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Basedow, Johann Bernhard: Die ganze Natürliche Weisheit im Privatstande der gesitteten Bürger. Halle (Saale) u. a., [1768].

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Uebungen des Verstandes,

Wer nicht Recht und Macht hat, die
Staats-Gesetze zu ändern,
muß sich denselben
gemäß bezeigen. Denn wegen Verschiedenheit der
Meinungen und Neigungen ist das vernünftige
Staats-Recht ewigen Streitigkeiten unterworfen,
deren Ausführung schädlicher seyn würde, als die
Unvollkommenheit der wirklichen Staats-Gesetze.

Ein weiser und liebreicher Staat würde dem
menschlichen Geschlechte schaden, wenn er das ver-
nünftige Völkerrecht
so beobachten wollte, daß
er alle Folgen nicht achtete, welche aus dem wirk-
lich gebräuchlichen Völkerrechte fliessen.

§. 54.

Es ist ein unläugbarer Grundsatz, ein jeder sey
so zu leben verbunden, daß nach bestmöglicher
Einsicht in die Folgen, seine wahre Glückseligkeit
befördert werde.

Die Handlung, welche man zu thun verbun-
den ist, heißt eine Pflicht. Die Handlung, welche
man zu lassen verbunden ist, heißt eine Uebertre-
tung.
Die Handlung, welche man zu keiner von
beyden Classen rechnen kann, heißt gleichgültig.

Ein Gesetz überhaupt ist ein Ausspruch von
Pflichten und Uebertretungen. Wenn dieser Aus-
spruch wegen Bemerkung der Folgen des Thuns
und Lassens nach dem Laufe der Natur geschicht;

so
Uebungen des Verſtandes,

Wer nicht Recht und Macht hat, die
Staats-Geſetze zu ändern,
muß ſich denſelben
gemaͤß bezeigen. Denn wegen Verſchiedenheit der
Meinungen und Neigungen iſt das vernuͤnftige
Staats-Recht ewigen Streitigkeiten unterworfen,
deren Ausfuͤhrung ſchaͤdlicher ſeyn wuͤrde, als die
Unvollkommenheit der wirklichen Staats-Geſetze.

Ein weiſer und liebreicher Staat wuͤrde dem
menſchlichen Geſchlechte ſchaden, wenn er das ver-
nünftige Völkerrecht
ſo beobachten wollte, daß
er alle Folgen nicht achtete, welche aus dem wirk-
lich gebraͤuchlichen Voͤlkerrechte flieſſen.

§. 54.

Es iſt ein unlaͤugbarer Grundſatz, ein jeder ſey
ſo zu leben verbunden, daß nach beſtmoͤglicher
Einſicht in die Folgen, ſeine wahre Gluͤckſeligkeit
befoͤrdert werde.

Die Handlung, welche man zu thun verbun-
den iſt, heißt eine Pflicht. Die Handlung, welche
man zu laſſen verbunden iſt, heißt eine Uebertre-
tung.
Die Handlung, welche man zu keiner von
beyden Claſſen rechnen kann, heißt gleichgültig.

Ein Geſetz uͤberhaupt iſt ein Ausſpruch von
Pflichten und Uebertretungen. Wenn dieſer Aus-
ſpruch wegen Bemerkung der Folgen des Thuns
und Laſſens nach dem Laufe der Natur geſchicht;

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[130/0154] Uebungen des Verſtandes, Wer nicht Recht und Macht hat, die Staats-Geſetze zu ändern, muß ſich denſelben gemaͤß bezeigen. Denn wegen Verſchiedenheit der Meinungen und Neigungen iſt das vernuͤnftige Staats-Recht ewigen Streitigkeiten unterworfen, deren Ausfuͤhrung ſchaͤdlicher ſeyn wuͤrde, als die Unvollkommenheit der wirklichen Staats-Geſetze. Ein weiſer und liebreicher Staat wuͤrde dem menſchlichen Geſchlechte ſchaden, wenn er das ver- nünftige Völkerrecht ſo beobachten wollte, daß er alle Folgen nicht achtete, welche aus dem wirk- lich gebraͤuchlichen Voͤlkerrechte flieſſen. §. 54. Es iſt ein unlaͤugbarer Grundſatz, ein jeder ſey ſo zu leben verbunden, daß nach beſtmoͤglicher Einſicht in die Folgen, ſeine wahre Gluͤckſeligkeit befoͤrdert werde. Die Handlung, welche man zu thun verbun- den iſt, heißt eine Pflicht. Die Handlung, welche man zu laſſen verbunden iſt, heißt eine Uebertre- tung. Die Handlung, welche man zu keiner von beyden Claſſen rechnen kann, heißt gleichgültig. Ein Geſetz uͤberhaupt iſt ein Ausſpruch von Pflichten und Uebertretungen. Wenn dieſer Aus- ſpruch wegen Bemerkung der Folgen des Thuns und Laſſens nach dem Laufe der Natur geſchicht; ſo

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Zitationshilfe: Basedow, Johann Bernhard: Die ganze Natürliche Weisheit im Privatstande der gesitteten Bürger. Halle (Saale) u. a., [1768], S. 130. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/basedow_weisheit_1768/154>, abgerufen am 24.11.2024.