Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Baer, Karl Ernst von: Über Entwicklungsgeschichte der Thiere. Bd. 2. Königsberg, 1837.

Bild:
<< vorherige Seite

thieren zu beobachten, dass diese Haut ganz eben so, nur später, sich bildet, wie
die äussere Eihaut des Vogels, so wie die Ausbildung des Eies der Hufthiere mit

die Dotterkugel der Säugethiere schon richtig gesehen und beschrieben sey, sondern auch vor-
her von Andern. Er hofft, ich werde "von meinem Wahne zurückkommen, wenn ich das Buch
der Geschichte aufgeschlagen haben werde." Bis dahin hält Herr Dr. Plagge mir das Buch
der Geschichte vor, und sucht, in Ermangelung von Graaf's Schriften+); aus Palfyn's Traite
des monstres
zu beweisen, dass Graaf nicht die bekannten, nach ihm benannten Bläschen
für die Eier gehalten habe, sondern die wahren Dotterkugeln in ihnen. Da ich Graaf's apera
omnia
doppelt besass, so habe ich mir die Freiheit genommen, ein Exemplar Herrn Dr. Plagge
zu übersenden, nachdem ich die Stellen angestrichen hatte, welche zeigen, dass Graafden ge-
sammten Inhalt der Kapsel geradezu Ovulum nennt. Ich muss um Verzeihung bitten, dass das
Buch so viele Striche erhalten hat. Ferner sollen Home und Bauer das Ei im Eierstocke ge-
sehen haben. Diese Beobachter sagen: das Ei bilde sich im gelben Körper; der gelbe Körper
aber soll sich nie in oder aus einem Graaf'schen Bläschen entwickeln, sondern ausserhalb des-
selben. Einmal soll Herr Bauer die Eröffnung des gelben Körpers und das Austreten des Eies
geschen haben, allein an einem noch jungfräulichen, ja nur sechsmonatlichen Schweine!!
(Lectures on comparative anatomy Vol. III und Meckel's d. Archiv für Physiologie
Bd. V. S. 417. In dieser deutschen Uebersetzung, welche Autorität Herr Dr. Plagge allein
kannte, steht sogar: sechswöchentlich.) Ueberhaupt ist in diesem Aufsatze des Wunderbaren so
viel, dass es nur durch die merkwürdige Unwissenheit des Herrn Home verständlich wird. Wir
wollen doch seinen Bericht etwas näher ins Auge fassen! Dass er das Ei irgendwie im Eierstocke
geschen habe, geht aus keiner Stelle hervor. Nicht einmal die Grösse dieses Eies wird ungefähr
angegeben, noch viel weniger die Verhältnisse unter denen man es sah. Dass eine befruchtete
Sau Eier aus dem Eierstocke ausschüttet, ist mir sehr unwahrscheinlich ++). Dass Home und
Bauer gerade auf eine solche Sau treffen und sie ganz im Momente des Ausschüttens öffnen,
ist so unendlich unwahrscheinlich, dass man wenigstens annehmen müsste, Home's Messer
habe die Geschlechtslust des Thieres erregt! Da es völlig unmöglich ist, dass man die Eröffnung
eines gelben Körpers und das Ei selbst in der Bauchhöhle einer geöffneten Sau sehen kann, ein
solcher lebendiger Act an einem ausgeschnittenen und unter das Mikroskop gebrachten Eier-
stocke doppelt und an einem Eierstocke eines Ferkels dreifach unmöglich ist, so halte ich die
ganze Erzählung für ein Mährchen, oder eine sehr grobe Selbsttäuschung. Wer mehr Glauben
hat, mag ihn in Anwendung bringen! -- Auch haben die Engländer auf diesen Bericht gar keinen
Werth gelegt, aber wohl die Deutschen, von denen Menzel nicht mit Unrecht sagt: "Wenn
die Deutschen einmal ins Verehren kommen, so fragen sie jar nicht mehr: Wen? oder: Was?
