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Baer, Karl Ernst von: Über Entwicklungsgeschichte der Thiere. Bd. 2. Königsberg, 1837.

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Bei den Kiemenspalten bleibt aber die Metamorphose des Kiemenwulstes
nicht stehen, sondern es erheben sich auf der äussern Fläche der Kiemenbogen
Knötchen, die sich verlängern, sich spalten und wieder andere hervortreiben, die
allmählig länger und dünner werden. In diese Spitzen hinein ziehen sich Blut-
gefässe, denn sie sind äussere Kiemen, die auf den drei ausgebildeten Kiemen-
bogen stehen.

Während dieses Vorganges hat sich die Medullarröhre vollständig von denh. Erste Bil-
dung von
Hirn und
Rückenmark.

Rückenplatten gelöst und sieht nothwendig, da sie aus einem Theile des dunk-
len Keimes gebildet ist, dunkel aus. Das Hirn ist ursprünglich noch weniger
vom Rückenmarke geschieden als in den höhern Thieren; es ist auch viel weni-
ger übergebogen als in diesen, doch fehlt die Krümmung keinesweges ganz.
Durch sie wird der Hirnanhang früh nach unten und hinten gedrängt. Bis un-
ter den Hirnanhang geht die Wirbelsaite, die an dieser Stelle auch eine leichte
Krümmung nach unten bildet. Noch ehe die Rückenfurche völlig geschlossen
ist, kann man die vordern Abtheilungen des Hirnes unterscheiden; ja man sieht
schon Unebenheiten in der innern Fläche, welche zum Theil die beginnenden
Ausstülpungen der drei Sinnesnerven sind. Man kann auch hier, obgleich un-
ter veränderten Formen, zuerst drei Hauptabtheilungen unterscheiden, die sich
später in dieselben morphologischen Elemente theilen, welche wir im Hirne der
mit einem Amnion versehenen Embryonen erkannt haben. Nur erlangt bei den
Embryonen der Batrachier keine Abtheilung ein auffallendes Uebergewicht über
die andern, wenn auch einige Zeit hindurch das Mittelhirn etwas mehr sich er-
hebt als die andern Theile. Aus diesem Grunde und weil das gesammte Hirn
gleich Anfangs wenig übergebogen war, ist später, wenn das Hirn sich grade
stellt, geringere Zusammenknickung der einzelnen Abtheilungen. Am meisten
wird der Uebergang aus dem Mittelhirn zum Hinterhirne eingeknickt.

Von den Sinnesorganen erkennt man zuerst die Nase, dann das Auge, dar-i. Sinnesor-
gane.

auf das Ohr, und alle diese Theile sind einander in der ersten Bildung so unge-
mein gleich, dass wer ihre Entwickelung bei den Batrachiern verfolgt hat, die
Uebereinstimmung in der Entwickelung der innern Regionen dieser Organe und
also die Uebereinstimmung der Regionen selbst, gewiss nicht verkennen wird.
Besonders auffallend ist, dass der sogenannte Riechnerv oder die innere Re-
gion des Riechorganes Anfangs eben so, ja noch mehr blasig ist, als der
Augapfel.

Nach hinten verlängert sich die Wirbelsäule in einen Schwanz, da ur-k. Wirbel-
säule.

sprünglich der animalische nicht länger war, als der vegetative. Im Schwanze

Bei den Kiemenspalten bleibt aber die Metamorphose des Kiemenwulstes
nicht stehen, sondern es erheben sich auf der äuſsern Fläche der Kiemenbogen
Knötchen, die sich verlängern, sich spalten und wieder andere hervortreiben, die
allmählig länger und dünner werden. In diese Spitzen hinein ziehen sich Blut-
gefäſse, denn sie sind äuſsere Kiemen, die auf den drei ausgebildeten Kiemen-
bogen stehen.

Während dieses Vorganges hat sich die Medullarröhre vollständig von denh. Erste Bil-
dung von
Hirn und
Rückenmark.

Rückenplatten gelöst und sieht nothwendig, da sie aus einem Theile des dunk-
len Keimes gebildet ist, dunkel aus. Das Hirn ist ursprünglich noch weniger
vom Rückenmarke geschieden als in den höhern Thieren; es ist auch viel weni-
ger übergebogen als in diesen, doch fehlt die Krümmung keinesweges ganz.
Durch sie wird der Hirnanhang früh nach unten und hinten gedrängt. Bis un-
ter den Hirnanhang geht die Wirbelsaite, die an dieser Stelle auch eine leichte
Krümmung nach unten bildet. Noch ehe die Rückenfurche völlig geschlossen
ist, kann man die vordern Abtheilungen des Hirnes unterscheiden; ja man sieht
schon Unebenheiten in der innern Fläche, welche zum Theil die beginnenden
Ausstülpungen der drei Sinnesnerven sind. Man kann auch hier, obgleich un-
ter veränderten Formen, zuerst drei Hauptabtheilungen unterscheiden, die sich
später in dieselben morphologischen Elemente theilen, welche wir im Hirne der
mit einem Amnion versehenen Embryonen erkannt haben. Nur erlangt bei den
Embryonen der Batrachier keine Abtheilung ein auffallendes Uebergewicht über
die andern, wenn auch einige Zeit hindurch das Mittelhirn etwas mehr sich er-
hebt als die andern Theile. Aus diesem Grunde und weil das gesammte Hirn
gleich Anfangs wenig übergebogen war, ist später, wenn das Hirn sich grade
stellt, geringere Zusammenknickung der einzelnen Abtheilungen. Am meisten
wird der Uebergang aus dem Mittelhirn zum Hinterhirne eingeknickt.

