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Baer, Karl Ernst von: Über Entwicklungsgeschichte der Thiere. Bd. 2. Königsberg, 1837.

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Im Uebrigen sind die Dottersäcke der verschiedenen Familien der Säuge-
thiere in der äussern Form und in der Grösse sehr ungleich, denn obgleich alle
Eier in Form von Kugeln aus dem Eierstocke treten, so werden sie doch als Dot-
tersäcke sehr verschieden. Wir haben schon bemerkt, dass sie bei Hufthieren
in ausserordentlich lange Fäden mit etwas weiterer Mitte ausgezogen werden.
Nachdem sich die äussere Eihaut gebildet und der Harnsack an diese angelegt hat,
sterben die dünnen Zipfel ab. Obgleich sie bei sorgfältiger Untersuchung, be-
sonders in Dickhäutern, noch einige Zeit auffindbar bleiben, so sieht man doch
bei Wiederkäuern sehr bald nur die Mitte thätig und mit Blutgefässen versehen,
und schnell ist auch von dieser nur noch die Spur zu sehen. Daher kommt es,
dass man diesen Eiern die Erythrois abgesprochen hat. Bei Dickhäutern sind
nicht nur die äussersten Zipfel längere Zeit (beim Schwein bis über vier Wochen)
als abgestorbene Enden zu erkennen, sondern die Mitte ist während der ersten
Hälfte des Embryonenlebens als ein zweizipfliger, von der enthaltenen Dotter-
masse gelb erscheinender Sack, mit Blutgefässen überzogen, thätig.

Der Dottersack des Menschen, hier Nabelbläschen genannt, bildet in so
fern einen Gegensatz zu dem Dottersacke der Wiederkäuer, dass er seine kuge-
lige Gestalt gar nicht verändert, oder höchstens, wenn er aufhört thätig zu seyn,
etwas länglich wird, aber darin stimmt er überein, dass er auch klein bleibt,
und früh allen Antheil an der Ausbildung verliert.

Der Dottersack der Raubthiere verändert langsam seine Kugelform in eine
ellipsoidische und dann in eine spindelförmige. Allein dieser Dottersack saugt
immerfort Flüssigkeit ein und wird daher sehr gross, wächst mit dem Eie, bleibt
durch den Dottergang mit dem Darme sehr lange in offener Communication und
behält sein reiches Gefässnetz bis zur Geburt. Es war daher unvermeidlich,
dass man aus den Eiern dieser Thiere schon vor Jahrhunderten die Erythrois
kannte.

Noch anders ist es in den Nagern. Der Dottersack wächst so stark mitTaf. IV.
Fig. 20.

ganz flüssig gewordenem Dotter und hat so wenig Neigung sich in Zipfel zu ver-
längern, dass er bei weiterer Vergrösserung nicht an der Bauchseite des Embryo
bleibt, sondern zwischen Amnion und seröser Hülle um das erstere sich herum-
schlägt und über den ganzen Rücken des Embryo fortgeht, bis er endlich wieder
auf der andern Seite am Bauche anlangt, ohne jedoch sich selbst zu erreichen,
woran ihn der zwischenliegende Fruchtkuchen hindert. Er erlangt also die
Form, die der Harnsack im Vogel annimmt, und ist auch bis zur Geburt
thätig.

Im Uebrigen sind die Dottersäcke der verschiedenen Familien der Säuge-
thiere in der äuſsern Form und in der Gröſse sehr ungleich, denn obgleich alle
Eier in Form von Kugeln aus dem Eierstocke treten, so werden sie doch als Dot-
tersäcke sehr verschieden. Wir haben schon bemerkt, daſs sie bei Hufthieren
in auſserordentlich lange Fäden mit etwas weiterer Mitte ausgezogen werden.
Nachdem sich die äuſsere Eihaut gebildet und der Harnsack an diese angelegt hat,
sterben die dünnen Zipfel ab. Obgleich sie bei sorgfältiger Untersuchung, be-
sonders in Dickhäutern, noch einige Zeit auffindbar bleiben, so sieht man doch
bei Wiederkäuern sehr bald nur die Mitte thätig und mit Blutgefäſsen versehen,
und schnell ist auch von dieser nur noch die Spur zu sehen. Daher kommt es,
daſs man diesen Eiern die Erythrois abgesprochen hat. Bei Dickhäutern sind
nicht nur die äuſsersten Zipfel längere Zeit (beim Schwein bis über vier Wochen)
als abgestorbene Enden zu erkennen, sondern die Mitte ist während der ersten
Hälfte des Embryonenlebens als ein zweizipfliger, von der enthaltenen Dotter-
masse gelb erscheinender Sack, mit Blutgefäſsen überzogen, thätig.