In Bezug auf die Ansprüche des Dr. Plagge selbst habe ich schon in Heusinger's Zeit-
schrift
Bd II. mich dahin ausgesprochen, dass es mir scheint, derselbe habe ein unentwickeltes,
durch ein benachbartes Corpus luteum zusammengedrücktes Graaf'sches Bläschen, wie ein
Paar dergleichen auf unserer Taf. IV. Fig. II. abgebildet sind, für das Ei gehalten; denn Plagge
sagt in seiner frühern Abhandlung (Meckel's deutsches Archiu für Physiologie Bd. VII.) das
Corpus luteum bilde sich zwischen dem Ei und dem nächst liegenden Graaf'schen Bläschen.
Dieses Ei soll ferner drei Linien im Durchmesser erhalten und drei Kreise zeigen, "welche die
drei nachherigen Häute, das Chorion, die Allantois und das Amnion zu seyn scheinen." Die
einzige ursprüngliche Haut, die Oberhaut, so wie die Keimhaut, später zur Nabelblase werdend,
+) Das Buch der Geschichte hat bei Herrn Dr. Plagge doch ansehnliche Lücken!
++) Dass im menschlichen Weibe corpora lutea ohne vorhergegangene Schwangerschaft vorkommen,
habe ich selbst gesehen. Selten mögen sie ohne Begattung sich finden. Bei Thieren muss ich die Er-
öffnung der Kapseln ohne vorherige Paarung bezweifeln, weil ich nie die Spuren an zahlreich von
mir geöffneten Thieren gesehen habe.

thieren zu beobachten, daſs diese Haut ganz eben so, nur später, sich bildet, wie
die äuſsere Eihaut des Vogels, so wie die Ausbildung des Eies der Hufthiere mit

die Dotterkugel der Säugethiere schon richtig gesehen und beschrieben sey, sondern auch vor-
her von Andern. Er hofft, ich werde „von meinem Wahne zurückkommen, wenn ich das Buch
der Geschichte aufgeschlagen haben werde.” Bis dahin hält Herr Dr. Plagge mir das Buch
der Geschichte vor, und sucht, in Ermangelung von Graaf’s Schriften†); aus Palfyn’s Traité
des monstres
zu beweisen, daſs Graaf nicht die bekannten, nach ihm benannten Bläschen
für die Eier gehalten habe, sondern die wahren Dotterkugeln in ihnen. Da ich Graaf’s apera
omnia
doppelt beſaſs, so habe ich mir die Freiheit genommen, ein Exemplar Herrn Dr. Plagge
zu übersenden, nachdem ich die Stellen angestrichen hatte, welche zeigen, daſs Graafden ge-
sammten Inhalt der Kapsel geradezu Ovulum nennt. Ich muſs um Verzeihung bitten, daſs das
Buch so viele Striche erhalten hat. Ferner sollen Home und Bauer das Ei im Eierstocke ge-
sehen haben. Diese Beobachter sagen: das Ei bilde sich im gelben Körper; der gelbe Körper
aber soll sich nie in oder aus einem Graaf’schen Bläschen entwickeln, sondern auſserhalb des-
selben. Einmal soll Herr Bauer die Eröffnung des gelben Körpers und das Austreten des Eies
geschen haben, allein an einem noch jungfräulichen, ja nur sechsmonatlichen Schweine!!
