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Baer, Karl Ernst von: Über Entwicklungsgeschichte der Thiere. Bd. 2. Königsberg, 1837.

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Fruchthälters, wo auch Drüsen ausmünden, gegenüber bildet sich ein kleiner
Kreis von niedrigen Zotten.

Der Fruchtkuchen der Raubthierc umgiebt gürtelförmig das Ei.

Diese Gestalt erhält er, indem auch an beiden Enden die äussere Eihaut, wie
in den Dickhäutern, vom Harnsack durchrissen werden; es sind aber die einzel-
nen Zotten, aus denen der Fruchtkuchen besteht, bei weitem mehr verästelt.

In den Nagern und Insectenfressern ist der Fruchtkuchen nicht gürtelför-
mig, sondern nur auf eine kleine Gegend des Eies beschränkt. Oft sieht man
zwei getrennte, doch nah an einander liegende Fruchtkuchen.

Diese Differenz ist aber sehr unwesentlich, denn man findet sie nicht nur
bei derselben Thierart, sondern sogar bei den verschiedenen Früchten desselben
Fruchthälters. Sind die Stellen, an welchen die beiden Nabelarterien die Ober-
fläche erreichen, etwas näher an einander, so erreicht sich der Umsang ihrer
Wucherungen in Zotten, und man hat nun einen Fruchtkuchen, der aber doch
durch eine Einkerbung seine Duplicität andeutet; liegen sie nur wenig mehr aus
einander, so erreichen sie sich nicht, und man sieht zwei getrennte Fruchtku-
chen. Ich finde keine ursprüngliche Bildung im Fruchthälter, welche die Ent-
wickelung des Fruchtkuchens an dieser bestimmten Stelle bedingen könnte. Al-
lein, wie wir gehört haben, scheint die äussere Eihaut eine Zerreissung zu er-
leiden und der grösste Theil derselben dadurch verloren zu gehen. Dann wer-
den die Zotten nur da bleiben, wo sie von den Nabelarterien schon erreicht und
mit Gefässnetzen gefüllt sind. Vielleicht liegt aber die Auflösung der äussern
Haut auch darin, dass die Blutgefässe, die der Harnsack an die Oberfläche ge-
bracht hat, nicht weit sich ausdehnen können, da der grosse Dottersack den
grössten Theil von der Höhlung des Eies eingenommen hat und die äussere Haut
auskleidet.

Dass im Menschen der Fruchtkuchen nur auf einen kleinen Theil des Cho-
rions beschränkt ist, obgleich die äussere Eihaut doch anfänglich in ihrem gan-
zen Umfange mit Zotten besetzt war, mag darin seinen Grund haben, dass nur
hier die Zotten den Gefässnetzen des Fruchthälters nahe liegen. Ich bemerke die-
ses nur der Vollständigkeit wegen, indem ich mir vorbehalte, von der mensch-
lichen Frucht später ausführlicher zu sprechen.

Ueberall wuchern an der innern Fläche des Fruchthälters die Gefässnetze, wov. Ueberzug
des Eihälters
Mutterku-
chen.

ihnen gegenüber die Gefässnetze des Eies an seiner Oberfläche wuchern, und jene
Wucherung ist als die bedingende zu betrachten, denn sie tritt schon ein, wenn
die Frucht noch gar kein Blut hat, und geht sogar über die Substanz des Frucht-
hälters hinaus, um sich den Gefässen des Eies zu nähern.

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Fruchthälters, wo auch Drüsen ausmünden, gegenüber bildet sich ein kleiner
Kreis von niedrigen Zotten.

Der Fruchtkuchen der Raubthierc umgiebt gürtelförmig das Ei.

Diese Gestalt erhält er, indem auch an beiden Enden die äuſsere Eihaut, wie
in den Dickhäutern, vom Harnsack durchrissen werden; es sind aber die einzel-
nen Zotten, aus denen der Fruchtkuchen besteht, bei weitem mehr verästelt.

In den Nagern und Insectenfressern ist der Fruchtkuchen nicht gürtelför-
mig, sondern nur auf eine kleine Gegend des Eies beschränkt. Oft sieht man
zwei getrennte, doch nah an einander liegende Fruchtkuchen.

Diese Differenz ist aber sehr unwesentlich, denn man findet sie nicht nur
bei derselben Thierart, sondern sogar bei den verschiedenen Früchten desselben
Fruchthälters. Sind die Stellen, an welchen die beiden Nabelarterien die Ober-
fläche erreichen, etwas näher an einander, so erreicht sich der Umſang ihrer
Wucherungen in Zotten, und man hat nun einen Fruchtkuchen, der aber doch
durch eine Einkerbung seine Duplicität andeutet; liegen sie nur wenig mehr aus
einander, so erreichen sie sich nicht, und man sieht zwei getrennte Fruchtku-
chen. Ich finde keine ursprüngliche Bildung im Fruchthälter, welche die Ent-
wickelung des Fruchtkuchens an dieser bestimmten Stelle bedingen könnte. Al-
lein, wie wir gehört haben, scheint die äuſsere Eihaut eine Zerreiſsung zu er-
leiden und der gröſste Theil derselben dadurch verloren zu gehen. Dann wer-
den die Zotten nur da bleiben, wo sie von den Nabelarterien schon erreicht und
mit Gefäſsnetzen gefüllt sind. Vielleicht liegt aber die Auflösung der äuſsern
Haut auch darin, daſs die Blutgefäſse, die der Harnsack an die Oberfläche ge-
bracht hat, nicht weit sich ausdehnen können, da der groſse Dottersack den
gröſsten Theil von der Höhlung des Eies eingenommen hat und die äuſsere Haut
auskleidet.

