Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Barclay, John (Übers. Martin Opitz): Johann Barclaÿens Argenis Deutsch gemacht durch Martin Opitzen. Breslau, 1626.

Bild:
<< vorherige Seite

Joh. Barclayens Argenis/
gleiche gehalten hette; wiederumb einstellen wür-
de/ dem wolte er darfür hundert Talent erlegen.
Diese vnfügliche Freygebigkeit jagte vns grosse
Furcht ein. Dann würde es auch ohn Neyde oder
Argwohn abgehen/ wann die Königin denjenigen
behielte/ welchen sein Herr so thewer erkauffen wol-
te? Es hette zum wenigsten einen Schein Barba-
rischer Grawsamkeit/ wann man den Alten an die-
ser Frewde/ vnd den Knaben an solchem Glück ver-
hinderte. So wißte man auch nicht/ ob Seordanes/
wann er die Kräfften zum flichen bekommen wür-
de/ bleiben wolte/ oder sich von anderen/ so die hun-
dert Talent zusuchen vermeineten/ möchte entfüh-
ren lassen. In dem wir also in Furchten sindt/ vnd
weder dem Aneroäst zu Willen seyn/ noch den Kna-
ben mit Ehren halten können/ erzeigete sich das
Glück dem Aneroäst vbel vnd vns zugleich gütig:
dann seine Vnterthanen lehneten sich wieder jhn
auff. Es wardt geschwinder Krieg/ vnd deß Ane-
roests zwene Söhne von stattlicher Hoffnung blie-
ben mit blutigem Außgange in einer Schlacht.
Ich bin der Meinung/ daß er auch selber in diesem
Kampffe vmbkommen sey/ wiewol man den Cör-
per nicht gefunden hatt. Also zohen diejenigen so
jhn abgestossen hatten/ das Königreich tyran-
nischer weise an sich. Scordanes were wegen
deß Aneroests Niederlage für Kummer baldt ge-
storben; so viel grössere Empfindung der schul-
digen Liebe/ vnd seines Verlustes hatte er/ als sein

Alter

Joh. Barclayens Argenis/
gleiche gehalten hette; wiederumb einſtellen wuͤr-
de/ dem wolte er darfuͤr hundert Talent erlegen.
Dieſe vnfuͤgliche Freygebigkeit jagte vns groſſe
Furcht ein. Dann wuͤrde es auch ohn Neyde oder
Argwohn abgehen/ wann die Koͤnigin denjenigen
behielte/ welchen ſein Herꝛ ſo thewer erkauffen wol-
te? Es hette zum wenigſten einen Schein Barba-
riſcher Grawſamkeit/ wann man den Alten an die-
ſer Frewde/ vnd den Knaben an ſolchem Gluͤck ver-
hinderte. So wißte man auch nicht/ ob Seordanes/
wann er die Kraͤfften zum flichen bekommen wuͤr-
de/ bleiben wolte/ oder ſich von anderen/ ſo die hun-
dert Talent zuſuchen vermeineten/ moͤchte entfuͤh-
ren laſſen. In dem wir alſo in Furchten ſindt/ vnd
weder dem Aneroaͤſt zu Willen ſeyn/ noch den Kna-
ben mit Ehren halten koͤnnen/ erzeigete ſich das
Gluͤck dem Aneroaͤſt vbel vnd vns zugleich guͤtig:
dann ſeine Vnterthanen lehneten ſich wieder jhn
auff. Es wardt geſchwinder Krieg/ vnd deß Ane-
roeſts zwene Soͤhne von ſtattlicher Hoffnung blie-
ben mit blutigem Außgange in einer Schlacht.
Ich bin der Meinung/ daß er auch ſelber in dieſem
Kampffe vmbkommen ſey/ wiewol man den Coͤr-
per nicht gefunden hatt. Alſo zohen diejenigen ſo
jhn abgeſtoſſen hatten/ das Koͤnigreich tyran-
niſcher weiſe an ſich. Scordanes were wegen
deß Aneroeſts Niederlage fuͤr Kummer baldt ge-
ſtorben; ſo viel groͤſſere Empfindung der ſchul-
digen Liebe/ vnd ſeines Verluſtes hatte er/ als ſein