(Lectures on comparative anatomy Vol. III und Meckel’s d. Archiv für Physiologie
Bd. V. S. 417. In dieser deutschen Uebersetzung, welche Autorität Herr Dr. Plagge allein
kannte, steht sogar: sechswöchentlich.) Ueberhaupt ist in diesem Aufsatze des Wunderbaren so
viel, daſs es nur durch die merkwürdige Unwissenheit des Herrn Home verständlich wird. Wir
wollen doch seinen Bericht etwas näher ins Auge fassen! Daſs er das Ei irgendwie im Eierstocke
geschen habe, geht aus keiner Stelle hervor. Nicht einmal die Gröſse dieses Eies wird ungefähr
angegeben, noch viel weniger die Verhältnisse unter denen man es sah. Daſs eine befruchtete
Sau Eier aus dem Eierstocke ausschüttet, ist mir sehr unwahrscheinlich ††). Daſs Home und
Bauer gerade auf eine solche Sau treffen und sie ganz im Momente des Ausschüttens öffnen,
ist so unendlich unwahrscheinlich, daſs man wenigstens annehmen müſste, Home’s Messer
habe die Geschlechtslust des Thieres erregt! Da es völlig unmöglich ist, daſs man die Eröffnung
eines gelben Körpers und das Ei selbst in der Bauchhöhle einer geöffneten Sau sehen kann, ein
solcher lebendiger Act an einem ausgeschnittenen und unter das Mikroskop gebrachten Eier-
stocke doppelt und an einem Eierstocke eines Ferkels dreifach unmöglich ist, so halte ich die
ganze Erzählung für ein Mährchen, oder eine sehr grobe Selbsttäuschung. Wer mehr Glauben
hat, mag ihn in Anwendung bringen! — Auch haben die Engländer auf diesen Bericht gar keinen
Werth gelegt, aber wohl die Deutschen, von denen Menzel nicht mit Unrecht sagt: „Wenn
die Deutschen einmal ins Verehren kommen, so fragen sie jar nicht mehr: Wen? oder: Was?
In Bezug auf die Ansprüche des Dr. Plagge selbst habe ich schon in Heusinger’s Zeit-
schrift
Bd II. mich dahin ausgesprochen, daſs es mir scheint, derselbe habe ein unentwickeltes,
durch ein benachbartes Corpus luteum zusammengedrücktes Graaf’sches Bläschen, wie ein
Paar dergleichen auf unserer Taf. IV. Fig. II. abgebildet sind, für das Ei gehalten; denn Plagge
sagt in seiner frühern Abhandlung (Meckel’s deutsches Archiu für Physiologie Bd. VII.) das
Corpus luteum bilde sich zwischen dem Ei und dem nächst liegenden Graaf’schen Bläschen.
Dieses Ei soll ferner drei Linien im Durchmesser erhalten und drei Kreise zeigen, „welche die
drei nachherigen Häute, das Chorion, die Allantois und das Amnion zu seyn scheinen.” Die
einzige ursprüngliche Haut, die Oberhaut, so wie die Keimhaut, später zur Nabelblase werdend,
†) Das Buch der Geschichte hat bei Herrn Dr. Plagge doch ansehnliche Lücken!
††) Daſs im menschlichen Weibe corpora lutea ohne vorhergegangene Schwangerschaft vorkommen,
habe ich selbst gesehen. Selten mögen sie ohne Begattung sich finden. Bei Thieren muſs ich die Er-
öffnung der Kapseln ohne vorherige Paarung bezweifeln, weil ich nie die Spuren an zahlreich von
mir geöffneten Thieren gesehen habe.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0184" n="174"/>
thieren zu beobachten, da&#x017F;s diese Haut ganz eben so, nur später, sich bildet, wie<lb/>
die äu&#x017F;sere Eihaut des Vogels, so wie die Ausbildung des Eies der Hufthiere mit<lb/><note xml:id="seg2pn_11_2" prev="#seg2pn_11_1" place="foot" n="&#x2020;&#x2020;&#x2020;)">die Dotterkugel der Säugethiere schon richtig gesehen und beschrieben sey, sondern auch vor-<lb/>
her von Andern. Er hofft, ich werde &#x201E;von meinem Wahne zurückkommen, wenn ich das Buch<lb/>
