Basedow, Johann Bernhard: Die ganze Natürliche Weisheit im Privatstande der gesitteten Bürger. Halle (Saale) u. a., [1768].Uebungen des Verstandes, also wird auch die Sanftmuth von Gott geboten.-- Einige Fürsten sind neidisch; ein jeder Neidi- scher empfindet oft Traurigkeit; ein jeder, der oft Traurigkeit empfindet, ist nicht vorzüglich glück- selig. Also sind einige Fürsten u. s. w. -- Unsre Feinde sind Menschen, keines Menschen Glückse- ligkeit darf uns gleichgültig seyn; wessen Glückse- ligkeit uns nicht gleichgültig seyn darf, den müssen wir lieben; also müssen wir unsre Feinde lieben. Dieser Schluß kann heissen von der Art eines Dinges. Anmerkung. Einige Beschaffenheiten der Dinge sind einander so entgegengesetzt, daß niemals dieselbe Sache in eben derselben Zeit beyde Beschaffenheiten haben kann. z. E. Ein Mensch kann nicht zu gleicher Zeit ein liebreiches Wesen und auch Rachbegierde haben. 5) Wenn zwey Dinge entgegengesetzte Be- schaffenheiten haben; so folgert man, daß sie nicht dieselben sind. z. E. Menanders Braut ist sehr schön, Clelia aber sehr häßlich, also ist sie nicht seine Braut. Und wenn unter solchen Dingen, welche entgegengesetzte Beschaffenheiten haben, eines eine ganze Art der Dinge ist, so folgert man, daß das andre gar nicht zu dieser Art gehöre. z. E. Alle Gelehrte können lesen, Cajus aber nicht, also ist
Uebungen des Verſtandes, alſo wird auch die Sanftmuth von Gott geboten.— Einige Fuͤrſten ſind neidiſch; ein jeder Neidi- ſcher empfindet oft Traurigkeit; ein jeder, der oft Traurigkeit empfindet, iſt nicht vorzuͤglich gluͤck- ſelig. Alſo ſind einige Fuͤrſten u. ſ. w. — Unſre Feinde ſind Menſchen, keines Menſchen Gluͤckſe- ligkeit darf uns gleichguͤltig ſeyn; weſſen Gluͤckſe- ligkeit uns nicht gleichguͤltig ſeyn darf, den muͤſſen wir lieben; alſo muͤſſen wir unſre Feinde lieben. Dieſer Schluß kann heiſſen von der Art eines Dinges. Anmerkung. Einige Beſchaffenheiten der Dinge ſind einander ſo entgegengeſetzt, daß niemals dieſelbe Sache in eben derſelben Zeit beyde Beſchaffenheiten haben kann. z. E. Ein Menſch kann nicht zu gleicher Zeit ein liebreiches Weſen und auch Rachbegierde haben. 5) Wenn zwey Dinge entgegengeſetzte Be- ſchaffenheiten haben; ſo folgert man, daß ſie nicht dieſelben ſind. z. E. Menanders Braut iſt ſehr ſchoͤn, Clelia aber ſehr haͤßlich, alſo iſt ſie nicht ſeine Braut. Und wenn unter ſolchen Dingen, welche entgegengeſetzte Beſchaffenheiten haben, eines eine ganze Art der Dinge iſt, ſo folgert man, daß das andre gar nicht zu dieſer Art gehoͤre. z. E. Alle Gelehrte koͤnnen leſen, Cajus aber nicht, alſo iſt
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Uebungen des Verſtandes,
alſo wird auch die Sanftmuth von Gott geboten.
— Einige Fuͤrſten ſind neidiſch; ein jeder Neidi-
ſcher empfindet oft Traurigkeit; ein jeder, der oft
Traurigkeit empfindet, iſt nicht vorzuͤglich gluͤck-
ſelig. Alſo ſind einige Fuͤrſten u. ſ. w. — Unſre
Feinde ſind Menſchen, keines Menſchen Gluͤckſe-
ligkeit darf uns gleichguͤltig ſeyn; weſſen Gluͤckſe-
ligkeit uns nicht gleichguͤltig ſeyn darf, den muͤſſen
wir lieben; alſo muͤſſen wir unſre Feinde lieben.
Dieſer Schluß kann heiſſen von der Art eines
Dinges.
Anmerkung. Einige Beſchaffenheiten der
Dinge ſind einander ſo entgegengeſetzt,
daß niemals dieſelbe Sache in eben derſelben
Zeit beyde Beſchaffenheiten haben kann. z. E.
Ein Menſch kann nicht zu gleicher Zeit ein
liebreiches Weſen und auch Rachbegierde
haben.
5) Wenn zwey Dinge entgegengeſetzte Be-
ſchaffenheiten haben; ſo folgert man, daß ſie nicht
dieſelben ſind. z. E. Menanders Braut iſt ſehr
ſchoͤn, Clelia aber ſehr haͤßlich, alſo iſt ſie nicht
ſeine Braut. Und wenn unter ſolchen Dingen,
welche entgegengeſetzte Beſchaffenheiten haben,
eines eine ganze Art der Dinge iſt, ſo folgert man,
daß das andre gar nicht zu dieſer Art gehoͤre. z. E.
Alle Gelehrte koͤnnen leſen, Cajus aber nicht, alſo
iſt
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