Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ball, Hugo: Zur Kritik der deutschen Intelligenz. Bern, 1919.

Bild:
<< vorherige Seite
37) Der deutsche Geschichtsunterricht hilft sich über seine
politische Charakterlosigkeit damit hinweg, dass er dem Schüler
das Tatsachenmaterial, das dem Lehrer schon entstellt und be-
schnitten übergeben wird, nur statistisch vorträgt. Zur Begeisterung
liegt ja auch weder Anlass noch eine Direktive vor.
38) Luthers Verbrennen der Bannbulle war eine politische
Gehorsamsverweigerung.
39) Rene Schickele, "Lehrmeister wider Willen: Loyola" in
"Schreie auf dem Boulevard".
40) Siehe Münzer "Vom getichten Glauben" und Zimmer-
mann, Bd. II, S. 55/56.
41) Zimmermann, Bd. II, S. 59.
42) Otto Merx, "Thomas Münzer und Heinrich Pfeiffer",
Göttingen, 1889, S. 20.
43) J. K. Seidemann, "Thomas Münzer", Dresden u. Leipzig,
1842, S. 60/61.
44) Worte Münzers bei Seb.Franck und Melanchthon, in Münzers
"Ausgedrückte Entblössung des falschen Glaubens" und Luthers
"Warnung vor den neuen Propheten an die Christen zu Antorf".
45) Carlstadt an Münzer, 19. Juli 1524, mitgeteilt von Seide-
mann, S. 128.
46) Herzog, "Enzyklopädie für protestantische Theologie",
X, S. 109.
47) De Wette, "Luthers Briefe" Bd. II, S. 379, 3. Aug. 1523.
48) Aehnlich auch an den Grafen Ernst von Mansfeld. Siehe
C. E. Förstemann, "Neues Urkundenbuch zur evangelischen Kirchen-
reformation", 1842, S. 229/31.
49) "Brief an die Fürsten von Sachsen von dem aufrührischen
Geist". Warum sollten aber gerade die Bauern leiden und
passive Christen sein, warum nicht die Fürsten? Die Leidenslehre
hat viel Unheil verschuldet und gutgeheissen. Sie war der Haupt-
quell jenes moralischen Defaitismus, den seit Luther der Staat
an Stelle der Kirche predigte. Das Christentum hat die Mission,
Leiden zu beheben, nicht Leiden zu verhängen. Das passive,
fatalistische Christentum gehört dem Mittelalter und den despoti-
schen Kirchen- und Staatsformen an, wie das aktive, befreiende
Christentum Ideal einer neuen demokratischen Zeit ist.
50) Friedrich Schlegel, "Fragmente". Inselverlag, Leipzig.
51) Oscar Loerke in der "Neuen Rundschau", Berlin, De-
zember 1917.
52) Zimmermann, Bd. II, S. 56.
53) Ebendort, S. 78.
37) Der deutsche Geschichtsunterricht hilft sich über seine
politische Charakterlosigkeit damit hinweg, dass er dem Schüler
das Tatsachenmaterial, das dem Lehrer schon entstellt und be-
schnitten übergeben wird, nur statistisch vorträgt. Zur Begeisterung
liegt ja auch weder Anlass noch eine Direktive vor.
38) Luthers Verbrennen der Bannbulle war eine politische
Gehorsamsverweigerung.
39) René Schickele, „Lehrmeister wider Willen: Loyola“ in
„Schreie auf dem Boulevard“.
40) Siehe Münzer „Vom getichten Glauben“ und Zimmer-
mann, Bd. II, S. 55/56.
41) Zimmermann, Bd. II, S. 59.
42) Otto Merx, „Thomas Münzer und Heinrich Pfeiffer“,
Göttingen, 1889, S. 20.
43) J. K. Seidemann, „Thomas Münzer“, Dresden u. Leipzig,
1842, S. 60/61.
44) Worte Münzers bei Seb.Franck und Melanchthon, in Münzers
„Ausgedrückte Entblössung des falschen Glaubens“ und Luthers
„Warnung vor den neuen Propheten an die Christen zu Antorf“.
45) Carlstadt an Münzer, 19. Juli 1524, mitgeteilt von Seide-
mann, S. 128.
46) Herzog, „Enzyklopädie für protestantische Theologie“,
X, S. 109.
47) De Wette, „Luthers Briefe“ Bd. II, S. 379, 3. Aug. 1523.
48) Aehnlich auch an den Grafen Ernst von Mansfeld. Siehe
C. E. Förstemann, „Neues Urkundenbuch zur evangelischen Kirchen-
reformation“, 1842, S. 229/31.
