sehnlicher Höhlungen von einander ab *). In den Salamandern ist die Höhlung aber einfach. In beiden Familien hat das Ei nicht nur sehr früh ein Keimbläs- chen, sondern es scheint ursprünglich nur Keimbläschen zu seyn, an welches man die Dotterkörnchen, von Einer Seite beginnend, sich lagern sieht. Wenn das Ei reifer wird, unterscheidet man an ihm eine dunklere, einen Theil der Dotter- kugel bekleidende Schicht, die Keimschicht, die nicht scharf gegen die übrige Dottermasse abgegrenzt ist. So lange das Ei sehr jung ist, scheint das Keimbläs- chen, das eine ansehnliche Grösse hat, ziemlich die Mitte einzunehmen. Bei der Reife des Eies erhebt es sich aber gegen die Oberfläche und nähert sich der Keim- schicht, die eine sphärische Oberfläche bildet. Einmal sah ich das Keimbläschen eines reifen Eies in die Keimschicht eingedrungen, und da es auch von einer Schicht modificirten Dotters umgeben ist, die es bei seiner Fortbewegung mitnimmt, so haben wir jetzt dasselbe Verhältniss wie im Huhne in sehr vergrössertem Maass- stabe, nämlich einen Keimhügel der das Keimbläschen zunächst umgiebt und eine Keimscheibe darüber, an der Oberfläche des Eies **). Diese Eier sind eben so wie in den höhern Thieren in Kapseln eingeschlossen, in denen ich jedoch, ihrer gro- ssen Zartheit wegen, nicht die doppelte Schicht, wie in jenen Thieren unterschei- den konnte. Die Kapseln mit ihren Eiern ragen, je reifer sie werden, um so mehr gegen die innern Höhlungen des Eierstockes vor. Eine Narbe habe ich we- gen der Weichheit dieser Kapseln vor der Oeffnung derselben auch nicht unter- scheiden können. Gewiss ist es aber, dass, nach dem Austritte der Eier, Kelche mit sehr weiten Mündungen zurückbleiben. Es ist mir daher wahrscheinlich, dass die Kapsel nicht bloss in einer Linie, wie in den Vögeln und Eidechsen, oder einem ganz kleinen Umfange, wie in den Säugethieren, sondern in einem weiten Kreise mit der innern Haut des Eierstockes verwächst, und was innerhalb dieses Kreises liegt, aufgelöst wird, oder am Eie haften bleibt, wenn diese austritt.
Die Eier werden hiernach in die innern Höhlungen ausgeschüttet. Nun reissen diese zum Theil an den Scheidewänden, zum Theil an andern Stellen durch und drängen durch Contractionen die Eier in die Bauchhöhle. Zwei lange Eileiter öffnen sich eben so wie in den höhern Thieren frei in die Bauchhöhle. Die Trichter dieser Eileiter liegen so weit vor den Eierstöcken und sind so wenig frei, sondern ziemlich eng an die Bauchwand angeheftet, dass es unmöglich scheint, dass sie sich an die Eierstöcke anlegen, um die Eier aufzunehmen. Sie
*)Rathke glaubt, dass jeder dieser Höhlungen eine ursprüngliche Oeffnung zukommt; ich habe sie nach sorgfältiger Untersuchung bisher immer verschlossen gefunden, wenn noch keine Eier ausgetreten waren.
**) Abgebildet in der Epistola de ovi mammalium genesi.
II. N n
sehnlicher Höhlungen von einander ab *). In den Salamandern ist die Höhlung aber einfach. In beiden Familien hat das Ei nicht nur sehr früh ein Keimbläs- chen, sondern es scheint ursprünglich nur Keimbläschen zu seyn, an welches man die Dotterkörnchen, von Einer Seite beginnend, sich lagern sieht. Wenn das Ei reifer wird, unterscheidet man an ihm eine dunklere, einen Theil der Dotter- kugel bekleidende Schicht, die Keimschicht, die nicht scharf gegen die übrige Dottermasse abgegrenzt ist. So lange das Ei sehr jung ist, scheint das Keimbläs- chen, das eine ansehnliche Gröſse hat, ziemlich die Mitte einzunehmen. Bei der Reife des Eies erhebt es sich aber gegen die Oberfläche und nähert sich der Keim- schicht, die eine sphärische Oberfläche bildet. Einmal sah ich das Keimbläschen eines reifen Eies in die Keimschicht eingedrungen, und da es auch von einer Schicht modificirten Dotters umgeben ist, die es bei seiner Fortbewegung mitnimmt, so haben wir jetzt dasselbe Verhältniſs wie im Huhne in sehr vergröſsertem Maaſs- stabe, nämlich einen Keimhügel der das Keimbläschen zunächst umgiebt und eine Keimscheibe darüber, an der Oberfläche des Eies **). Diese Eier sind eben so wie in den höhern Thieren in Kapseln eingeschlossen, in denen ich jedoch, ihrer gro- ſsen Zartheit wegen, nicht die doppelte Schicht, wie in jenen Thieren unterschei- den konnte. Die Kapseln mit ihren Eiern ragen, je reifer sie werden, um so mehr gegen die innern Höhlungen des Eierstockes vor. Eine Narbe habe ich we- gen der Weichheit dieser Kapseln vor der Oeffnung derselben auch nicht unter- scheiden können. Gewiſs ist es aber, daſs, nach dem Austritte der Eier, Kelche mit sehr weiten Mündungen zurückbleiben. Es ist mir daher wahrscheinlich, daſs die Kapsel nicht bloſs in einer Linie, wie in den Vögeln und Eidechsen, oder einem ganz kleinen Umfange, wie in den Säugethieren, sondern in einem weiten Kreise mit der innern Haut des Eierstockes verwächst, und was innerhalb dieses Kreises liegt, aufgelöst wird, oder am Eie haften bleibt, wenn diese austritt.
