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Bahnson, Minna: Ist es wünschenswert, daß der § 3 aus den Satzungen des Deutschen Verbandes für Frauenstimmrecht gestrichen wird? Bremen, [1912].

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seitdem unablässig als Zankapfel bei allen Generalversammlungen wirkte,
so kann man mit vollem Recht Frau Cauers Worte auf dem Berliner
Kongreß umkehren und sagen: "Die Verfechter dieses Paragraphen
sind die Zerstörer einer planvollen Organisation und rütteln an den
Wurzeln der deutschen Einigkeit."

Prinzipien sind gut als Schlagworte - sind gut in der Theorie,
in der praktischen Arbeit sind sie unmöglich. Praktische Arbeit baut sich
auf auf Kompromissen. Werden denn nicht überall und andauernd
Kompromisse, d. h. "Zugeständnisse" gemacht? Warum soll denn einzig
und allein unsere Frauenstimmrechtsbewegung keine "Zugeständnisse"
machen dürfen, nämlich das Zugeständnis, daß sie einen taktischen Fehler
begangen hatte? Soll sie lieber durch starres Festhalten am Prinzip
verbluten? Einseitiges starres Festhalten am Prinzip muß aber zur
Zersplitterung führen, und dann heißt es nur zu leicht
"getrennt marschieren - so daß beide Teile geschwächt und
leicht geschlagen werden!" Und dahin würde es kommen!

Man male sich doch nur den Zustand aus, wenn wir erst in jeder
größeren Stadt zwei Frauenstimmrechtsvereine haben, die, jeder für sich,
Mitglieder werben und sich aufs schönste untereinander befehden! Und
die armen, politisch noch so wenig geschulten Frauen, die dann gar nicht
mehr wissen, was sie eigentlich sollen!

Mit dem Paragraphen: Zerrissenheit, Verworrenheit, Unklarheit!

Ohne den Paragraphen: Klarheit und Einigkeit!

Denn das kann jeder Mann und jede Frau einsehen und
begreifen: dieselben Rechte für Mann und Frau
. Dafür
können alle arbeiten und in gemeinsamem Ringen weiterstreben. Und
in dieser gemeinsamen Arbeit sei keinem seine persönliche Meinung ver-
wehrt! Mögen die Radikalen für die Erreichung des allgemeinen Wahl-
rechts zu allen Parlamenten streben, mögen sie für ihre Ansichten
auch innerhalb der Vereine und Verbände durch Schriften und Vortrage
werben. Sie vergeben sich nichts, wenn der Paragraph 3 aus den
Satzungen
gestrichen wird. Aber sie sichern unserer Frauenstimm-
rechtsbewegung das Eine, Notwendige, den inneren Frieden, die Einigkeit
und damit die unabweisbar erforderliche Stoßkraft, ohne die ein
endgültiger Sieg nicht denkbar ist.



seitdem unablässig als Zankapfel bei allen Generalversammlungen wirkte,
so kann man mit vollem Recht Frau Cauers Worte auf dem Berliner
Kongreß umkehren und sagen: „Die Verfechter dieses Paragraphen
sind die Zerstörer einer planvollen Organisation und rütteln an den
Wurzeln der deutschen Einigkeit.“

Prinzipien sind gut als Schlagworte – sind gut in der Theorie,
in der praktischen Arbeit sind sie unmöglich. Praktische Arbeit baut sich
auf auf Kompromissen. Werden denn nicht überall und andauernd
Kompromisse, d. h. „Zugeständnisse“ gemacht? Warum soll denn einzig
und allein unsere Frauenstimmrechtsbewegung keine „Zugeständnisse“
machen dürfen, nämlich das Zugeständnis, daß sie einen taktischen Fehler
begangen hatte? Soll sie lieber durch starres Festhalten am Prinzip
verbluten? Einseitiges starres Festhalten am Prinzip muß aber zur
Zersplitterung führen, und dann heißt es nur zu leicht
„getrennt marschieren – so daß beide Teile geschwächt und
leicht geschlagen werden!“ Und dahin würde es kommen!

