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Baer, Karl Ernst von: Über Entwicklungsgeschichte der Thiere. Bd. 2. Königsberg, 1837.

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Haut, die ich bei ganz kleinen Eiern aufliegend fand, dunkler war, als was man
später aufliegen sieht. Die Nabelschnur bleibt sehr kurz.

Das Ei der Faulthiere ist ein merkwürdiges Mittelglied zwischen sehr he-g. Ei der
Faulthiere.

terogenen Formen, den Affen und Wiederkäuern. Es ist ein länglich runder
Fruchtkuchen da, in welchem man nach Carus und Rudolphi gesonderte,
aber einander genäherte Cotyledonen erkennt. Der Nabelstrang ist so lang, als
in den Affen. Ich habe gesehen, dass die Oberhaut sich hier, wie im Schweine,
als ein vollständiger Sack löst und wie ein zweites Amnion im Amnion aussieht,
dass der Harnstrang sich nicht in den Gipfel der Blase wie gewöhnlich einsenkt,
sondern nach dem Blasenhalse zu. Rudolphi, den ich hierauf aufmerksam
machte, hat dieses Umstandes in den Abhandlungen der Berliner Akademie für
1828 erwähnt und fügt hinzu, dass auch in mehreren Zahnlosen, namentlich inh. Ei der
Zahnlosen.

Myrmecophaga subata und wahrscheinlich in Manis pentadactyla
dasselbe Verhältniss vorkomme.

Von Dasypus hat er keinen Embryo zu untersuchen Gelegenheit gehabt,
allein da die Harnblase von Dasypus sexcinctus grade so aussieht, wie die vom
Ameisenfresser, so vermuthet er dieselbe Einsenkung der Harnschnur auch in
diesem Geschlechte. Ich finde jedoch diese Vermuthung nicht bestätigt. In ei-
nem ziemlich ausgetragenen Embryo des neungürteligen Armadills sehe ich eine
längliche zugespitzte Harnblase. Aus der Spitze der Blase geht ein Strang nach
dem Nabel, der zwar nicht mehr hohl ist, den ich aber nicht umhin kann für
den bereits geschlossenen Harngang zu halten. Das Ei selbst der Zahnlosen
scheint noch ganz unbekannt.

Das Ei des Affen ist dem Ei des Menschen sehr ähnlich, doch ist es nachi. Ei der
Vierhänder.

der Form des Fruchthälters mehr länglich. Der Fruchtkuchen ist beschränkt, und
es scheint, dass die Zotten, die ihn zusammensetzen, fast so fein und zusammenge-
drängt sind als im Menschen, wodurch der Fruchtkuchen eine ansehnliche Festig-
keit erhält. Einige Früchte, welche Rudolphi a. a. O. beschrieben hat und
welche ich im Berliner Museum auch zu untersuchen Gelegenheit hatte, weisen
überhaupt die Annäherung an den Menschen sehr deutlich nach. Der Dottersack
ist (wenigstens bei Hapale) grösser und bleibt bis zur Geburt in nicht ganz un-
bedeutender Grösse. Er ist fast eben so lang gestielt als im Menschen. Auch die
Länge des Nabelstranges, die bei Affen bedeutender ist als bei allen andern Säuge-
thieren mit Ausnahme des Menschen, zeigt diesen Uebergang. Dass dem Frucht-
kuchen gegenüber ein Mutterkuchen, aus der Schleimhaut des Fruchthälters und
einem Ueberzuge des Fruchthälters bestehend, gefunden werde, versteht sich aus
dem von andern Thierformen Gesagten von selbst. Um so auffallender ist es,

Haut, die ich bei ganz kleinen Eiern aufliegend fand, dunkler war, als was man
später aufliegen sieht. Die Nabelschnur bleibt sehr kurz.

Das Ei der Faulthiere ist ein merkwürdiges Mittelglied zwischen sehr he-g. Ei der
Faulthiere.

terogenen Formen, den Affen und Wiederkäuern. Es ist ein länglich runder
Fruchtkuchen da, in welchem man nach Carus und Rudolphi gesonderte,
aber einander genäherte Cotyledonen erkennt. Der Nabelstrang ist so lang, als
in den Affen. Ich habe gesehen, daſs die Oberhaut sich hier, wie im Schweine,
als ein vollständiger Sack löst und wie ein zweites Amnion im Amnion aussieht,
daſs der Harnstrang sich nicht in den Gipfel der Blase wie gewöhnlich einsenkt,
sondern nach dem Blasenhalse zu. Rudolphi, den ich hierauf aufmerksam
machte, hat dieses Umstandes in den Abhandlungen der Berliner Akademie für
1828 erwähnt und fügt hinzu, daſs auch in mehreren Zahnlosen, namentlich inh. Ei der
Zahnlosen.

Myrmecophaga subata und wahrscheinlich in Manis pentadactyla
dasselbe Verhältniſs vorkomme.

Von Dasypus hat er keinen Embryo zu untersuchen Gelegenheit gehabt,
allein da die Harnblase von Dasypus sexcinctus grade so aussieht, wie die vom
Ameisenfresser, so vermuthet er dieselbe Einsenkung der Harnschnur auch in
diesem Geschlechte. Ich finde jedoch diese Vermuthung nicht bestätigt. In ei-
nem ziemlich ausgetragenen Embryo des neungürteligen Armadills sehe ich eine
längliche zugespitzte Harnblase. Aus der Spitze der Blase geht ein Strang nach
dem Nabel, der zwar nicht mehr hohl ist, den ich aber nicht umhin kann für
den bereits geschlossenen Harngang zu halten. Das Ei selbst der Zahnlosen
scheint noch ganz unbekannt.

