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Basedow, Johann Bernhard: Die ganze Natürliche Weisheit im Privatstande der gesitteten Bürger. Halle (Saale) u. a., [1768].

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Eignes Nachdenken

Wenn wir menschliche Körper ersterben oder
erstorben sehn; so können wir keine Verändrung
an ihrer unsichtbaren Seele vernehmen. Also
können wir nicht schliessen, daß ihre Seele als-
dann sterbe oder todt sey. Das Leben der
menschlichen Seele oder Person nach dem
Tode des Menschen, ist also nicht für un-
möglich zu halten.

Wer so nachdenkt, daß er sich das Leben der
Seele nach dem menschlichen Tode vorstellt, der
wünscht, nach dem Tode fortzuleben, und zwar
unaufhörlich fortzuleben, wenn er nur kein Ueber-
gewicht der Unglückseligkeit fürchtet. Das nicht
unmögliche Leben der Seele nach dem
Tode, wenn das Böse in demselben kein
Uebergewicht hat, gehört also zu den
Wünschen einer nachdenkenden Seele.

II.
Eignes Nachdenken über Gott und
seine Eigenschaften.
§. 6.

OSeele, die du ein unaufhörliches glückseliges
Leben verlangest, forsche nach, ob du nicht
etwa unsterblich seyst, unvergängliche Glückselig-

keit
Eignes Nachdenken

Wenn wir menſchliche Koͤrper erſterben oder
erſtorben ſehn; ſo koͤnnen wir keine Veraͤndrung
an ihrer unſichtbaren Seele vernehmen. Alſo
koͤnnen wir nicht ſchlieſſen, daß ihre Seele als-
dann ſterbe oder todt ſey. Das Leben der
menſchlichen Seele oder Perſon nach dem
Tode des Menſchen, iſt alſo nicht für un-
möglich zu halten.

Wer ſo nachdenkt, daß er ſich das Leben der
Seele nach dem menſchlichen Tode vorſtellt, der
wuͤnſcht, nach dem Tode fortzuleben, und zwar
unaufhoͤrlich fortzuleben, wenn er nur kein Ueber-
gewicht der Ungluͤckſeligkeit fuͤrchtet. Das nicht
unmögliche Leben der Seele nach dem
Tode, wenn das Böſe in demſelben kein
Uebergewicht hat, gehört alſo zu den
Wünſchen einer nachdenkenden Seele.

II.
Eignes Nachdenken uͤber Gott und
ſeine Eigenſchaften.
§. 6.

OSeele, die du ein unaufhoͤrliches gluͤckſeliges
Leben verlangeſt, forſche nach, ob du nicht
etwa unſterblich ſeyſt, unvergaͤngliche Gluͤckſelig-

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[6/0030] Eignes Nachdenken Wenn wir menſchliche Koͤrper erſterben oder erſtorben ſehn; ſo koͤnnen wir keine Veraͤndrung an ihrer unſichtbaren Seele vernehmen. Alſo koͤnnen wir nicht ſchlieſſen, daß ihre Seele als- dann ſterbe oder todt ſey. Das Leben der menſchlichen Seele oder Perſon nach dem Tode des Menſchen, iſt alſo nicht für un- möglich zu halten. Wer ſo nachdenkt, daß er ſich das Leben der Seele nach dem menſchlichen Tode vorſtellt, der wuͤnſcht, nach dem Tode fortzuleben, und zwar unaufhoͤrlich fortzuleben, wenn er nur kein Ueber- gewicht der Ungluͤckſeligkeit fuͤrchtet. Das nicht unmögliche Leben der Seele nach dem Tode, wenn das Böſe in demſelben kein Uebergewicht hat, gehört alſo zu den Wünſchen einer nachdenkenden Seele. II. Eignes Nachdenken uͤber Gott und ſeine Eigenſchaften. §. 6. OSeele, die du ein unaufhoͤrliches gluͤckſeliges Leben verlangeſt, forſche nach, ob du nicht etwa unſterblich ſeyſt, unvergaͤngliche Gluͤckſelig- keit

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Zitationshilfe: Basedow, Johann Bernhard: Die ganze Natürliche Weisheit im Privatstande der gesitteten Bürger. Halle (Saale) u. a., [1768], S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/basedow_weisheit_1768/30>, abgerufen am 22.11.2024.