Man male sich doch nur den Zustand aus, wenn wir erst in jeder
größeren Stadt zwei Frauenstimmrechtsvereine haben, die, jeder für sich,
Mitglieder werben und sich aufs schönste untereinander befehden! Und
die armen, politisch noch so wenig geschulten Frauen, die dann gar nicht
mehr wissen, was sie eigentlich sollen!

Mit dem Paragraphen: Zerrissenheit, Verworrenheit, Unklarheit!

Ohne den Paragraphen: Klarheit und Einigkeit!

Denn das kann jeder Mann und jede Frau einsehen und
begreifen: dieselben Rechte für Mann und Frau
. Dafür
können alle arbeiten und in gemeinsamem Ringen weiterstreben. Und
in dieser gemeinsamen Arbeit sei keinem seine persönliche Meinung ver-
wehrt! Mögen die Radikalen für die Erreichung des allgemeinen Wahl-
rechts zu allen Parlamenten streben, mögen sie für ihre Ansichten
auch innerhalb der Vereine und Verbände durch Schriften und Vortrage
werben. Sie vergeben sich nichts, wenn der Paragraph 3 aus den
Satzungen
gestrichen wird. Aber sie sichern unserer Frauenstimm-
rechtsbewegung das Eine, Notwendige, den inneren Frieden, die Einigkeit
und damit die unabweisbar erforderliche Stoßkraft, ohne die ein
endgültiger Sieg nicht denkbar ist.



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[19/0018] seitdem unablässig als Zankapfel bei allen Generalversammlungen wirkte, so kann man mit vollem Recht Frau Cauers Worte auf dem Berliner Kongreß umkehren und sagen: „Die Verfechter dieses Paragraphen sind die Zerstörer einer planvollen Organisation und rütteln an den Wurzeln der deutschen Einigkeit.“ Prinzipien sind gut als Schlagworte – sind gut in der Theorie, in der praktischen Arbeit sind sie unmöglich. Praktische Arbeit baut sich auf auf Kompromissen. Werden denn nicht überall und andauernd Kompromisse, d. h. „Zugeständnisse“ gemacht? Warum soll denn einzig und allein unsere Frauenstimmrechtsbewegung keine „Zugeständnisse“ machen dürfen, nämlich das Zugeständnis, daß sie einen taktischen Fehler begangen hatte? Soll sie lieber durch starres Festhalten am Prinzip verbluten? Einseitiges starres Festhalten am Prinzip muß aber zur Zersplitterung führen, und dann heißt es nur zu leicht „getrennt marschieren – so daß beide Teile geschwächt und leicht geschlagen werden!“ Und dahin würde es kommen! Man male sich doch nur den Zustand aus, wenn wir erst in jeder größeren Stadt zwei Frauenstimmrechtsvereine haben, die, jeder für sich, Mitglieder werben und sich aufs schönste untereinander befehden! Und die armen, politisch noch so wenig geschulten Frauen, die dann gar nicht mehr wissen, was sie eigentlich sollen! Mit dem Paragraphen: Zerrissenheit, Verworrenheit, Unklarheit! Ohne den Paragraphen: Klarheit und Einigkeit! Denn das kann jeder Mann und jede Frau einsehen und begreifen: dieselben Rechte für Mann und Frau. Dafür können alle arbeiten und in gemeinsamem Ringen weiterstreben. Und in dieser gemeinsamen Arbeit sei keinem seine persönliche Meinung ver- wehrt! Mögen die Radikalen für die Erreichung des allgemeinen Wahl- rechts zu allen Parlamenten streben, mögen sie für ihre Ansichten auch innerhalb der Vereine und Verbände durch Schriften und Vortrage werben. Sie vergeben sich nichts, wenn der Paragraph 3 aus den Satzungen gestrichen wird. Aber sie sichern unserer Frauenstimm- rechtsbewegung das Eine, Notwendige, den inneren Frieden, die Einigkeit und damit die unabweisbar erforderliche Stoßkraft, ohne die ein endgültiger Sieg nicht denkbar ist.

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Zitationshilfe: Bahnson, Minna: Ist es wünschenswert, daß der § 3 aus den Satzungen des Deutschen Verbandes für Frauenstimmrecht gestrichen wird? Bremen, [1912], S. 19. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bahnson_satzungen_1912/18>, abgerufen am 28.11.2024.