49) „Brief an die Fürsten von Sachsen von dem aufrührischen
Geist“. Warum sollten aber gerade die Bauern leiden und
passive Christen sein, warum nicht die Fürsten? Die Leidenslehre
hat viel Unheil verschuldet und gutgeheissen. Sie war der Haupt-
quell jenes moralischen Defaitismus, den seit Luther der Staat
an Stelle der Kirche predigte. Das Christentum hat die Mission,
Leiden zu beheben, nicht Leiden zu verhängen. Das passive,
fatalistische Christentum gehört dem Mittelalter und den despoti-
schen Kirchen- und Staatsformen an, wie das aktive, befreiende
Christentum Ideal einer neuen demokratischen Zeit ist.
50) Friedrich Schlegel, „Fragmente“. Inselverlag, Leipzig.
51) Oscar Loerke in der „Neuen Rundschau“, Berlin, De-
zember 1917.
52) Zimmermann, Bd. II, S. 56.
53) Ebendort, S. 78.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0255" n="247"/>
            <note xml:id="id37a37a" prev="id37a" place="end" n="37)"> Der deutsche Geschichtsunterricht hilft sich über seine<lb/>
politische Charakterlosigkeit damit hinweg, dass er dem Schüler<lb/>
das Tatsachenmaterial, das dem Lehrer schon entstellt und be-<lb/>
schnitten übergeben wird, nur statistisch vorträgt. Zur Begeisterung<lb/>
liegt ja auch weder Anlass noch eine Direktive vor.</note><lb/>
            <note xml:id="id38a38a" prev="id38a" place="end" n="38)"> Luthers Verbrennen der Bannbulle war eine <hi rendition="#i">politische</hi><lb/>
Gehorsamsverweigerung.</note><lb/>
            <note xml:id="id39a39a" prev="id39a" place="end" n="39)"> René Schickele, &#x201E;Lehrmeister wider Willen: Loyola&#x201C; in<lb/>
&#x201E;Schreie auf dem Boulevard&#x201C;.</note><lb/>
            <note xml:id="id40a40a" prev="id40a" place="end" n="40)"> Siehe Münzer &#x201E;Vom getichten Glauben&#x201C; und Zimmer-<lb/>
mann, Bd. II, S. 55/56.</note><lb/>
            <note xml:id="id41a41a" prev="id41a" place="end" n="41)"> Zimmermann, Bd. II, S. 59.</note><lb/>
            <note xml:id="id42a42a" prev="id42a" place="end" n="42)"> Otto Merx, &#x201E;Thomas Münzer und Heinrich Pfeiffer&#x201C;,<lb/>
Göttingen, 1889, S. 20.</note><lb/>
            <note xml:id="id43a43a" prev="id43a" place="end" n="43)"> J. K. Seidemann, &#x201E;Thomas Münzer&#x201C;, Dresden u. Leipzig,<lb/>
1842, S. 60/61.</note><lb/>
            <note xml:id="id44a44a" prev="id44a" place="end" n="44)"> Worte Münzers bei Seb.Franck und Melanchthon, in Münzers<lb/>
&#x201E;Ausgedrückte Entblössung des falschen Glaubens&#x201C; und Luthers<lb/>
&#x201E;Warnung vor den neuen Propheten an die Christen zu Antorf&#x201C;.</note><lb/>
            <note xml:id="id45a45a" prev="id45a" place="end" n="45)"> Carlstadt an Münzer, 19. Juli 1524, mitgeteilt von Seide-<lb/>
mann, S. 128.</note><lb/>
            <note xml:id="id46a46a" prev="id46a" place="end" n="46)"> Herzog, &#x201E;Enzyklopädie für protestantische Theologie&#x201C;,<lb/>
X, S. 109.</note><lb/>
            <note xml:id="id47a47a" prev="id47a" place="end" n="47)"> De Wette, &#x201E;Luthers Briefe&#x201C; Bd. II, S. 379, 3. Aug. 1523.</note><lb/>
            <note xml:id="id48a48a" prev="id48a" place="end" n="48)"> Aehnlich auch an den Grafen Ernst von Mansfeld. Siehe<lb/>
C. E. Förstemann, &#x201E;Neues Urkundenbuch zur evangelischen Kirchen-<lb/>
reformation&#x201C;, 1842, S. 229/31.</note><lb/>
            <note xml:id="id49a49a" prev="id49a" place="end" n="49)"> &#x201E;Brief an die Fürsten von Sachsen von dem aufrührischen<lb/>
Geist&#x201C;. Warum sollten aber gerade die Bauern leiden und<lb/>
passive Christen sein, warum nicht die Fürsten? Die Leidenslehre<lb/>
hat viel Unheil verschuldet und gutgeheissen. Sie war der Haupt-<lb/>
quell jenes moralischen Defaitismus, den seit Luther der Staat<lb/>