der Geschichte aufgeschlagen haben werde.&#x201D; Bis dahin hält Herr Dr. <hi rendition="#g">Plagge</hi> mir das Buch<lb/>
der Geschichte vor, und sucht, in Ermangelung von <hi rendition="#g">Graaf&#x2019;s</hi> Schriften<note place="foot" n="&#x2020;)">Das Buch der Geschichte hat bei Herrn Dr. <hi rendition="#g">Plagge</hi> doch ansehnliche Lücken!</note>; aus <hi rendition="#g">Palfyn&#x2019;s <hi rendition="#i">Traité<lb/>
des monstres</hi></hi> zu beweisen, da&#x017F;s <hi rendition="#g">Graaf</hi> nicht die bekannten, nach ihm benannten Bläschen<lb/>
für die Eier gehalten habe, sondern die wahren Dotterkugeln in ihnen. Da ich <hi rendition="#g">Graaf&#x2019;s <hi rendition="#i">apera<lb/>
omnia</hi></hi> doppelt be&#x017F;a&#x017F;s, so habe ich mir die Freiheit genommen, ein Exemplar Herrn Dr. <hi rendition="#g">Plagge</hi><lb/>
zu übersenden, nachdem ich die Stellen angestrichen hatte, welche zeigen, da&#x017F;s <hi rendition="#g">Graafden</hi> ge-<lb/>
sammten Inhalt der Kapsel geradezu <hi rendition="#g"><hi rendition="#i">Ovulum</hi></hi> nennt. Ich mu&#x017F;s um Verzeihung bitten, da&#x017F;s das<lb/>
Buch so viele Striche erhalten hat. Ferner sollen <hi rendition="#g">Home</hi> und <hi rendition="#g">Bauer</hi> das Ei im Eierstocke ge-<lb/>
sehen haben. Diese Beobachter sagen: das Ei bilde sich im gelben Körper; der gelbe Körper<lb/>
aber soll sich nie in oder aus einem Graaf&#x2019;schen Bläschen entwickeln, sondern au&#x017F;serhalb des-<lb/>
selben. Einmal soll Herr <hi rendition="#g">Bauer</hi> die Eröffnung des gelben Körpers und das Austreten des Eies<lb/>
geschen haben, allein an einem noch jungfräulichen, ja nur <hi rendition="#i">sechsmonatlichen</hi> Schweine!!<lb/>
(<hi rendition="#g"><hi rendition="#i">Lectures on comparative anatomy</hi></hi> Vol. III und <hi rendition="#g">Meckel&#x2019;s</hi> <hi rendition="#i">d. Archiv für Physiologie</hi><lb/>
Bd. V. S. 417. In dieser deutschen Uebersetzung, welche Autorität Herr Dr. <hi rendition="#g">Plagge</hi> allein<lb/>
kannte, steht sogar: <hi rendition="#i">sechswöchentlich.</hi>) Ueberhaupt ist in diesem Aufsatze des Wunderbaren so<lb/>
viel, da&#x017F;s es nur durch die merkwürdige Unwissenheit des Herrn <hi rendition="#g">Home</hi> verständlich wird. Wir<lb/>
wollen doch seinen Bericht etwas näher ins Auge fassen<hi rendition="#i">!</hi> Da&#x017F;s er das Ei irgendwie im Eierstocke<lb/>
geschen habe, geht aus keiner Stelle hervor. Nicht einmal die Grö&#x017F;se dieses Eies wird ungefähr<lb/>
angegeben, noch viel weniger die Verhältnisse unter denen man es sah. Da&#x017F;s eine befruchtete<lb/>
Sau Eier aus dem Eierstocke ausschüttet, ist mir sehr unwahrscheinlich <note xml:id="seg2pn_12_1" next="#seg2pn_12_2" place="foot" n="&#x2020;&#x2020;)">Da&#x017F;s im menschlichen Weibe <hi rendition="#g"><hi rendition="#i">corpora lutea</hi></hi> ohne vorhergegangene Schwangerschaft vorkommen,<lb/>
habe ich selbst gesehen. Selten mögen sie ohne Begattung sich finden. Bei Thieren mu&#x017F;s ich die Er-<lb/>
öffnung der Kapseln ohne vorherige Paarung bezweifeln, weil ich nie die Spuren an zahlreich von<lb/>
mir geöffneten Thieren gesehen habe.</note>. Da&#x017F;s <hi rendition="#g">Home</hi> und<lb/><hi rendition="#g">Bauer</hi> gerade auf eine solche Sau treffen und sie ganz im Momente des Ausschüttens öffnen,<lb/>
