erst Sprossen, die vielleicht noch zu ihrer vollen Tragweite auswachsen
werden, um auf der allgemein umfassenden Grundlage der Geographie dann im
Besondern auch der Ethnologie zu Gute zu kommen, gefördert durch derartige
Organisationen, wie sie Leibnitz' umfassender Blick für die vergleichende Lin-
guistik vorbereitete, (die wichtigste Hülfswissenschaft der Ethnologie). Hierfür
wird der erste Neubau eines Museums für Ethnologie den natürlichen Mittelpunkt
bieten. Zunächst war die Energie zu concentriren auf die Ausentdeckung des
noch völlig Unbekannten (wie in Afrika), zur Einordnung; dann ist der allge-
meine Ueberblick zu fördern.

der Fijier gebärendem) Mond, das Sinnbild des Fortlebens bei
Eskimo und Hottentotten, die „dem Mond, als ihrem sichtbaren
Gott Ehre anthun“ und „in Betrachtung ihres Eyffer’s, den sie
darbey spühren lassen, viele Millionen Christen beschämen“, sagt
Magister Peter Kolb. Und so der Reden gar viele.


Als manche der im Vorgegangenen behandelten Gesichtspunkte zusam-
menfassend, folgt hier ein am Geographentage*) Berlin’s gehaltener Vortrag:


