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Bastian, Adolf: Der Völkergedanke im Aufbau einer Wissenschaft vom Menschen. Berlin, 1881.

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nach einem vorherbedachten Plane angelegt und unternom-
men werden konnte, sondern nur eine successive und allmälig
zu vervollständigen sein konnte, unter entschiedener (oft genug
in der Entsagung schwerer) Rückweisung aller der in dem
Aufspringen überraschendster Parallelen lockenden Verfüh-
rungen zu schillernd blendenden Schlussfolgerungen, die indess
als unreife, oder jedenfalls allzu frühreife, in die gesunde
Entfaltung der Keime, später vielleicht unheilbare, Verirrun-
gen gelegt haben würden.

Besser deshalb vorläufige Verwirrung in dem objectiven
Material, das sich jeder Zeit, wenn die rechte Zeit gekom-
men, methodisch zurecht schieben lässt, als eine Verwirrung*)
in subjectiven Ansichten, die sich oft genug um so mehr
verwirren, je mehr (wenn ein Gefühl davon auftaucht) man
sie zu entwirren bemüht ist. Auch konnte ohnedem am Be-
ginn der Forschungen um so weniger an Ordnung und
Feilung gedacht werden, weil bei dem raschen Verschwinden

ad absurdum zu führen, die daraus resultirenden Absurditäten in eigene
Schuhe geschoben werden, so musste dagegen besonders auf dem Gebiete
der Wortähnlichkeit appellirt werden, um nicht in die Klasse jener wüsten
Etymologienspinner zu fallen, die sich die Ethnologie, um ihre Gesundheit
zu wahren, vor Allen vom Leibe zu halten hat.
*) Die ganze philosophische Bewegung dreht sich seit unvordenklicher
Zeit um die Begriffe von Grund und Folge, Sein und Werden, Geist und
Materie, Zeit und Raum, Absolut und Relativ (Substanz und Accidenz),
Freiheit und Nothwendigkeit, Gott und Welt u. s. w., und alle Abweichun-
gen der philosophischen Systeme drehen sich nur um die Art und Weise,
wie diese wenigen Begriffe und Namen geordnet und zusammengestellt
werden, um mittelst des daraus entstandenen, einheitlichen Ganzen die
Fülle der gegebenen Verhältnisse zu einer erklärenden Weltanschauung zu
verbinden. Daraus verliert sich aber auch die Gradlinigkeit der gedanken-
mässigen Fortschrittsbewegung gerade auf dem speculativen Gebiete und
macht hier den bedenklichsten Schwankungen Platz, weil alle philosophi-
sche Speculation es mit Denkgebilden zu thun hat, deren Zusammenhang
mit dem eststehenden Begriffe des gewöhnlichen Nachdenkens kaum mehr ein
nothwendiger ist, bezüglich deren also eine Uebereinstimmung der Gedanken
bei verschiedenen Menschen nicht leicht erzielt werden kann" (s. Lindner),
bei "fehlerloser Aeusserung der logischen Gesetzlichkeit" (nach Mühry).
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nach einem vorherbedachten Plane angelegt und unternom-
men werden konnte, sondern nur eine successive und allmälig
zu vervollständigen sein konnte, unter entschiedener (oft genug
in der Entsagung schwerer) Rückweisung aller der in dem
Aufspringen überraschendster Parallelen lockenden Verfüh-
rungen zu schillernd blendenden Schlussfolgerungen, die indess
als unreife, oder jedenfalls allzu frühreife, in die gesunde
Entfaltung der Keime, später vielleicht unheilbare, Verirrun-
gen gelegt haben würden.

Besser deshalb vorläufige Verwirrung in dem objectiven
Material, das sich jeder Zeit, wenn die rechte Zeit gekom-
men, methodisch zurecht schieben lässt, als eine Verwirrung*)
in subjectiven Ansichten, die sich oft genug um so mehr
verwirren, je mehr (wenn ein Gefühl davon auftaucht) man
sie zu entwirren bemüht ist. Auch konnte ohnedem am Be-
ginn der Forschungen um so weniger an Ordnung und
Feilung gedacht werden, weil bei dem raschen Verschwinden