ist so unendlich unwahrscheinlich, da&#x017F;s man wenigstens annehmen mü&#x017F;ste, <hi rendition="#g">Home&#x2019;s</hi> Messer<lb/>
habe die Geschlechtslust des Thieres erregt! Da es völlig unmöglich ist, da&#x017F;s man die Eröffnung<lb/>
eines gelben Körpers und das Ei selbst in der Bauchhöhle einer geöffneten Sau sehen kann, ein<lb/>
solcher lebendiger Act an einem ausgeschnittenen und unter das Mikroskop gebrachten Eier-<lb/>
stocke doppelt und an einem Eierstocke eines Ferkels dreifach unmöglich ist, so halte ich die<lb/>
ganze Erzählung für ein Mährchen, oder eine sehr grobe Selbsttäuschung. Wer mehr Glauben<lb/>
hat, mag ihn in Anwendung bringen! &#x2014; Auch haben die Engländer auf diesen Bericht gar keinen<lb/>
Werth gelegt, aber wohl die Deutschen, von denen <hi rendition="#g">Menzel</hi> nicht mit Unrecht sagt: &#x201E;Wenn<lb/>
die Deutschen einmal ins Verehren kommen, so fragen sie jar nicht mehr: Wen? oder: Was?<lb/>
In Bezug auf die Ansprüche des Dr. <hi rendition="#g">Plagge</hi> selbst habe ich schon in <hi rendition="#g">Heusinger&#x2019;s</hi> <hi rendition="#i">Zeit-<lb/>
schrift</hi> Bd II. mich dahin ausgesprochen, da&#x017F;s es mir scheint, derselbe habe ein unentwickeltes,<lb/>
durch ein benachbartes <hi rendition="#g"><hi rendition="#i">Corpus luteum</hi></hi> zusammengedrücktes Graaf&#x2019;sches Bläschen, wie ein<lb/>
Paar dergleichen auf unserer Taf. IV. Fig. II. abgebildet sind, für das Ei gehalten; denn <hi rendition="#g">Plagge</hi><lb/>
sagt in seiner frühern Abhandlung (<hi rendition="#g">Meckel&#x2019;s</hi> <hi rendition="#i">deutsches Archiu für Physiologie</hi> Bd. VII.) das<lb/><hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Corpus luteum</hi> bilde sich zwischen dem Ei und dem nächst liegenden Graaf&#x2019;schen Bläschen.</hi><lb/>
Dieses Ei soll ferner drei Linien im Durchmesser erhalten und drei Kreise zeigen, &#x201E;welche die<lb/>
drei nachherigen Häute, das Chorion, die Allantois und das Amnion zu seyn scheinen.&#x201D; Die<lb/>
einzige ursprüngliche Haut, die Oberhaut, so wie die Keimhaut, später zur Nabelblase werdend,</note><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[174/0184] thieren zu beobachten, daſs diese Haut ganz eben so, nur später, sich bildet, wie die äuſsere Eihaut des Vogels, so wie die Ausbildung des Eies der Hufthiere mit †††) †††) die Dotterkugel der Säugethiere schon richtig gesehen und beschrieben sey, sondern auch vor- her von Andern. Er hofft, ich werde „von meinem Wahne zurückkommen, wenn ich das Buch der Geschichte aufgeschlagen haben werde.” Bis dahin hält Herr Dr. Plagge mir das Buch der Geschichte vor, und sucht, in Ermangelung von Graaf’s Schriften †); aus Palfyn’s Traité des monstres zu beweisen, daſs Graaf nicht die bekannten, nach ihm benannten Bläschen für die Eier gehalten habe, sondern die wahren Dotterkugeln in ihnen. Da ich Graaf’s apera omnia doppelt beſaſs, so habe ich mir die Freiheit genommen, ein Exemplar Herrn Dr. Plagge zu übersenden, nachdem ich die Stellen angestrichen hatte, welche zeigen, daſs Graafden ge- sammten Inhalt der Kapsel geradezu Ovulum nennt. Ich muſs um Verzeihung bitten, daſs das Buch so viele Striche erhalten hat. Ferner sollen Home und Bauer das Ei im Eierstocke ge- sehen haben. Diese Beobachter sagen: das Ei bilde sich im gelben Körper; der gelbe Körper aber soll sich nie in oder aus einem Graaf’schen Bläschen entwickeln, sondern auſserhalb