*) Die hiermit eingeleiteten Versammlungen gehen auf das Stiftungsfest
der Gesellschaft für Erdkunde zurück, wo die Erweiterung des in der afrika-
nischen Gesellschaft geschlossenen Vereines zu einer allgemein geographischen
in Anregung kam in einer (an das in der Eröffnungsrede entrollte Bild der
Zeitgeschichte aus 50jährigem Bestande angeschlossenen) Ansprache:
„Wir stehen hier (wie es von unserem Vorsitzenden ausgeführt), inner-
halb einer naturgemäss organischen Entwickelung, die im Kleinen nur, im
engeren Maassstab gewissermaassen, dasjenige reflectirt, was in grossen und
mächtigen Umrissen, in deutlich lesbaren Schriftzügen an dem Gesichtskreis
unserer Gegenwart abgezeichnet steht.
Diese Gegenwart, in der uns so manche der von altersher lieb gewordenen
Ideale verloren gegangen sind, sie hat uns dagegen mit einer neuen Hoffnung
beschenkt, hat eine Hoffnung eröffnet, schöner und dauernderer, als je eine
andere: mit der grossen Zukunft, die sich unserm Volke zu eröffnen beginnt.
Wunderbar drängt es zu Blüthen ringsum in der Fülle der Zeit, denn wie
in allen Schöpfungen der Natur walten ewig’ unabänderliche Gesetze auch in
der Geschichte, in der wir leben, weben und sind, — in jener Geschichte, die,
wenn die Zeit der Reife gekommen ist, die langverheissenen Männer der That,
die in dankbaren Huldigungen verehrten Heroen der Mitwelt, ins Dasein ruft,
und in ihren unsterblichen Namen das bisher umdüsternde Gewölk in strahlenden
Leitungssternen durchbricht.
Als jener glänzende Morgen tagte, als der sehnlichst begrüsste Hoffnungs-
schein nationaler Einigung an dem Horizonte unseres Volkes heraufzog, als wir
geeinigt standen, ein Volk der Brüder, da verbrüderten sich auch die geo-
graphischen Vereine Deutschlands und aus der früheren Zersplitterung wuchs
eine gemeinsame Gesellschaft hervor. Diese Eine und gemeinsame Gesellschaft,
die Frucht des geeinigten Vaterlandes, sie tragen fortan den Namen einer
geographischen Gesellschaft Deutschlands. So vereinigt werden wir dann im
internationalen Verbande wirken, zusammen unter den grossen Gesellschaften
Europas, denen Frankreichs, Englands, Russlands und den neuerdings hinzu-
getretenen von den verschiedenen Ländern“.
Von dem, was die demgemäss Versammelten zu pflanzen suchten, zeigen
sich jetzt erst Sprossen, die vielleicht noch zu ihrer vollen Tragweite auswachsen
werden, um auf der allgemein umfassenden Grundlage der Geographie dann im
Besondern auch der Ethnologie zu Gute zu kommen, gefördert durch derartige
Organisationen, wie sie Leibnitz’ umfassender Blick für die vergleichende Lin-
guistik vorbereitete, (die wichtigste Hülfswissenschaft der Ethnologie). Hierfür
wird der erste Neubau eines Museums für Ethnologie den natürlichen Mittelpunkt
bieten. Zunächst war die Energie zu concentriren auf die Ausentdeckung des
noch völlig Unbekannten (wie in Afrika), zur Einordnung; dann ist der allge-
meine Ueberblick zu fördern.
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[168/0202] der Fijier gebärendem) Mond, das Sinnbild des Fortlebens bei Eskimo und Hottentotten, die „dem Mond, als ihrem sichtbaren Gott Ehre anthun“ und „in Betrachtung ihres Eyffer’s, den sie darbey spühren lassen, viele Millionen Christen beschämen“, sagt Magister Peter Kolb. Und so der Reden gar viele. Als manche der im Vorgegangenen behandelten Gesichtspunkte zusam- menfassend, folgt hier ein am Geographentage *) Berlin’s gehaltener Vortrag: *) Die hiermit eingeleiteten Versammlungen gehen auf das Stiftungsfest der Gesellschaft für Erdkunde zurück, wo die Erweiterung des in der afrika- nischen Gesellschaft geschlossenen Vereines zu einer allgemein geographischen in Anregung kam in einer (an das in der Eröffnungsrede entrollte Bild der Zeitgeschichte aus 50jährigem Bestande angeschlossenen) Ansprache: „Wir stehen hier (wie es von unserem Vorsitzenden ausgeführt), inner- halb einer naturgemäss organischen Entwickelung, die im Kleinen nur, im engeren Maassstab gewissermaassen, dasjenige reflectirt, was in grossen und mächtigen Umrissen, in deutlich lesbaren Schriftzügen an dem Gesichtskreis unserer Gegenwart abgezeichnet steht. Diese Gegenwart, in der uns so manche der von altersher lieb gewordenen Ideale verloren gegangen sind, sie hat uns dagegen mit einer neuen Hoffnung beschenkt, hat eine Hoffnung eröffnet, schöner und dauernderer, als je eine andere: mit der grossen Zukunft, die sich unserm Volke zu eröffnen beginnt. Wunderbar drängt es zu Blüthen ringsum in der Fülle der Zeit, denn wie in allen Schöpfungen der Natur walten ewig’ unabänderliche Gesetze auch in der Geschichte, in der wir leben, weben und sind, — in jener Geschichte, die, wenn die Zeit der Reife gekommen ist, die langverheissenen Männer der That, die in dankbaren Huldigungen verehrten Heroen der Mitwelt, ins Dasein ruft, und in ihren unsterblichen Namen das bisher umdüsternde Gewölk in strahlenden Leitungssternen durchbricht. Als jener glänzende Morgen tagte, als der sehnlichst begrüsste Hoffnungs- schein nationaler Einigung an dem Horizonte unseres Volkes heraufzog, als wir geeinigt standen, ein Volk der Brüder, da verbrüderten sich auch die geo- graphischen Vereine Deutschlands und aus der früheren Zersplitterung wuchs eine gemeinsame Gesellschaft hervor. Diese Eine und gemeinsame Gesellschaft, die Frucht des geeinigten Vaterlandes, sie tragen fortan den Namen einer geographischen Gesellschaft Deutschlands. So vereinigt werden wir dann im internationalen Verbande wirken, zusammen unter den grossen Gesellschaften Europas, denen Frankreichs, Englands, Russlands und den neuerdings hinzu- getretenen von den verschiedenen Ländern“. Von dem, was die demgemäss Versammelten zu pflanzen suchten, zeigen sich jetzt erst Sprossen, die vielleicht noch zu ihrer vollen Tragweite auswachsen werden, um auf der allgemein umfassenden Grundlage der Geographie dann im Besondern auch der Ethnologie zu Gute zu kommen, gefördert durch derartige Organisationen, wie sie Leibnitz’ umfassender Blick für die vergleichende Lin- guistik vorbereitete, (die wichtigste Hülfswissenschaft der Ethnologie). Hierfür wird der erste Neubau eines Museums für Ethnologie den natürlichen Mittelpunkt bieten. Zunächst war die Energie zu concentriren auf die Ausentdeckung des noch völlig Unbekannten (wie in Afrika), zur Einordnung; dann ist der allge- meine Ueberblick zu fördern.

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Zitationshilfe: Bastian, Adolf: Der Völkergedanke im Aufbau einer Wissenschaft vom Menschen. Berlin, 1881, S. 168. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bastian_voelkergedanke_1881/202>, abgerufen am 27.05.2024.