ad absurdum zu führen, die daraus resultirenden Absurditäten in eigene
Schuhe geschoben werden, so musste dagegen besonders auf dem Gebiete
der Wortähnlichkeit appellirt werden, um nicht in die Klasse jener wüsten
Etymologienspinner zu fallen, die sich die Ethnologie, um ihre Gesundheit
zu wahren, vor Allen vom Leibe zu halten hat.
*) Die ganze philosophische Bewegung dreht sich seit unvordenklicher
Zeit um die Begriffe von Grund und Folge, Sein und Werden, Geist und
Materie, Zeit und Raum, Absolut und Relativ (Substanz und Accidenz),
Freiheit und Nothwendigkeit, Gott und Welt u. s. w., und alle Abweichun-
gen der philosophischen Systeme drehen sich nur um die Art und Weise,
wie diese wenigen Begriffe und Namen geordnet und zusammengestellt
werden, um mittelst des daraus entstandenen, einheitlichen Ganzen die
Fülle der gegebenen Verhältnisse zu einer erklärenden Weltanschauung zu
verbinden. Daraus verliert sich aber auch die Gradlinigkeit der gedanken-
mässigen Fortschrittsbewegung gerade auf dem speculativen Gebiete und
macht hier den bedenklichsten Schwankungen Platz, weil alle philosophi-
sche Speculation es mit Denkgebilden zu thun hat, deren Zusammenhang
mit dem eststehenden Begriffe des gewöhnlichen Nachdenkens kaum mehr ein
nothwendiger ist, bezüglich deren also eine Uebereinstimmung der Gedanken
bei verschiedenen Menschen nicht leicht erzielt werden kann“ (s. Lindner),
bei „fehlerloser Aeusserung der logischen Gesetzlichkeit“ (nach Mühry).
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[83/0117] nach einem vorherbedachten Plane angelegt und unternom- men werden konnte, sondern nur eine successive und allmälig zu vervollständigen sein konnte, unter entschiedener (oft genug in der Entsagung schwerer) Rückweisung aller der in dem Aufspringen überraschendster Parallelen lockenden Verfüh- rungen zu schillernd blendenden Schlussfolgerungen, die indess als unreife, oder jedenfalls allzu frühreife, in die gesunde Entfaltung der Keime, später vielleicht unheilbare, Verirrun- gen gelegt haben würden. Besser deshalb vorläufige Verwirrung in dem objectiven Material, das sich jeder Zeit, wenn die rechte Zeit gekom- men, methodisch zurecht schieben lässt, als eine Verwirrung *) in subjectiven Ansichten, die sich oft genug um so mehr verwirren, je mehr (wenn ein Gefühl davon auftaucht) man sie zu entwirren bemüht ist. Auch konnte ohnedem am Be- ginn der Forschungen um so weniger an Ordnung und Feilung gedacht werden, weil bei dem raschen Verschwinden **) *) Die ganze philosophische Bewegung dreht sich seit unvordenklicher Zeit um die Begriffe von Grund und Folge, Sein und Werden, Geist und Materie, Zeit und Raum, Absolut und Relativ (Substanz und Accidenz), Freiheit und Nothwendigkeit, Gott und Welt u. s. w., und alle Abweichun- gen der philosophischen Systeme drehen sich nur um die Art und Weise, wie diese wenigen Begriffe und Namen geordnet und zusammengestellt werden, um mittelst des daraus entstandenen, einheitlichen Ganzen die Fülle der gegebenen Verhältnisse zu einer erklärenden Weltanschauung zu verbinden. Daraus verliert sich aber auch die Gradlinigkeit der gedanken- mässigen Fortschrittsbewegung gerade auf dem speculativen Gebiete und macht hier den bedenklichsten Schwankungen Platz, weil alle philosophi- sche Speculation es mit Denkgebilden zu thun hat, deren Zusammenhang mit dem eststehenden Begriffe des gewöhnlichen Nachdenkens kaum mehr ein nothwendiger ist, bezüglich deren also eine Uebereinstimmung der Gedanken bei verschiedenen Menschen nicht leicht erzielt werden kann“ (s. Lindner), bei „fehlerloser Aeusserung der logischen Gesetzlichkeit“ (nach Mühry). **) ad absurdum zu führen, die daraus resultirenden Absurditäten in eigene Schuhe geschoben werden, so musste dagegen besonders auf dem Gebiete der Wortähnlichkeit appellirt werden, um nicht in die Klasse jener wüsten Etymologienspinner zu fallen, die sich die Ethnologie, um ihre Gesundheit zu wahren, vor Allen vom Leibe zu halten hat. 6*

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Zitationshilfe: Bastian, Adolf: Der Völkergedanke im Aufbau einer Wissenschaft vom Menschen. Berlin, 1881, S. 83. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bastian_voelkergedanke_1881/117>, abgerufen am 24.11.2024.