des- selben. Einmal soll Herr Bauer die Eröffnung des gelben Körpers und das Austreten des Eies geschen haben, allein an einem noch jungfräulichen, ja nur sechsmonatlichen Schweine!! (Lectures on comparative anatomy Vol. III und Meckel’s d. Archiv für Physiologie Bd. V. S. 417. In dieser deutschen Uebersetzung, welche Autorität Herr Dr. Plagge allein kannte, steht sogar: sechswöchentlich.) Ueberhaupt ist in diesem Aufsatze des Wunderbaren so viel, daſs es nur durch die merkwürdige Unwissenheit des Herrn Home verständlich wird. Wir wollen doch seinen Bericht etwas näher ins Auge fassen! Daſs er das Ei irgendwie im Eierstocke geschen habe, geht aus keiner Stelle hervor. Nicht einmal die Gröſse dieses Eies wird ungefähr angegeben, noch viel weniger die Verhältnisse unter denen man es sah. Daſs eine befruchtete Sau Eier aus dem Eierstocke ausschüttet, ist mir sehr unwahrscheinlich ††). Daſs Home und Bauer gerade auf eine solche Sau treffen und sie ganz im Momente des Ausschüttens öffnen, ist so unendlich unwahrscheinlich, daſs man wenigstens annehmen müſste, Home’s Messer habe die Geschlechtslust des Thieres erregt! Da es völlig unmöglich ist, daſs man die Eröffnung eines gelben Körpers und das Ei selbst in der Bauchhöhle einer geöffneten Sau sehen kann, ein solcher lebendiger Act an einem ausgeschnittenen und unter das Mikroskop gebrachten Eier- stocke doppelt und an einem Eierstocke eines Ferkels dreifach unmöglich ist, so halte ich die ganze Erzählung für ein Mährchen, oder eine sehr grobe Selbsttäuschung. Wer mehr Glauben hat, mag ihn in Anwendung bringen! — Auch haben die Engländer auf diesen Bericht gar keinen Werth gelegt, aber wohl die Deutschen, von denen Menzel nicht mit Unrecht sagt: „Wenn die Deutschen einmal ins Verehren kommen, so fragen sie jar nicht mehr: Wen? oder: Was? In Bezug auf die Ansprüche des Dr. Plagge selbst habe ich schon in Heusinger’s Zeit- schrift Bd II. mich dahin ausgesprochen, daſs es mir scheint, derselbe habe ein unentwickeltes, durch ein benachbartes Corpus luteum zusammengedrücktes Graaf’sches Bläschen, wie ein Paar dergleichen auf unserer Taf. IV. Fig. II. abgebildet sind, für das Ei gehalten; denn Plagge sagt in seiner frühern Abhandlung (Meckel’s deutsches Archiu für Physiologie Bd. VII.) das Corpus luteum bilde sich zwischen dem Ei und dem nächst liegenden Graaf’schen Bläschen. Dieses Ei soll ferner drei Linien im Durchmesser erhalten und drei Kreise zeigen, „welche die drei nachherigen Häute, das Chorion, die Allantois und das Amnion zu seyn scheinen.” Die einzige ursprüngliche Haut, die Oberhaut, so wie die Keimhaut, später zur Nabelblase werdend, †) Das Buch der Geschichte hat bei Herrn Dr. Plagge doch ansehnliche Lücken! ††) Daſs im menschlichen Weibe corpora lutea ohne vorhergegangene Schwangerschaft vorkommen, habe ich selbst gesehen. Selten mögen sie ohne Begattung sich finden. Bei Thieren muſs ich die Er- öffnung der Kapseln ohne vorherige Paarung bezweifeln, weil ich nie die Spuren an zahlreich von mir geöffneten Thieren gesehen habe.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/baer_thiere_1837
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/baer_thiere_1837/184
Zitationshilfe: Baer, Karl Ernst von: Über Entwicklungsgeschichte der Thiere. Bd. 2. Königsberg, 1837, S. 174. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baer_thiere_1837/184>, abgerufen am 22.11.2024.