Alter
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0768" n="724"/><fw place="top" type="header">Joh. Barclayens Argenis/</fw><lb/>
gleiche gehalten hette; wiederumb ein&#x017F;tellen wu&#x0364;r-<lb/>
de/ dem wolte er darfu&#x0364;r hundert Talent erlegen.<lb/>
Die&#x017F;e vnfu&#x0364;gliche Freygebigkeit jagte vns gro&#x017F;&#x017F;e<lb/>
Furcht ein. Dann wu&#x0364;rde es auch ohn Neyde oder<lb/>
Argwohn abgehen/ wann die Ko&#x0364;nigin denjenigen<lb/>
behielte/ welchen &#x017F;ein Her&#xA75B; &#x017F;o thewer erkauffen wol-<lb/>
te? Es hette zum wenig&#x017F;ten einen Schein Barba-<lb/>
ri&#x017F;cher Graw&#x017F;amkeit/ wann man den Alten an die-<lb/>
&#x017F;er Frewde/ vnd den Knaben an &#x017F;olchem Glu&#x0364;ck ver-<lb/>
hinderte. So wißte man auch nicht/ ob Seordanes/<lb/>
wann er die Kra&#x0364;fften zum flichen bekommen wu&#x0364;r-<lb/>
de/ bleiben wolte/ oder &#x017F;ich von anderen/ &#x017F;o die hun-<lb/>
dert Talent zu&#x017F;uchen vermeineten/ mo&#x0364;chte entfu&#x0364;h-<lb/>
ren la&#x017F;&#x017F;en. In dem wir al&#x017F;o in Furchten &#x017F;indt/ vnd<lb/>
weder dem Aneroa&#x0364;&#x017F;t zu Willen &#x017F;eyn/ noch den Kna-<lb/>
ben mit Ehren halten ko&#x0364;nnen/ erzeigete &#x017F;ich das<lb/>
Glu&#x0364;ck dem Aneroa&#x0364;&#x017F;t vbel vnd vns zugleich gu&#x0364;tig:<lb/>
dann &#x017F;eine Vnterthanen lehneten &#x017F;ich wieder jhn<lb/>
auff. Es wardt ge&#x017F;chwinder Krieg/ vnd deß Ane-<lb/>
roe&#x017F;ts zwene So&#x0364;hne von &#x017F;tattlicher Hoffnung blie-<lb/>
ben mit blutigem Außgange in einer Schlacht.<lb/>
Ich bin der Meinung/ daß er auch &#x017F;elber in die&#x017F;em<lb/>
Kampffe vmbkommen &#x017F;ey/ wiewol man den Co&#x0364;r-<lb/>
per nicht gefunden hatt. Al&#x017F;o zohen diejenigen &#x017F;o<lb/>
jhn abge&#x017F;to&#x017F;&#x017F;en hatten/ das Ko&#x0364;nigreich tyran-<lb/>
ni&#x017F;cher wei&#x017F;e an &#x017F;ich. Scordanes were wegen<lb/>
deß Aneroe&#x017F;ts Niederlage fu&#x0364;r Kummer baldt ge-<lb/>
&#x017F;torben; &#x017F;o viel gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;ere Empfindung der &#x017F;chul-<lb/>
digen Liebe/ vnd &#x017F;eines Verlu&#x017F;tes hatte er/ als &#x017F;ein<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Alter</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[724/0768] Joh. Barclayens Argenis/ gleiche gehalten hette; wiederumb einſtellen wuͤr- de/ dem wolte er darfuͤr hundert Talent erlegen. Dieſe vnfuͤgliche Freygebigkeit jagte vns groſſe Furcht ein. Dann wuͤrde es auch ohn Neyde oder Argwohn abgehen/ wann die Koͤnigin denjenigen behielte/ welchen ſein Herꝛ ſo thewer erkauffen wol- te? Es hette zum wenigſten einen Schein Barba- riſcher Grawſamkeit/ wann man den Alten an die- ſer Frewde/ vnd den Knaben an ſolchem Gluͤck ver- hinderte. So wißte man auch nicht/ ob Seordanes/ wann er die Kraͤfften zum flichen bekommen wuͤr- de/ bleiben wolte/ oder ſich von anderen/ ſo die hun- dert Talent zuſuchen vermeineten/ moͤchte entfuͤh- ren laſſen. In dem wir alſo in Furchten ſindt/ vnd weder dem Aneroaͤſt zu Willen ſeyn/ noch den Kna- ben mit Ehren halten koͤnnen/ erzeigete ſich das Gluͤck dem Aneroaͤſt vbel vnd vns zugleich guͤtig: dann ſeine Vnterthanen lehneten ſich wieder jhn auff. Es wardt geſchwinder Krieg/ vnd deß Ane- roeſts zwene Soͤhne von ſtattlicher Hoffnung blie- ben mit blutigem Außgange in einer Schlacht. Ich bin der Meinung/ daß er auch ſelber in dieſem Kampffe vmbkommen ſey/ wiewol man den Coͤr- per nicht gefunden hatt. Alſo zohen diejenigen ſo jhn abgeſtoſſen hatten/ das Koͤnigreich tyran- niſcher weiſe an ſich. Scordanes were wegen deß Aneroeſts Niederlage fuͤr Kummer baldt ge- ſtorben; ſo viel groͤſſere Empfindung der ſchul- digen Liebe/ vnd ſeines Verluſtes hatte er/ als ſein Alter

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/barclay_argenis_1626
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/barclay_argenis_1626/768
Zitationshilfe: Barclay, John (Übers. Martin Opitz): Johann Barclaÿens Argenis Deutsch gemacht durch Martin Opitzen. Breslau, 1626, S. 724. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/barclay_argenis_1626/768>, abgerufen am 22.11.2024.