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Baer, Karl Ernst von: Über Entwicklungsgeschichte der Thiere. Bd. 2. Königsberg, 1837.

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ten, wenn sie Luft aufnehmen, ein grösseres Verhältniss von Sauerstoffgas ent-
halten, als die atmosphärische Luft. Endlich bleibt noch die Möglichkeit zu be-
rücksichtigen, dass die Luft durch chemische Zersetzung aus dem Inhalte des Eies
abgesondert seyn könnte, da, wenn die Schaale undurchdringlich ist, der Eintritt
der Luft in das Eiweiss schwer verständlich wird *).

d. Abge-
schlossen-
heit des Eies
gegen die
Aussenwelt.

Wir können aber aus dem Sauerstoff-Reichthum der Luft, wie sie auch
entstanden seyn mag, weiter schliessen, dass wenigstens bei dem gewöhnlichen
Drucke der Atmosphäre dieser kein freier Durchtritt durch die Schaale gestattet
ist, wodurch sich die oben (§. 2. a.) gegebene Darstellung vom Bau der Schaale
bestätigt. Auch scheint die Luft im Luftraume immer etwas weniger comprimirt,
als die atmosphärische.

Hiernach bereitet sich das Ei des Vogels nicht nur durch das Verdünsten
die für die Athmung des Embryo nothwendige Atmosphäre selbst, und zwar eine
sauerstoffreichere, als die allgemeine atmosphärische Luft ist. Das Ei ist sogar
durch seine Schaale gegen die äussere Luft verschlossen, um seinen Sauerstoff-
Reichthum nicht einzubüssen. Es ist nun auch begreiflich, wie Ermann durch
mehrjährige Untersuchungen folgende Resultate finden konnte:

1. "Während der Bebrütung in verschlossenen Gefässen findet keine Ab-
"sorbtion weder der atmosphärischen Luft noch des Sauerstoffgases Statt; auch
"wird kein Gas dabei erzeugt."

2. "Eier erleiden während der Bebrütung den nämlichen Gewichtsver-
"lust, als diejenigen, worin sich ein Junges ausbildet!! (Diess ist sehr wichtig,
"und durchaus wahr.)"

3. "Das Ueberfirnissen des stumpfen Theils des Eies, wodurch während
"der ganzen Bebrütung das Eindringen der Luft in diese Region verhindert wurde,
"schadete der Entwickelung des Fötus nicht im mindesten; zum Beweis, dass die
"Luft, die sich in der Regel daselbst ansammelt, keinen wesentlichen Respira-
"tionsprocess einleitet" **).

*) Prout fand, wie wir bemerkt haben, die chemische Qualität des Dotters und des Eiweisses
sehr wechselnd. Diese Verschiedenheit könnte wohl auf einer langsamen Zersetzung beru-
hen, die auch in unbebrüteten Eiern erfolgt, und es verlohnte sich wohl der Mühe, dass ein
Chemiker eben gelegte Eier genau mit Eiern vergliche, die schon einige Zeit gelegen haben.
Die Abwesenheit des Luftraumes in weichschaaligen Eiern macht jedoch die Entstehung der
Luft durch chemische Zersetzung unwahrscheinlich.
**) Den Nachsatz erlauben wir uns doch zu bezweifeln. Er geht in der That nicht unmittelbar
aus den Beobachtungen hervor, wie wir zeigen zu können hoffen.

ten, wenn sie Luft aufnehmen, ein gröſseres Verhältniſs von Sauerstoffgas ent-
halten, als die atmosphärische Luft. Endlich bleibt noch die Möglichkeit zu be-
rücksichtigen, daſs die Luft durch chemische Zersetzung aus dem Inhalte des Eies
abgesondert seyn könnte, da, wenn die Schaale undurchdringlich ist, der Eintritt
der Luft in das Eiweiſs schwer verständlich wird *).

d. Abge-
schlossen-
heit des Eies
gegen die
Auſsenwelt.

Wir können aber aus dem Sauerstoff-Reichthum der Luft, wie sie auch
entstanden seyn mag, weiter schlieſsen, daſs wenigstens bei dem gewöhnlichen
Drucke der Atmosphäre dieser kein freier Durchtritt durch die Schaale gestattet
ist, wodurch sich die oben (§. 2. a.) gegebene Darstellung vom Bau der Schaale
bestätigt. Auch scheint die Luft im Luftraume immer etwas weniger comprimirt,
als die atmosphärische.

Hiernach bereitet sich das Ei des Vogels nicht nur durch das Verdünsten
die für die Athmung des Embryo nothwendige Atmosphäre selbst, und zwar eine
sauerstoffreichere, als die allgemeine atmosphärische Luft ist. Das Ei ist sogar
durch seine Schaale gegen die äuſsere Luft verschlossen, um seinen Sauerstoff-
Reichthum nicht einzubüſsen. Es ist nun auch begreiflich, wie Ermann durch
mehrjährige Untersuchungen folgende Resultate finden konnte:

1. „Während der Bebrütung in verschlossenen Gefäſsen findet keine Ab-
„sorbtion weder der atmosphärischen Luft noch des Sauerstoffgases Statt; auch
„wird kein Gas dabei erzeugt.”