Die Eier werden hiernach in die innern Höhlungen ausgeschüttet. Nun reiſsen diese zum Theil an den Scheidewänden, zum Theil an andern Stellen durch und drängen durch Contractionen die Eier in die Bauchhöhle. Zwei lange Eileiter öffnen sich eben so wie in den höhern Thieren frei in die Bauchhöhle. Die Trichter dieser Eileiter liegen so weit vor den Eierstöcken und sind so wenig frei, sondern ziemlich eng an die Bauchwańd angeheftet, daſs es unmöglich scheint, daſs sie sich an die Eierstöcke anlegen, um die Eier aufzunehmen. Sie
*)Rathke glaubt, daſs jeder dieser Höhlungen eine ursprüngliche Oeffnung zukommt; ich habe sie nach sorgfältiger Untersuchung bisher immer verschlossen gefunden, wenn noch keine Eier ausgetreten waren.
**) Abgebildet in der Epistola de ovi mammalium genesi.
II. N n
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0291"n="281"/>
sehnlicher Höhlungen von einander ab <noteplace="foot"n="*)"><hirendition="#g">Rathke</hi> glaubt, daſs jeder dieser Höhlungen eine ursprüngliche Oeffnung zukommt; ich habe<lb/>
sie nach sorgfältiger Untersuchung bisher immer verschlossen gefunden, wenn noch keine Eier<lb/>
ausgetreten waren.</note>. In den Salamandern ist die Höhlung<lb/>
aber einfach. In beiden Familien hat das Ei nicht nur sehr früh ein Keimbläs-<lb/>
chen, sondern es scheint ursprünglich nur Keimbläschen zu seyn, an welches man<lb/>
die Dotterkörnchen, von Einer Seite beginnend, sich lagern sieht. Wenn das<lb/>
Ei reifer wird, unterscheidet man an ihm eine dunklere, einen Theil der Dotter-<lb/>
kugel bekleidende Schicht, die Keimschicht, die nicht scharf gegen die übrige<lb/>
Dottermasse abgegrenzt ist. So lange das Ei sehr jung ist, scheint das Keimbläs-<lb/>
chen, das eine ansehnliche Gröſse hat, ziemlich die Mitte einzunehmen. Bei der<lb/>
Reife des Eies erhebt es sich aber gegen die Oberfläche und nähert sich der Keim-<lb/>
schicht, die eine sphärische Oberfläche bildet. Einmal sah ich das Keimbläschen<lb/>
eines reifen Eies in die Keimschicht eingedrungen, und da es auch von einer Schicht<lb/>
modificirten Dotters umgeben ist, die es bei seiner Fortbewegung mitnimmt, so<lb/>
haben wir jetzt dasselbe Verhältniſs wie im Huhne in sehr vergröſsertem Maaſs-<lb/>
stabe, nämlich einen Keimhügel der das Keimbläschen zunächst umgiebt und eine<lb/>
Keimscheibe darüber, an der Oberfläche des Eies <noteplace="foot"n="**)">Abgebildet in der <hirendition="#g"><hirendition="#i">Epistola de ovi mammalium genesi.</hi></hi></note>. Diese Eier sind eben so wie<lb/>
in den höhern Thieren in Kapseln eingeschlossen, in denen ich jedoch, ihrer gro-<lb/>ſsen Zartheit wegen, nicht die doppelte Schicht, wie in jenen Thieren unterschei-<lb/>
den konnte. Die Kapseln mit ihren Eiern ragen, je reifer sie werden, um so<lb/>
mehr gegen die innern Höhlungen des Eierstockes vor. Eine Narbe habe ich we-<lb/>
gen der Weichheit dieser Kapseln vor der Oeffnung derselben auch nicht unter-<lb/>
scheiden können. Gewiſs ist es aber, daſs, nach dem Austritte der Eier, Kelche<lb/>
mit sehr weiten Mündungen zurückbleiben. Es ist mir daher wahrscheinlich,<lb/>
daſs die Kapsel nicht bloſs in einer Linie, wie in den Vögeln und Eidechsen, oder<lb/>
einem ganz kleinen Umfange, wie in den Säugethieren, sondern in einem weiten<lb/>
Kreise mit der innern Haut des Eierstockes verwächst, und was innerhalb dieses<lb/>
Kreises liegt, aufgelöst wird, oder am Eie haften bleibt, wenn diese austritt.</p><lb/><p>Die Eier werden hiernach in die innern Höhlungen ausgeschüttet. Nun<lb/>
reiſsen diese zum Theil an den Scheidewänden, zum Theil an andern Stellen<lb/>
durch und drängen durch Contractionen die Eier in die Bauchhöhle. Zwei lange<lb/>