Daſs im Menschen der Fruchtkuchen nur auf einen kleinen Theil des Cho-
rions beschränkt ist, obgleich die äuſsere Eihaut doch anfänglich in ihrem gan-
zen Umfange mit Zotten besetzt war, mag darin seinen Grund haben, daſs nur
hier die Zotten den Gefäſsnetzen des Fruchthälters nahe liegen. Ich bemerke die-
ses nur der Vollständigkeit wegen, indem ich mir vorbehalte, von der mensch-
lichen Frucht später ausführlicher zu sprechen.

Ueberall wuchern an der innern Fläche des Fruchthälters die Gefäſsnetze, wov. Ueberzug
des Eihälters
Mutterku-
chen.

ihnen gegenüber die Gefäſsnetze des Eies an seiner Oberfläche wuchern, und jene
Wucherung ist als die bedingende zu betrachten, denn sie tritt schon ein, wenn
die Frucht noch gar kein Blut hat, und geht sogar über die Substanz des Frucht-
hälters hinaus, um sich den Gefäſsen des Eies zu nähern.

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[203/0213] Fruchthälters, wo auch Drüsen ausmünden, gegenüber bildet sich ein kleiner Kreis von niedrigen Zotten. Der Fruchtkuchen der Raubthierc umgiebt gürtelförmig das Ei. Diese Gestalt erhält er, indem auch an beiden Enden die äuſsere Eihaut, wie in den Dickhäutern, vom Harnsack durchrissen werden; es sind aber die einzel- nen Zotten, aus denen der Fruchtkuchen besteht, bei weitem mehr verästelt. In den Nagern und Insectenfressern ist der Fruchtkuchen nicht gürtelför- mig, sondern nur auf eine kleine Gegend des Eies beschränkt. Oft sieht man zwei getrennte, doch nah an einander liegende Fruchtkuchen. Diese Differenz ist aber sehr unwesentlich, denn man findet sie nicht nur bei derselben Thierart, sondern sogar bei den verschiedenen Früchten desselben Fruchthälters. Sind die Stellen, an welchen die beiden Nabelarterien die Ober- fläche erreichen, etwas näher an einander, so erreicht sich der Umſang ihrer Wucherungen in Zotten, und man hat nun einen Fruchtkuchen, der aber doch durch eine Einkerbung seine Duplicität andeutet; liegen sie nur wenig mehr aus einander, so erreichen sie sich nicht, und man sieht zwei getrennte Fruchtku- chen. Ich finde keine ursprüngliche Bildung im Fruchthälter, welche die Ent- wickelung des Fruchtkuchens an dieser bestimmten Stelle bedingen könnte. Al- lein, wie wir gehört haben, scheint die äuſsere Eihaut eine Zerreiſsung zu er- leiden und der gröſste Theil derselben dadurch verloren zu gehen. Dann wer- den die Zotten nur da bleiben, wo sie von den Nabelarterien schon erreicht und mit Gefäſsnetzen gefüllt sind. Vielleicht liegt aber die Auflösung der äuſsern Haut auch darin, daſs die Blutgefäſse, die der Harnsack an die Oberfläche ge- bracht hat, nicht weit sich ausdehnen können, da der groſse Dottersack den gröſsten Theil von der Höhlung des Eies eingenommen hat und die äuſsere Haut auskleidet. Daſs im Menschen der Fruchtkuchen nur auf einen kleinen Theil des Cho- rions beschränkt ist, obgleich die äuſsere Eihaut doch anfänglich in ihrem gan- zen Umfange mit Zotten besetzt war, mag darin seinen Grund haben, daſs nur hier die Zotten den Gefäſsnetzen des Fruchthälters nahe liegen. Ich bemerke die- ses nur der Vollständigkeit wegen, indem ich mir vorbehalte, von der mensch- lichen Frucht später ausführlicher zu sprechen. Ueberall wuchern an der innern Fläche des Fruchthälters die Gefäſsnetze, wo ihnen gegenüber die Gefäſsnetze des Eies an seiner Oberfläche wuchern, und jene Wucherung ist als die bedingende zu betrachten, denn sie tritt schon ein, wenn die Frucht noch gar kein Blut hat, und geht sogar über die Substanz des Frucht- hälters hinaus, um sich den Gefäſsen des Eies zu nähern. v. Ueberzug des Eihälters Mutterku- chen. C c 2

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Zitationshilfe: Baer, Karl Ernst von: Über Entwicklungsgeschichte der Thiere. Bd. 2. Königsberg, 1837, S. 203. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baer_thiere_1837/213>, abgerufen am 25.11.2024.