Das Ei des Affen ist dem Ei des Menschen sehr ähnlich, doch ist es nachi. Ei der
Vierhänder.

der Form des Fruchthälters mehr länglich. Der Fruchtkuchen ist beschränkt, und
es scheint, daſs die Zotten, die ihn zusammensetzen, fast so fein und zusammenge-
drängt sind als im Menschen, wodurch der Fruchtkuchen eine ansehnliche Festig-
keit erhält. Einige Früchte, welche Rudolphi a. a. O. beschrieben hat und
welche ich im Berliner Museum auch zu untersuchen Gelegenheit hatte, weisen
überhaupt die Annäherung an den Menschen sehr deutlich nach. Der Dottersack
ist (wenigstens bei Hapale) gröſser und bleibt bis zur Geburt in nicht ganz un-
bedeutender Gröſse. Er ist fast eben so lang gestielt als im Menschen. Auch die
Länge des Nabelstranges, die bei Affen bedeutender ist als bei allen andern Säuge-
thieren mit Ausnahme des Menschen, zeigt diesen Uebergang. Daſs dem Frucht-
kuchen gegenüber ein Mutterkuchen, aus der Schleimhaut des Fruchthälters und
einem Ueberzuge des Fruchthälters bestehend, gefunden werde, versteht sich aus
dem von andern Thierformen Gesagten von selbst. Um so auffallender ist es,

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[263/0273] Haut, die ich bei ganz kleinen Eiern aufliegend fand, dunkler war, als was man später aufliegen sieht. Die Nabelschnur bleibt sehr kurz. Das Ei der Faulthiere ist ein merkwürdiges Mittelglied zwischen sehr he- terogenen Formen, den Affen und Wiederkäuern. Es ist ein länglich runder Fruchtkuchen da, in welchem man nach Carus und Rudolphi gesonderte, aber einander genäherte Cotyledonen erkennt. Der Nabelstrang ist so lang, als in den Affen. Ich habe gesehen, daſs die Oberhaut sich hier, wie im Schweine, als ein vollständiger Sack löst und wie ein zweites Amnion im Amnion aussieht, daſs der Harnstrang sich nicht in den Gipfel der Blase wie gewöhnlich einsenkt, sondern nach dem Blasenhalse zu. Rudolphi, den ich hierauf aufmerksam machte, hat dieses Umstandes in den Abhandlungen der Berliner Akademie für 1828 erwähnt und fügt hinzu, daſs auch in mehreren Zahnlosen, namentlich in Myrmecophaga subata und wahrscheinlich in Manis pentadactyla dasselbe Verhältniſs vorkomme. g. Ei der Faulthiere. h. Ei der Zahnlosen. Von Dasypus hat er keinen Embryo zu untersuchen Gelegenheit gehabt, allein da die Harnblase von Dasypus sexcinctus grade so aussieht, wie die vom Ameisenfresser, so vermuthet er dieselbe Einsenkung der Harnschnur auch in diesem Geschlechte. Ich finde jedoch diese Vermuthung nicht bestätigt. In ei- nem ziemlich ausgetragenen Embryo des neungürteligen Armadills sehe ich eine längliche zugespitzte Harnblase. Aus der Spitze der Blase geht ein Strang nach dem Nabel, der zwar nicht mehr hohl ist, den ich aber nicht umhin kann für den bereits geschlossenen Harngang zu halten. Das Ei selbst der Zahnlosen scheint noch ganz unbekannt. Das Ei des Affen ist dem Ei des Menschen sehr ähnlich, doch ist es nach der Form des Fruchthälters mehr länglich. Der Fruchtkuchen ist beschränkt, und es scheint, daſs die Zotten, die ihn zusammensetzen, fast so fein und zusammenge- drängt sind als im Menschen, wodurch der Fruchtkuchen eine ansehnliche Festig- keit erhält. Einige Früchte, welche Rudolphi a. a. O. beschrieben hat und welche ich im Berliner Museum auch zu untersuchen Gelegenheit hatte, weisen überhaupt die Annäherung an den Menschen sehr deutlich nach. Der Dottersack ist (wenigstens bei Hapale) gröſser und bleibt bis zur Geburt in nicht ganz un- bedeutender Gröſse. Er ist fast eben so lang gestielt als im Menschen. Auch die Länge des Nabelstranges, die bei Affen bedeutender ist als bei allen andern Säuge- thieren mit Ausnahme des Menschen, zeigt diesen Uebergang. Daſs dem Frucht- kuchen gegenüber ein Mutterkuchen, aus der Schleimhaut des Fruchthälters und einem Ueberzuge des Fruchthälters bestehend, gefunden werde, versteht sich aus dem von andern Thierformen Gesagten von selbst. Um so auffallender ist es, i. Ei der Vierhänder.

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Zitationshilfe: Baer, Karl Ernst von: Über Entwicklungsgeschichte der Thiere. Bd. 2. Königsberg, 1837, S. 263. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baer_thiere_1837/273>, abgerufen am 21.05.2024.