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Baer, Karl Ernst von: Über Entwicklungsgeschichte der Thiere. Bd. 2. Königsberg, 1837.

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ein Paar Tage nach dem Ausschlüpfen, wo die äussern Kiemen der Frösche in
der schönsten Blüthe sind, diese genau untersucht, so findet man, dass die, äu-
sserlich wie kleine Hirschgeweihe vorragenden Kiemenspitzen nicht die einzigen,
sondern nur die letzten und grössten Spitzen von Reihen sind, welche an den
Wänden der Kiemenspalten ansitzen, so weit diese geöffnet sind. Es entstehen
nämlich allerdings die ersten Kiemenspitzen auf den Kiemenbogen, ja noch frü-
her als die Kiemenspalten sich öffnen. Sobald diese aber geöffnet sind, wachsen
Kiemenspitzen an der Seitenwand der Spalten, also in doppelten Reihen hervor,
die aber um so kürzer bleiben, je weiter nach unten sie hervortreten; nach oben
laufen beide Reihen in die zuerst auf den Kiemenbogen selbst entstandenen Spi-
tzen aus, welche kammförmig auf einer gekrümmten gemeinschaftlichen Basis
stehen. Diese hier sind wie die ganze Oberfläche des Frosches dunkel gefärbt
und mit derselben Haut bekleidet, welche den gesammten Frosch überzieht, al-
lein die untern in der Kiemenspalte befestigten, aber auch etwas vorragenden
Spitzen sind hell, fast durchsichtig, von einer Schleimhaut bekleidet. Allmäh-
lig wird nun das vorderste Ende der Larve immer breiter; die Kiemenspalten,
die anfänglich mehr hinter einander lagen, werden dadurch so gestellt, dass die
vordern mehr nach aussen, die hintern mehr nach innen zu stehen kommen.

Vor der ersten Kiemenspalte ist der Unterkiefer; dieser also ist es, der
durch sein Breitwerden die Lage der Kiemenbogen und damit das ganze äussere
Ansehen der Larve verändert. Zugleich entwickelt sich vom hintern Rande des
Unterkiefers eine Haut nach hinten, die in Form eines Kiemendeckels die Kie-
menspalten überwächst. Sie sehen leicht, dass, wenn man diesen häutigen Kie-
mendeckel nicht zurückschiebt, man jetzt äusserlich nur eine einzige Kiemen-
spalte hat, welche aber mehr nach innen durch vier verschiedene Kiemenspalten
in die Rachenhöhle geöffnet ist. Legt man dagegen gewaltsam den häutigen Kie-
mendeckel zurück, so sieht man schon von aussen die mehrfachen Kiemenspal-
ten. Es ist also ganz dasselbe Verhältniss, wie in den gewöhnlichen Fischen.
Allein in den Frosch-Larven ist dieser Zustand vorübergehend, indem der häu-
tige Kiemendeckel über die Kiemenbogen mit ihren Kiemenblättchen fort bis ge-
gen den Rumpf wächst. Wenn beide Kiemendeckel dem Rumpfe sehr nahe ge-
kommen sind, so wächst ihnen von diesem aus eine gürtelförmige Queerfalte ent-
gegen, die bald sich an die Kiemendeckel anschliesst. Die Verwachsung erfolgt
zuerst auf der rechten Seite, dann auf der linken. Auf dieser wird sie aber nicht
ganz vollständig, vielmehr bleibt ein kleiner Schlitz ungeschlossen, der endlich
in Form einer kurzen Röhre mit schräger Mündung sich nach hinten verlängert.
Wir haben also jetzt eine Kiemenöffnung, die grosse Aehnlichkeit mit den engen

ein Paar Tage nach dem Ausschlüpfen, wo die äuſsern Kiemen der Frösche in
der schönsten Blüthe sind, diese genau untersucht, so findet man, daſs die, äu-
ſserlich wie kleine Hirschgeweihe vorragenden Kiemenspitzen nicht die einzigen,
sondern nur die letzten und gröſsten Spitzen von Reihen sind, welche an den
Wänden der Kiemenspalten ansitzen, so weit diese geöffnet sind. Es entstehen
nämlich allerdings die ersten Kiemenspitzen auf den Kiemenbogen, ja noch frü-
her als die Kiemenspalten sich öffnen. Sobald diese aber geöffnet sind, wachsen
Kiemenspitzen an der Seitenwand der Spalten, also in doppelten Reihen hervor,
die aber um so kürzer bleiben, je weiter nach unten sie hervortreten; nach oben
laufen beide Reihen in die zuerst auf den Kiemenbogen selbst entstandenen Spi-
tzen aus, welche kammförmig auf einer gekrümmten gemeinschaftlichen Basis
stehen. Diese hier sind wie die ganze Oberfläche des Frosches dunkel gefärbt
und mit derselben Haut bekleidet, welche den gesammten Frosch überzieht, al-
lein die untern in der Kiemenspalte befestigten, aber auch etwas vorragenden
Spitzen sind hell, fast durchsichtig, von einer Schleimhaut bekleidet. Allmäh-
lig wird nun das vorderste Ende der Larve immer breiter; die Kiemenspalten,
die anfänglich mehr hinter einander lagen, werden dadurch so gestellt, daſs die
vordern mehr nach auſsen, die hintern mehr nach innen zu stehen kommen.