2. „Eier erleiden während der Bebrütung den nämlichen Gewichtsver-
„lust, als diejenigen, worin sich ein Junges ausbildet!! (Dieſs ist sehr wichtig,
„und durchaus wahr.)”

3. „Das Ueberfirnissen des stumpfen Theils des Eies, wodurch während
„der ganzen Bebrütung das Eindringen der Luft in diese Region verhindert wurde,
„schadete der Entwickelung des Fötus nicht im mindesten; zum Beweis, daſs die
„Luft, die sich in der Regel daselbst ansammelt, keinen wesentlichen Respira-
„tionsproceſs einleitet” **).

*) Prout fand, wie wir bemerkt haben, die chemische Qualität des Dotters und des Eiweiſses
sehr wechselnd. Diese Verschiedenheit könnte wohl auf einer langsamen Zersetzung beru-
hen, die auch in unbebrüteten Eiern erfolgt, und es verlohnte sich wohl der Mühe, daſs ein
Chemiker eben gelegte Eier genau mit Eiern vergliche, die schon einige Zeit gelegen haben.
Die Abwesenheit des Luftraumes in weichschaaligen Eiern macht jedoch die Entstehung der
Luft durch chemische Zersetzung unwahrscheinlich.
**) Den Nachsatz erlauben wir uns doch zu bezweifeln. Er geht in der That nicht unmittelbar
aus den Beobachtungen hervor, wie wir zeigen zu können hoffen.
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[38/0048] ten, wenn sie Luft aufnehmen, ein gröſseres Verhältniſs von Sauerstoffgas ent- halten, als die atmosphärische Luft. Endlich bleibt noch die Möglichkeit zu be- rücksichtigen, daſs die Luft durch chemische Zersetzung aus dem Inhalte des Eies abgesondert seyn könnte, da, wenn die Schaale undurchdringlich ist, der Eintritt der Luft in das Eiweiſs schwer verständlich wird *). Wir können aber aus dem Sauerstoff-Reichthum der Luft, wie sie auch entstanden seyn mag, weiter schlieſsen, daſs wenigstens bei dem gewöhnlichen Drucke der Atmosphäre dieser kein freier Durchtritt durch die Schaale gestattet ist, wodurch sich die oben (§. 2. a.) gegebene Darstellung vom Bau der Schaale bestätigt. Auch scheint die Luft im Luftraume immer etwas weniger comprimirt, als die atmosphärische. Hiernach bereitet sich das Ei des Vogels nicht nur durch das Verdünsten die für die Athmung des Embryo nothwendige Atmosphäre selbst, und zwar eine sauerstoffreichere, als die allgemeine atmosphärische Luft ist. Das Ei ist sogar durch seine Schaale gegen die äuſsere Luft verschlossen, um seinen Sauerstoff- Reichthum nicht einzubüſsen. Es ist nun auch begreiflich, wie Ermann durch mehrjährige Untersuchungen folgende Resultate finden konnte: 1. „Während der Bebrütung in verschlossenen Gefäſsen findet keine Ab- „sorbtion weder der atmosphärischen Luft noch des Sauerstoffgases Statt; auch „wird kein Gas dabei erzeugt.” 2. „Eier erleiden während der Bebrütung den nämlichen Gewichtsver- „lust, als diejenigen, worin sich ein Junges ausbildet!! (Dieſs ist sehr wichtig, „und durchaus wahr.)” 3. „Das Ueberfirnissen des stumpfen Theils des Eies, wodurch während „der ganzen Bebrütung das Eindringen der Luft in diese Region verhindert wurde, „schadete der Entwickelung des Fötus nicht im mindesten; zum Beweis, daſs die „Luft, die sich in der Regel daselbst ansammelt, keinen wesentlichen Respira- „tionsproceſs einleitet” **). *) Prout fand, wie wir bemerkt haben, die chemische Qualität des Dotters und des Eiweiſses sehr wechselnd. Diese Verschiedenheit könnte wohl auf einer langsamen Zersetzung beru- hen, die auch in unbebrüteten Eiern erfolgt, und es verlohnte sich wohl der Mühe, daſs ein Chemiker eben gelegte Eier genau mit Eiern vergliche, die schon einige Zeit gelegen haben. Die Abwesenheit des Luftraumes in weichschaaligen Eiern macht jedoch die Entstehung der Luft durch chemische Zersetzung unwahrscheinlich. **) Den Nachsatz erlauben wir uns doch zu bezweifeln. Er geht in der That nicht unmittelbar aus den Beobachtungen hervor, wie wir zeigen zu können hoffen.

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Zitationshilfe: Baer, Karl Ernst von: Über Entwicklungsgeschichte der Thiere. Bd. 2. Königsberg, 1837, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baer_thiere_1837/48>, abgerufen am 22.11.2024.