an Stelle der Kirche predigte. Das Christentum hat die Mission,<lb/>
Leiden zu beheben, nicht Leiden zu verhängen. Das passive,<lb/>
fatalistische Christentum gehört dem Mittelalter und den despoti-<lb/>
schen Kirchen- und Staatsformen an, wie das aktive, befreiende<lb/>
Christentum Ideal einer neuen demokratischen Zeit ist.</note><lb/>
            <note xml:id="id50a50a" prev="id50a" place="end" n="50)"> Friedrich Schlegel, &#x201E;Fragmente&#x201C;. Inselverlag, Leipzig.</note><lb/>
            <note xml:id="id51a51a" prev="id51a" place="end" n="51)"> Oscar Loerke in der &#x201E;Neuen Rundschau&#x201C;, Berlin, De-<lb/>
zember 1917.</note><lb/>
            <note xml:id="id52a52a" prev="id52a" place="end" n="52)"> Zimmermann, Bd. II, S. 56.</note><lb/>
            <note xml:id="id53a53a" prev="id53a" place="end" n="53)"> Ebendort, S. 78.</note><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[247/0255] ³⁷⁾ Der deutsche Geschichtsunterricht hilft sich über seine politische Charakterlosigkeit damit hinweg, dass er dem Schüler das Tatsachenmaterial, das dem Lehrer schon entstellt und be- schnitten übergeben wird, nur statistisch vorträgt. Zur Begeisterung liegt ja auch weder Anlass noch eine Direktive vor. ³⁸⁾ Luthers Verbrennen der Bannbulle war eine politische Gehorsamsverweigerung. ³⁹⁾ René Schickele, „Lehrmeister wider Willen: Loyola“ in „Schreie auf dem Boulevard“. ⁴⁰⁾ Siehe Münzer „Vom getichten Glauben“ und Zimmer- mann, Bd. II, S. 55/56. ⁴¹⁾ Zimmermann, Bd. II, S. 59. ⁴²⁾ Otto Merx, „Thomas Münzer und Heinrich Pfeiffer“, Göttingen, 1889, S. 20. ⁴³⁾ J. K. Seidemann, „Thomas Münzer“, Dresden u. Leipzig, 1842, S. 60/61. ⁴⁴⁾ Worte Münzers bei Seb.Franck und Melanchthon, in Münzers „Ausgedrückte Entblössung des falschen Glaubens“ und Luthers „Warnung vor den neuen Propheten an die Christen zu Antorf“. ⁴⁵⁾ Carlstadt an Münzer, 19. Juli 1524, mitgeteilt von Seide- mann, S. 128. ⁴⁶⁾ Herzog, „Enzyklopädie für protestantische Theologie“, X, S. 109. ⁴⁷⁾ De Wette, „Luthers Briefe“ Bd. II, S. 379, 3. Aug. 1523. ⁴⁸⁾ Aehnlich auch an den Grafen Ernst von Mansfeld. Siehe C. E. Förstemann, „Neues Urkundenbuch zur evangelischen Kirchen- reformation“, 1842, S. 229/31. ⁴⁹⁾ „Brief an die Fürsten von Sachsen von dem aufrührischen Geist“. Warum sollten aber gerade die Bauern leiden und passive Christen sein, warum nicht die Fürsten? Die Leidenslehre hat viel Unheil verschuldet und gutgeheissen. Sie war der Haupt- quell jenes moralischen Defaitismus, den seit Luther der Staat an Stelle der Kirche predigte. Das Christentum hat die Mission, Leiden zu beheben, nicht Leiden zu verhängen. Das passive, fatalistische Christentum gehört dem Mittelalter und den despoti- schen Kirchen- und Staatsformen an, wie das aktive, befreiende Christentum Ideal einer neuen demokratischen Zeit ist. ⁵⁰⁾ Friedrich Schlegel, „Fragmente“. Inselverlag, Leipzig. ⁵¹⁾ Oscar Loerke in der „Neuen Rundschau“, Berlin, De- zember 1917. ⁵²⁾ Zimmermann, Bd. II, S. 56. ⁵³⁾ Ebendort, S. 78.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Matthias Schulz, Dienstleister (Muttersprachler): Bereitstellung der Texttranskription nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-02-17T09:20:45Z)
Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Akademiebibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-02-17T09:20:45Z)

Weitere Informationen:

  • Nach den Richtlinien des Deutschen Textarchivs (DTA) transkribiert und ausgezeichnet.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ball_intelligenz_1919
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ball_intelligenz_1919/255
Zitationshilfe: Ball, Hugo: Zur Kritik der deutschen Intelligenz. Bern, 1919, S. 247. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ball_intelligenz_1919/255>, abgerufen am 03.07.2024.