Eileiter öffnen sich eben so wie in den höhern Thieren frei in die Bauchhöhle.<lb/>
Die Trichter dieser Eileiter liegen so weit vor den Eierstöcken und sind so wenig<lb/>
frei, sondern ziemlich eng an die Bauchwańd angeheftet, daſs es unmöglich<lb/>
scheint, daſs sie sich an die Eierstöcke anlegen, um die Eier aufzunehmen. Sie<lb/><fwplace="bottom"type="sig"><hirendition="#i">II.</hi> N n</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[281/0291]
sehnlicher Höhlungen von einander ab *). In den Salamandern ist die Höhlung
aber einfach. In beiden Familien hat das Ei nicht nur sehr früh ein Keimbläs-
chen, sondern es scheint ursprünglich nur Keimbläschen zu seyn, an welches man
die Dotterkörnchen, von Einer Seite beginnend, sich lagern sieht. Wenn das
Ei reifer wird, unterscheidet man an ihm eine dunklere, einen Theil der Dotter-
kugel bekleidende Schicht, die Keimschicht, die nicht scharf gegen die übrige
Dottermasse abgegrenzt ist. So lange das Ei sehr jung ist, scheint das Keimbläs-
chen, das eine ansehnliche Gröſse hat, ziemlich die Mitte einzunehmen. Bei der
Reife des Eies erhebt es sich aber gegen die Oberfläche und nähert sich der Keim-
schicht, die eine sphärische Oberfläche bildet. Einmal sah ich das Keimbläschen
eines reifen Eies in die Keimschicht eingedrungen, und da es auch von einer Schicht
modificirten Dotters umgeben ist, die es bei seiner Fortbewegung mitnimmt, so
haben wir jetzt dasselbe Verhältniſs wie im Huhne in sehr vergröſsertem Maaſs-
stabe, nämlich einen Keimhügel der das Keimbläschen zunächst umgiebt und eine
Keimscheibe darüber, an der Oberfläche des Eies **). Diese Eier sind eben so wie
in den höhern Thieren in Kapseln eingeschlossen, in denen ich jedoch, ihrer gro-
ſsen Zartheit wegen, nicht die doppelte Schicht, wie in jenen Thieren unterschei-
den konnte. Die Kapseln mit ihren Eiern ragen, je reifer sie werden, um so
mehr gegen die innern Höhlungen des Eierstockes vor. Eine Narbe habe ich we-
gen der Weichheit dieser Kapseln vor der Oeffnung derselben auch nicht unter-
scheiden können. Gewiſs ist es aber, daſs, nach dem Austritte der Eier, Kelche
mit sehr weiten Mündungen zurückbleiben. Es ist mir daher wahrscheinlich,
daſs die Kapsel nicht bloſs in einer Linie, wie in den Vögeln und Eidechsen, oder
einem ganz kleinen Umfange, wie in den Säugethieren, sondern in einem weiten
Kreise mit der innern Haut des Eierstockes verwächst, und was innerhalb dieses
Kreises liegt, aufgelöst wird, oder am Eie haften bleibt, wenn diese austritt.
Die Eier werden hiernach in die innern Höhlungen ausgeschüttet. Nun
reiſsen diese zum Theil an den Scheidewänden, zum Theil an andern Stellen
durch und drängen durch Contractionen die Eier in die Bauchhöhle. Zwei lange
Eileiter öffnen sich eben so wie in den höhern Thieren frei in die Bauchhöhle.
Die Trichter dieser Eileiter liegen so weit vor den Eierstöcken und sind so wenig
frei, sondern ziemlich eng an die Bauchwańd angeheftet, daſs es unmöglich
scheint, daſs sie sich an die Eierstöcke anlegen, um die Eier aufzunehmen. Sie
*) Rathke glaubt, daſs jeder dieser Höhlungen eine ursprüngliche Oeffnung zukommt; ich habe
sie nach sorgfältiger Untersuchung bisher immer verschlossen gefunden, wenn noch keine Eier
ausgetreten waren.
**) Abgebildet in der Epistola de ovi mammalium genesi.
II. N n
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Baer, Karl Ernst von: Über Entwicklungsgeschichte der Thiere. Bd. 2. Königsberg, 1837, S. 281. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baer_thiere_1837/291>, abgerufen am 22.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.