Von den Sinnesorganen erkennt man zuerst die Nase, dann das Auge, dar-i. Sinnesor-
gane.

auf das Ohr, und alle diese Theile sind einander in der ersten Bildung so unge-
mein gleich, daſs wer ihre Entwickelung bei den Batrachiern verfolgt hat, die
Uebereinstimmung in der Entwickelung der innern Regionen dieser Organe und
also die Uebereinstimmung der Regionen selbst, gewiſs nicht verkennen wird.
Besonders auffallend ist, daſs der sogenannte Riechnerv oder die innere Re-
gion des Riechorganes Anfangs eben so, ja noch mehr blasig ist, als der
Augapfel.

Nach hinten verlängert sich die Wirbelsäule in einen Schwanz, da ur-k. Wirbel-
säule.

sprünglich der animalische nicht länger war, als der vegetative. Im Schwanze

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[287/0297] Bei den Kiemenspalten bleibt aber die Metamorphose des Kiemenwulstes nicht stehen, sondern es erheben sich auf der äuſsern Fläche der Kiemenbogen Knötchen, die sich verlängern, sich spalten und wieder andere hervortreiben, die allmählig länger und dünner werden. In diese Spitzen hinein ziehen sich Blut- gefäſse, denn sie sind äuſsere Kiemen, die auf den drei ausgebildeten Kiemen- bogen stehen. Während dieses Vorganges hat sich die Medullarröhre vollständig von den Rückenplatten gelöst und sieht nothwendig, da sie aus einem Theile des dunk- len Keimes gebildet ist, dunkel aus. Das Hirn ist ursprünglich noch weniger vom Rückenmarke geschieden als in den höhern Thieren; es ist auch viel weni- ger übergebogen als in diesen, doch fehlt die Krümmung keinesweges ganz. Durch sie wird der Hirnanhang früh nach unten und hinten gedrängt. Bis un- ter den Hirnanhang geht die Wirbelsaite, die an dieser Stelle auch eine leichte Krümmung nach unten bildet. Noch ehe die Rückenfurche völlig geschlossen ist, kann man die vordern Abtheilungen des Hirnes unterscheiden; ja man sieht schon Unebenheiten in der innern Fläche, welche zum Theil die beginnenden Ausstülpungen der drei Sinnesnerven sind. Man kann auch hier, obgleich un- ter veränderten Formen, zuerst drei Hauptabtheilungen unterscheiden, die sich später in dieselben morphologischen Elemente theilen, welche wir im Hirne der mit einem Amnion versehenen Embryonen erkannt haben. Nur erlangt bei den Embryonen der Batrachier keine Abtheilung ein auffallendes Uebergewicht über die andern, wenn auch einige Zeit hindurch das Mittelhirn etwas mehr sich er- hebt als die andern Theile. Aus diesem Grunde und weil das gesammte Hirn gleich Anfangs wenig übergebogen war, ist später, wenn das Hirn sich grade stellt, geringere Zusammenknickung der einzelnen Abtheilungen. Am meisten wird der Uebergang aus dem Mittelhirn zum Hinterhirne eingeknickt. h. Erste Bil- dung von Hirn und Rückenmark. Von den Sinnesorganen erkennt man zuerst die Nase, dann das Auge, dar- auf das Ohr, und alle diese Theile sind einander in der ersten Bildung so unge- mein gleich, daſs wer ihre Entwickelung bei den Batrachiern verfolgt hat, die Uebereinstimmung in der Entwickelung der innern Regionen dieser Organe und also die Uebereinstimmung der Regionen selbst, gewiſs nicht verkennen wird. Besonders auffallend ist, daſs der sogenannte Riechnerv oder die innere Re- gion des Riechorganes Anfangs eben so, ja noch mehr blasig ist, als der Augapfel. i. Sinnesor- gane. Nach hinten verlängert sich die Wirbelsäule in einen Schwanz, da ur- sprünglich der animalische nicht länger war, als der vegetative. Im Schwanze k. Wirbel- säule.

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Zitationshilfe: Baer, Karl Ernst von: Über Entwicklungsgeschichte der Thiere. Bd. 2. Königsberg, 1837, S. 287. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baer_thiere_1837/297>, abgerufen am 22.05.2024.