Der Dottersack des Menschen, hier Nabelbläschen genannt, bildet in so
fern einen Gegensatz zu dem Dottersacke der Wiederkäuer, daſs er seine kuge-
lige Gestalt gar nicht verändert, oder höchstens, wenn er aufhört thätig zu seyn,
etwas länglich wird, aber darin stimmt er überein, daſs er auch klein bleibt,
und früh allen Antheil an der Ausbildung verliert.

Der Dottersack der Raubthiere verändert langsam seine Kugelform in eine
ellipsoidische und dann in eine spindelförmige. Allein dieser Dottersack saugt
immerfort Flüssigkeit ein und wird daher sehr groſs, wächst mit dem Eie, bleibt
durch den Dottergang mit dem Darme sehr lange in offener Communication und
behält sein reiches Gefäſsnetz bis zur Geburt. Es war daher unvermeidlich,
daſs man aus den Eiern dieser Thiere schon vor Jahrhunderten die Erythrois
kannte.

Noch anders ist es in den Nagern. Der Dottersack wächst so stark mitTaf. IV.
Fig. 20.

ganz flüssig gewordenem Dotter und hat so wenig Neigung sich in Zipfel zu ver-
längern, daſs er bei weiterer Vergröſserung nicht an der Bauchseite des Embryo
bleibt, sondern zwischen Amnion und seröser Hülle um das erstere sich herum-
schlägt und über den ganzen Rücken des Embryo fortgeht, bis er endlich wieder
auf der andern Seite am Bauche anlangt, ohne jedoch sich selbst zu erreichen,
woran ihn der zwischenliegende Fruchtkuchen hindert. Er erlangt also die
Form, die der Harnsack im Vogel annimmt, und ist auch bis zur Geburt
thätig.

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[191/0201] Im Uebrigen sind die Dottersäcke der verschiedenen Familien der Säuge- thiere in der äuſsern Form und in der Gröſse sehr ungleich, denn obgleich alle Eier in Form von Kugeln aus dem Eierstocke treten, so werden sie doch als Dot- tersäcke sehr verschieden. Wir haben schon bemerkt, daſs sie bei Hufthieren in auſserordentlich lange Fäden mit etwas weiterer Mitte ausgezogen werden. Nachdem sich die äuſsere Eihaut gebildet und der Harnsack an diese angelegt hat, sterben die dünnen Zipfel ab. Obgleich sie bei sorgfältiger Untersuchung, be- sonders in Dickhäutern, noch einige Zeit auffindbar bleiben, so sieht man doch bei Wiederkäuern sehr bald nur die Mitte thätig und mit Blutgefäſsen versehen, und schnell ist auch von dieser nur noch die Spur zu sehen. Daher kommt es, daſs man diesen Eiern die Erythrois abgesprochen hat. Bei Dickhäutern sind nicht nur die äuſsersten Zipfel längere Zeit (beim Schwein bis über vier Wochen) als abgestorbene Enden zu erkennen, sondern die Mitte ist während der ersten Hälfte des Embryonenlebens als ein zweizipfliger, von der enthaltenen Dotter- masse gelb erscheinender Sack, mit Blutgefäſsen überzogen, thätig. Der Dottersack des Menschen, hier Nabelbläschen genannt, bildet in so fern einen Gegensatz zu dem Dottersacke der Wiederkäuer, daſs er seine kuge- lige Gestalt gar nicht verändert, oder höchstens, wenn er aufhört thätig zu seyn, etwas länglich wird, aber darin stimmt er überein, daſs er auch klein bleibt, und früh allen Antheil an der Ausbildung verliert. Der Dottersack der Raubthiere verändert langsam seine Kugelform in eine ellipsoidische und dann in eine spindelförmige. Allein dieser Dottersack saugt immerfort Flüssigkeit ein und wird daher sehr groſs, wächst mit dem Eie, bleibt durch den Dottergang mit dem Darme sehr lange in offener Communication und behält sein reiches Gefäſsnetz bis zur Geburt. Es war daher unvermeidlich, daſs man aus den Eiern dieser Thiere schon vor Jahrhunderten die Erythrois kannte. Noch anders ist es in den Nagern. Der Dottersack wächst so stark mit ganz flüssig gewordenem Dotter und hat so wenig Neigung sich in Zipfel zu ver- längern, daſs er bei weiterer Vergröſserung nicht an der Bauchseite des Embryo bleibt, sondern zwischen Amnion und seröser Hülle um das erstere sich herum- schlägt und über den ganzen Rücken des Embryo fortgeht, bis er endlich wieder auf der andern Seite am Bauche anlangt, ohne jedoch sich selbst zu erreichen, woran ihn der zwischenliegende Fruchtkuchen hindert. Er erlangt also die Form, die der Harnsack im Vogel annimmt, und ist auch bis zur Geburt thätig. Taf. IV. Fig. 20.

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Zitationshilfe: Baer, Karl Ernst von: Über Entwicklungsgeschichte der Thiere. Bd. 2. Königsberg, 1837, S. 191. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baer_thiere_1837/201>, abgerufen am 25.11.2024.