Vor der ersten Kiemenspalte ist der Unterkiefer; dieser also ist es, der
durch sein Breitwerden die Lage der Kiemenbogen und damit das ganze äuſsere
Ansehen der Larve verändert. Zugleich entwickelt sich vom hintern Rande des
Unterkiefers eine Haut nach hinten, die in Form eines Kiemendeckels die Kie-
menspalten überwächst. Sie sehen leicht, daſs, wenn man diesen häutigen Kie-
mendeckel nicht zurückschiebt, man jetzt äuſserlich nur eine einzige Kiemen-
spalte hat, welche aber mehr nach innen durch vier verschiedene Kiemenspalten
in die Rachenhöhle geöffnet ist. Legt man dagegen gewaltsam den häutigen Kie-
mendeckel zurück, so sieht man schon von auſsen die mehrfachen Kiemenspal-
ten. Es ist also ganz dasselbe Verhältniſs, wie in den gewöhnlichen Fischen.
Allein in den Frosch-Larven ist dieser Zustand vorübergehend, indem der häu-
tige Kiemendeckel über die Kiemenbogen mit ihren Kiemenblättchen fort bis ge-
gen den Rumpf wächst. Wenn beide Kiemendeckel dem Rumpfe sehr nahe ge-
kommen sind, so wächst ihnen von diesem aus eine gürtelförmige Queerfalte ent-
gegen, die bald sich an die Kiemendeckel anschlieſst. Die Verwachsung erfolgt
zuerst auf der rechten Seite, dann auf der linken. Auf dieser wird sie aber nicht
ganz vollständig, vielmehr bleibt ein kleiner Schlitz ungeschlossen, der endlich
in Form einer kurzen Röhre mit schräger Mündung sich nach hinten verlängert.
Wir haben also jetzt eine Kiemenöffnung, die groſse Aehnlichkeit mit den engen

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[290/0300] ein Paar Tage nach dem Ausschlüpfen, wo die äuſsern Kiemen der Frösche in der schönsten Blüthe sind, diese genau untersucht, so findet man, daſs die, äu- ſserlich wie kleine Hirschgeweihe vorragenden Kiemenspitzen nicht die einzigen, sondern nur die letzten und gröſsten Spitzen von Reihen sind, welche an den Wänden der Kiemenspalten ansitzen, so weit diese geöffnet sind. Es entstehen nämlich allerdings die ersten Kiemenspitzen auf den Kiemenbogen, ja noch frü- her als die Kiemenspalten sich öffnen. Sobald diese aber geöffnet sind, wachsen Kiemenspitzen an der Seitenwand der Spalten, also in doppelten Reihen hervor, die aber um so kürzer bleiben, je weiter nach unten sie hervortreten; nach oben laufen beide Reihen in die zuerst auf den Kiemenbogen selbst entstandenen Spi- tzen aus, welche kammförmig auf einer gekrümmten gemeinschaftlichen Basis stehen. Diese hier sind wie die ganze Oberfläche des Frosches dunkel gefärbt und mit derselben Haut bekleidet, welche den gesammten Frosch überzieht, al- lein die untern in der Kiemenspalte befestigten, aber auch etwas vorragenden Spitzen sind hell, fast durchsichtig, von einer Schleimhaut bekleidet. Allmäh- lig wird nun das vorderste Ende der Larve immer breiter; die Kiemenspalten, die anfänglich mehr hinter einander lagen, werden dadurch so gestellt, daſs die vordern mehr nach auſsen, die hintern mehr nach innen zu stehen kommen. Vor der ersten Kiemenspalte ist der Unterkiefer; dieser also ist es, der durch sein Breitwerden die Lage der Kiemenbogen und damit das ganze äuſsere Ansehen der Larve verändert. Zugleich entwickelt sich vom hintern Rande des Unterkiefers eine Haut nach hinten, die in Form eines Kiemendeckels die Kie- menspalten überwächst. Sie sehen leicht, daſs, wenn man diesen häutigen Kie- mendeckel nicht zurückschiebt, man jetzt äuſserlich nur eine einzige Kiemen- spalte hat, welche aber mehr nach innen durch vier verschiedene Kiemenspalten in die Rachenhöhle geöffnet ist. Legt man dagegen gewaltsam den häutigen Kie- mendeckel zurück, so sieht man schon von auſsen die mehrfachen Kiemenspal- ten. Es ist also ganz dasselbe Verhältniſs, wie in den gewöhnlichen Fischen. Allein in den Frosch-Larven ist dieser Zustand vorübergehend, indem der häu- tige Kiemendeckel über die Kiemenbogen mit ihren Kiemenblättchen fort bis ge- gen den Rumpf wächst. Wenn beide Kiemendeckel dem Rumpfe sehr nahe ge- kommen sind, so wächst ihnen von diesem aus eine gürtelförmige Queerfalte ent- gegen, die bald sich an die Kiemendeckel anschlieſst. Die Verwachsung erfolgt zuerst auf der rechten Seite, dann auf der linken. Auf dieser wird sie aber nicht ganz vollständig, vielmehr bleibt ein kleiner Schlitz ungeschlossen, der endlich in Form einer kurzen Röhre mit schräger Mündung sich nach hinten verlängert. Wir haben also jetzt eine Kiemenöffnung, die groſse Aehnlichkeit mit den engen

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Zitationshilfe: Baer, Karl Ernst von: Über Entwicklungsgeschichte der Thiere. Bd. 2. Königsberg, 1837, S. 290. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baer_thiere_1837/300>, abgerufen am 22.11.2024.