Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Basedow, Johann Bernhard: Die ganze Natürliche Weisheit im Privatstande der gesitteten Bürger. Halle (Saale) u. a., [1768].

Bild:
<< vorherige Seite

aus natürlicher Erkenntniß etc.
brauch man dir erlaubt, gehört auch dir; die Bild-
säulen und die Symmetrie der Baukunst sind meh-
rentheils öffentlich: das Vergnügen daran gehört
auch dir. Verdirb und vermindre es nicht durch
die Beneidung des Besitzes.

Ohne Tugend ist niemand so vergnügt, als
er seyn könnte. Ohne die Gewohnheit, oftmals
in der Stille sein eigen Gemüth, seine eignen
Handlungen und Vorsätze, seine eignen Umstände
und Verhältnisse gegen die Menschen zu untersuchen,
ist niemand so weise und so tugendhaft, als er
seyn könnte. Also rathe ich dir, nicht selten zu
solchen Betrachtungen eine Zeitlang einsam zu blei-
ben. Du wirst dadurch desto geschickter werden,
mit ruhiger Fassung des Gemüths und ohne
Sclaverey unter den Affecten, hernach in der Ge-
sellschaft der Menschen, sowol wirksam, als glück-
selig zu seyn.

Alle deine Ergötzlichkeit sey mäßig und ehr-
bar.
Sey oder stelle dich nicht durch ein solches
Geräusch und Gelächter munter, welches andre
nicht munter macht.

Wenn deine gewöhnliche Beschäftigung im
Stillsitzen und Nachdenken geschicht, so suche
Ergötzlichkeiten, welche mit Bewegung ohne
Anstrengung des Verstandes verbunden sind. Er-
müdet dich aber dein Geschäft durch Bewegung;

so
H

aus natuͤrlicher Erkenntniß ꝛc.
brauch man dir erlaubt, gehoͤrt auch dir; die Bild-
ſaͤulen und die Symmetrie der Baukunſt ſind meh-
rentheils oͤffentlich: das Vergnuͤgen daran gehoͤrt
auch dir. Verdirb und vermindre es nicht durch
die Beneidung des Beſitzes.

Ohne Tugend iſt niemand ſo vergnuͤgt, als
er ſeyn koͤnnte. Ohne die Gewohnheit, oftmals
in der Stille ſein eigen Gemuͤth, ſeine eignen
Handlungen und Vorſaͤtze, ſeine eignen Umſtaͤnde
und Verhaͤltniſſe gegen die Menſchen zu unterſuchen,
iſt niemand ſo weiſe und ſo tugendhaft, als er
ſeyn koͤnnte. Alſo rathe ich dir, nicht ſelten zu
ſolchen Betrachtungen eine Zeitlang einſam zu blei-
ben. Du wirſt dadurch deſto geſchickter werden,
mit ruhiger Faſſung des Gemuͤths und ohne
Sclaverey unter den Affecten, hernach in der Ge-
ſellſchaft der Menſchen, ſowol wirkſam, als gluͤck-
ſelig zu ſeyn.

Alle deine Ergoͤtzlichkeit ſey mäßig und ehr-
bar.
Sey oder ſtelle dich nicht durch ein ſolches
Geräuſch und Gelächter munter, welches andre
nicht munter macht.

Wenn deine gewoͤhnliche Beſchaͤftigung im
Stillſitzen und Nachdenken geſchicht, ſo ſuche
Ergoͤtzlichkeiten, welche mit Bewegung ohne
Anſtrengung des Verſtandes verbunden ſind. Er-
muͤdet dich aber dein Geſchaͤft durch Bewegung;

