Der Krieg ist eine traurige aber gewöhnliche Folge des Streites über das Recht der Staaten gegen einander, oder derer durch die Nachrichten und Räthe veranlaßten Begierden und Jrrthümer der Majestäten.
Der Unterthan soll nicht seinem eignen Urtheile folgen; sondern gehorchen. Also muß man auch dem Befehle zum Kriege folgen, wenn er gleich für unnöthig, und folglich für unrecht gehal- ten wird. Ueberdieses würde die Weigerung nichts helfen, und wider das geschehene Versprechen der Soldaten seyn.
Aber man muß im Kriege niemanden einen grössern Schaden zufügen, als die Obrigkeit gebo- ten hat. Denn weiter von der Ausübung der allgemeinen Menschenliebe abzuweichen, hat man selbst im Kriege keinen gültigen Bewegungsgrund.
§. 26.
Hüte dich, mein Sohn, mit der äussersten Sorgfalt vor den groben Verbrechen. Denn, ausser daß sie gemein-schädlich und lasterhaft sind, unterwerfen sie dich noch der Strafe oder der Angst vor derselben.
Gehorche allezeit mit Genauigkeit den Gesetzen deines Vaterlandes, so beschwerlich sie dir auch seyn mögen. Denn die meisten sind auch
ohne
Die Sittenlehre
Der Krieg iſt eine traurige aber gewoͤhnliche Folge des Streites uͤber das Recht der Staaten gegen einander, oder derer durch die Nachrichten und Raͤthe veranlaßten Begierden und Jrrthuͤmer der Majeſtaͤten.
Der Unterthan ſoll nicht ſeinem eignen Urtheile folgen; ſondern gehorchen. Alſo muß man auch dem Befehle zum Kriege folgen, wenn er gleich fuͤr unnoͤthig, und folglich fuͤr unrecht gehal- ten wird. Ueberdieſes wuͤrde die Weigerung nichts helfen, und wider das geſchehene Verſprechen der Soldaten ſeyn.
Aber man muß im Kriege niemanden einen groͤſſern Schaden zufuͤgen, als die Obrigkeit gebo- ten hat. Denn weiter von der Ausuͤbung der allgemeinen Menſchenliebe abzuweichen, hat man ſelbſt im Kriege keinen guͤltigen Bewegungsgrund.
§. 26.
Huͤte dich, mein Sohn, mit der aͤuſſerſten Sorgfalt vor den groben Verbrechen. Denn, auſſer daß ſie gemein-ſchaͤdlich und laſterhaft ſind, unterwerfen ſie dich noch der Strafe oder der Angſt vor derſelben.
Gehorche allezeit mit Genauigkeit den Geſetzen deines Vaterlandes, ſo beſchwerlich ſie dir auch ſeyn moͤgen. Denn die meiſten ſind auch
ohne
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0068"n="44"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Die Sittenlehre</hi></fw><lb/><p>Der Krieg iſt eine traurige aber gewoͤhnliche<lb/>
Folge des Streites uͤber das Recht der Staaten<lb/>
gegen einander, oder derer durch die Nachrichten<lb/>
und Raͤthe veranlaßten Begierden und Jrrthuͤmer<lb/>
der Majeſtaͤten.</p><lb/><p>Der Unterthan ſoll nicht ſeinem eignen Urtheile<lb/>
folgen; ſondern gehorchen. Alſo muß man auch<lb/>
dem <hirendition="#fr">Befehle zum Kriege folgen,</hi> wenn er<lb/>
gleich fuͤr unnoͤthig, und folglich fuͤr unrecht gehal-<lb/>
ten wird. Ueberdieſes wuͤrde die Weigerung nichts<lb/>
helfen, und wider das geſchehene Verſprechen der<lb/>
Soldaten ſeyn.</p><lb/><p>Aber man muß im Kriege niemanden einen<lb/>
groͤſſern Schaden zufuͤgen, als die Obrigkeit gebo-<lb/>
ten hat. Denn weiter von der Ausuͤbung der<lb/>
allgemeinen Menſchenliebe abzuweichen, hat man<lb/>ſelbſt im Kriege keinen guͤltigen Bewegungsgrund.</p></div><lb/><divn="2"><head>§. 26.</head><lb/><p>Huͤte dich, mein Sohn, mit der aͤuſſerſten<lb/>
Sorgfalt vor den groben Verbrechen. Denn,<lb/>
auſſer daß ſie gemein-ſchaͤdlich und laſterhaft ſind,<lb/>
unterwerfen ſie dich noch der Strafe oder der<lb/>
Angſt vor derſelben.</p><lb/><p><hirendition="#fr">Gehorche allezeit mit Genauigkeit den<lb/>
Geſetzen deines Vaterlandes,</hi>ſo beſchwerlich ſie<lb/>
dir auch ſeyn moͤgen. Denn die meiſten ſind auch<lb/><fwplace="bottom"type="catch">ohne</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[44/0068]
Die Sittenlehre
Der Krieg iſt eine traurige aber gewoͤhnliche
Folge des Streites uͤber das Recht der Staaten
gegen einander, oder derer durch die Nachrichten
und Raͤthe veranlaßten Begierden und Jrrthuͤmer
der Majeſtaͤten.
Der Unterthan ſoll nicht ſeinem eignen Urtheile
folgen; ſondern gehorchen. Alſo muß man auch
dem Befehle zum Kriege folgen, wenn er
gleich fuͤr unnoͤthig, und folglich fuͤr unrecht gehal-
ten wird. Ueberdieſes wuͤrde die Weigerung nichts
helfen, und wider das geſchehene Verſprechen der
Soldaten ſeyn.
Aber man muß im Kriege niemanden einen
groͤſſern Schaden zufuͤgen, als die Obrigkeit gebo-
ten hat. Denn weiter von der Ausuͤbung der
allgemeinen Menſchenliebe abzuweichen, hat man
ſelbſt im Kriege keinen guͤltigen Bewegungsgrund.
§. 26.
Huͤte dich, mein Sohn, mit der aͤuſſerſten
Sorgfalt vor den groben Verbrechen. Denn,
auſſer daß ſie gemein-ſchaͤdlich und laſterhaft ſind,
unterwerfen ſie dich noch der Strafe oder der
Angſt vor derſelben.
Gehorche allezeit mit Genauigkeit den
Geſetzen deines Vaterlandes, ſo beſchwerlich ſie
dir auch ſeyn moͤgen. Denn die meiſten ſind auch
ohne
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Basedow, Johann Bernhard: Die ganze Natürliche Weisheit im Privatstande der gesitteten Bürger. Halle (Saale) u. a., [1768], S. 44. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/basedow_weisheit_1768/68>, abgerufen am 29.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.