Barclay, John (Übers. Martin Opitz): Johann Barclaÿens Argenis Deutsch gemacht durch Martin Opitzen. Breslau, 1626.Joh. Barclayens Argenis/ auch was auffrichtigers seyn/ als sein Gemüte? indem er fast mehr Gelindigkeit vnter dem Fraw- enzimmer/ als Stärcke vnter den Männern er- wiesen hette. Baldt erzehlete sie die grosse Wol- that/ welche nach Meleanders eigenem Zeugnis- se werth were/ daß man sie für die Handt der Göt- ter vnd der Pallas hielte. Sie zeigete auch an (aber mit Scham) wie hoch er liebete/ weil er mit so gefärlicher List sein Geschlechte ver- borgen/ vnd sich zur Lebens Straffe (welcher er bey Ergreiffung nicht würde entgangen seyn) auß- gesetzet hette. Ich bekenne es/ Gnädigster König/ ich habe jhrer Schamhafftigkeit abhelffen wöl- len/ vnd das gelobet/ welches ich sahe jhr angenehm zuseyn: dann weil ich euch auch noch nicht kandte/ so gläubete ich nicht/ daß etwas vollkommeners seyn köndte als Poliarchus. Indessen hatte Cleobulus den Stiffter vnd die sollen
Joh. Barclayens Argenis/ auch was auffrichtigers ſeyn/ als ſein Gemuͤte? indem er faſt mehr Gelindigkeit vnter dem Fraw- enzimmer/ als Staͤrcke vnter den Maͤnnern er- wieſen hette. Baldt erzehlete ſie die groſſe Wol- that/ welche nach Meleanders eigenem Zeugniſ- ſe werth were/ daß man ſie fuͤr die Handt der Goͤt- ter vnd der Pallas hielte. Sie zeigete auch an (aber mit Scham) wie hoch er liebete/ weil er mit ſo gefaͤrlicher Liſt ſein Geſchlechte ver- borgen/ vnd ſich zur Lebens Straffe (welcher er bey Ergreiffung nicht wuͤrde entgangen ſeyn) auß- geſetzet hette. Ich bekenne es/ Gnaͤdigſter Koͤnig/ ich habe jhrer Schamhafftigkeit abhelffen woͤl- len/ vnd das gelobet/ welches ich ſahe jhr angenehm zuſeyn: dann weil ich euch auch noch nicht kandte/ ſo glaͤubete ich nicht/ daß etwas vollkommeners ſeyn koͤndte als Poliarchus. Indeſſen hatte Cleobulus den Stiffter vnd die ſollen
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Joh. Barclayens Argenis/
auch was auffrichtigers ſeyn/ als ſein Gemuͤte? in
dem er faſt mehr Gelindigkeit vnter dem Fraw-
enzimmer/ als Staͤrcke vnter den Maͤnnern er-
wieſen hette. Baldt erzehlete ſie die groſſe Wol-
that/ welche nach Meleanders eigenem Zeugniſ-
ſe werth were/ daß man ſie fuͤr die Handt der Goͤt-
ter vnd der Pallas hielte. Sie zeigete auch an
(aber mit Scham) wie hoch er liebete/ weil
er mit ſo gefaͤrlicher Liſt ſein Geſchlechte ver-
borgen/ vnd ſich zur Lebens Straffe (welcher er
bey Ergreiffung nicht wuͤrde entgangen ſeyn) auß-
geſetzet hette. Ich bekenne es/ Gnaͤdigſter Koͤnig/
ich habe jhrer Schamhafftigkeit abhelffen woͤl-
len/ vnd das gelobet/ welches ich ſahe jhr angenehm
zuſeyn: dann weil ich euch auch noch nicht kandte/
ſo glaͤubete ich nicht/ daß etwas vollkommeners
ſeyn koͤndte als Poliarchus.
Indeſſen hatte Cleobulus den Stiffter vnd die
verfahrung der Vbelthat auß dem Gefangenen
bringen woͤllen. Als er nun die Marter nicht vber-
ſtehen koͤnnen/ hat er vom Lycogenes alles bekandt/
vnd geſagt/ wie er auff der Seiten deß Meeres ei-
nen Weg zum Schloſſe gefunden/ vnd ich weiß
nicht was fuͤreinen Hacken an die Mawer geworf-
fen hette/ welcher bald hangen blieben; daran ein
Strick gebunden geweſen/ daß er vnwanckende
hienauff ſteigen koͤnnen. Allhier vermeinen alle
verſtaͤndige Leute/ daß der Koͤnig ſehr geirꝛet ha-
be. Dann an ſtatt daß er den Lycogenes ploͤtzlich
ſollen
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