ſo
H
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0137" n="113"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">aus natu&#x0364;rlicher Erkenntniß &#xA75B;c.</hi></fw><lb/>
brauch man dir erlaubt, geho&#x0364;rt auch dir; die Bild-<lb/>
&#x017F;a&#x0364;ulen und die Symmetrie der Baukun&#x017F;t &#x017F;ind meh-<lb/>
rentheils o&#x0364;ffentlich: das Vergnu&#x0364;gen daran geho&#x0364;rt<lb/>
auch dir. Verdirb und vermindre es nicht durch<lb/>
die Beneidung des Be&#x017F;itzes.</p><lb/>
          <p>Ohne Tugend i&#x017F;t niemand &#x017F;o vergnu&#x0364;gt, als<lb/>
er &#x017F;eyn ko&#x0364;nnte. Ohne die Gewohnheit, oftmals<lb/><hi rendition="#fr">in der Stille</hi> &#x017F;ein eigen Gemu&#x0364;th, &#x017F;eine eignen<lb/>
Handlungen und Vor&#x017F;a&#x0364;tze, &#x017F;eine eignen Um&#x017F;ta&#x0364;nde<lb/>
und Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;e gegen die Men&#x017F;chen zu unter&#x017F;uchen,<lb/>
i&#x017F;t niemand &#x017F;o wei&#x017F;e und &#x017F;o tugendhaft, als er<lb/>
&#x017F;eyn ko&#x0364;nnte. Al&#x017F;o rathe ich dir, nicht &#x017F;elten zu<lb/>
&#x017F;olchen Betrachtungen eine Zeitlang ein&#x017F;am zu blei-<lb/>
ben. Du wir&#x017F;t dadurch de&#x017F;to ge&#x017F;chickter werden,<lb/>
mit ruhiger Fa&#x017F;&#x017F;ung des Gemu&#x0364;ths und ohne<lb/>
Sclaverey unter den Affecten, hernach in der Ge-<lb/>
&#x017F;ell&#x017F;chaft der Men&#x017F;chen, &#x017F;owol wirk&#x017F;am, als glu&#x0364;ck-<lb/>
&#x017F;elig zu &#x017F;eyn.</p><lb/>
          <p>Alle deine Ergo&#x0364;tzlichkeit &#x017F;ey <hi rendition="#fr">mäßig und ehr-<lb/>
bar.</hi> Sey oder &#x017F;telle dich nicht durch ein &#x017F;olches<lb/><hi rendition="#fr">Geräu&#x017F;ch und Gelächter</hi> munter, welches andre<lb/>
nicht munter macht.</p><lb/>
          <p>Wenn deine gewo&#x0364;hnliche Be&#x017F;cha&#x0364;ftigung im<lb/><hi rendition="#fr">Still&#x017F;itzen und Nachdenken</hi> ge&#x017F;chicht, &#x017F;o &#x017F;uche<lb/>
Ergo&#x0364;tzlichkeiten, welche <hi rendition="#fr">mit Bewegung</hi> ohne<lb/>
An&#x017F;trengung des Ver&#x017F;tandes verbunden &#x017F;ind. Er-<lb/>
mu&#x0364;det dich aber dein Ge&#x017F;cha&#x0364;ft durch Bewegung;<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">H</fw><fw place="bottom" type="catch">&#x017F;o</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[113/0137] aus natuͤrlicher Erkenntniß ꝛc. brauch man dir erlaubt, gehoͤrt auch dir; die Bild- ſaͤulen und die Symmetrie der Baukunſt ſind meh- rentheils oͤffentlich: das Vergnuͤgen daran gehoͤrt auch dir. Verdirb und vermindre es nicht durch die Beneidung des Beſitzes. Ohne Tugend iſt niemand ſo vergnuͤgt, als er ſeyn koͤnnte. Ohne die Gewohnheit, oftmals in der Stille ſein eigen Gemuͤth, ſeine eignen Handlungen und Vorſaͤtze, ſeine eignen Umſtaͤnde und Verhaͤltniſſe gegen die Menſchen zu unterſuchen, iſt niemand ſo weiſe und ſo tugendhaft, als er ſeyn koͤnnte. Alſo rathe ich dir, nicht ſelten zu ſolchen Betrachtungen eine Zeitlang einſam zu blei- ben. Du wirſt dadurch deſto geſchickter werden, mit ruhiger Faſſung des Gemuͤths und ohne Sclaverey unter den Affecten, hernach in der Ge- ſellſchaft der Menſchen, ſowol wirkſam, als gluͤck- ſelig zu ſeyn. Alle deine Ergoͤtzlichkeit ſey mäßig und ehr- bar. Sey oder ſtelle dich nicht durch ein ſolches Geräuſch und Gelächter munter, welches andre nicht munter macht. Wenn deine gewoͤhnliche Beſchaͤftigung im Stillſitzen und Nachdenken geſchicht, ſo ſuche Ergoͤtzlichkeiten, welche mit Bewegung ohne Anſtrengung des Verſtandes verbunden ſind. Er- muͤdet dich aber dein Geſchaͤft durch Bewegung; ſo H

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/basedow_weisheit_1768
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/basedow_weisheit_1768/137
Zitationshilfe: Basedow, Johann Bernhard: Die ganze Natürliche Weisheit im Privatstande der gesitteten Bürger. Halle (Saale) u. a., [1768], S. 113. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/basedow_weisheit_1768/137>, abgerufen am 28.04.2024.