Nabelarterie und man sieht dann in der letzten Hälfte der dritten Entwickelungs- periode nur Eine linke Nabelarterie in voller Thätigkeit. Doch findet man hierin auffallende Differenzen. Mir schien es, dass, wenn der Harnsack sich ganz um die rechte Seite des Amniums herum geschlagen hat, die rechte Nabelarterie vor dem Auskriechen fast ganz geschwunden war, dass sie aber um so stärker noch besteht, je mehr von diesem Sacke sich auch nach links geschoben hat *).
Wir wissen, dass die Nabelvene sich mit der Dottervene vor dem Eintritte der letztern in die Leber verbindet, müssen aber hinzusetzen, dass, während in der vorigen Periode die Nabelvene als Nebenast der Dottervene erschien und diese vorherrschend den hintern Venenstamm bildete, jetzt, bei der raschen Zu- nahme der Nabelvene, diese als Stamm erscheint und die Dottervene als Ast von ihr sich darstellt. Da ferner im Verlaufe der dritten Periode die hintere Hohlvene sehr an Stärke wächst, so macht sie zuletzt der Nabelvene den Vorrang streitig, und der Theil des hintern Venenstammes, der von der Vertheilung in die Leber bis zur Einmündung der hintern Hohlvene reicht, sieht zuletzt nicht mehr wie eine Abtheilung des Stammes aus, sondern scheint ein verbindender Kanal und wird nun mit dem Namen des venösen Ganges(Ductus venosus) belegt, und die hintere Hohlvene bildet den Stamm. -- Die Zunahme der hintern Hohlvene beruht nicht allein auf dem allgemeinen Wachsthume des Leibes und der damit verbundenen Zunahme der Blutmenge, während der Harnsack in den letzten Ta- gen sich wenig vergrössert, sondern auch auf der grössern Ausdehnung ihres Ge- bietes. Sie nimmt nämlich nicht nur das Blut aus den neu auftretenden Ge- schlechtstheilen und den wahren Nieren auf, sondern sie erhält auch immer mehr Zweige aus den Primordial-Nieren und nimmt bald auch die Blutadern aus dem Becken und den hintern Extremitäten auf, welche früher in die hintere Wirbel- vene gingen, und von uns früher mit dem gemeinschaftlichen Ausdrucke "hintere Körpervenen" **) bezeichnet sind. Diese Umänderung scheint dadurch bewirkt zu werden, dass in den Primordial-Nieren sich rasch ein starkes Gefässnetz zwi- schen den Zweigen der hintern Wirbelvene und der hintern Hohlvene bildet. Durch dieses Netz stehen daher schon früher die hintern Körpervenen mit der Hohlvene in Verbindung. Indem nun die falschen Nieren sich verkürzen, und auch die hintern Wirbelvenen abnehmen, haben nur einige dieser Verbindungen sich zu verstärken, um die hintern Körpervenen in so unmittelbare und gleich- mässig fortlaufende Verbindung mit der hintern Hohlvene zu bringen, dass jene als die Anfänge von dieser erscheinen.
*) Vergl. die Erklärung zu der Abbildung Fig. 1. 9. Taf. IV.
**) Oben, unter g g, we von den Körpervenen die Rede ist.
Nabelarterie und man sieht dann in der letzten Hälfte der dritten Entwickelungs- periode nur Eine linke Nabelarterie in voller Thätigkeit. Doch findet man hierin auffallende Differenzen. Mir schien es, daſs, wenn der Harnsack sich ganz um die rechte Seite des Amniums herum geschlagen hat, die rechte Nabelarterie vor dem Auskriechen fast ganz geschwunden war, daſs sie aber um so stärker noch besteht, je mehr von diesem Sacke sich auch nach links geschoben hat *).
Wir wissen, daſs die Nabelvene sich mit der Dottervene vor dem Eintritte der letztern in die Leber verbindet, müssen aber hinzusetzen, daſs, während in der vorigen Periode die Nabelvene als Nebenast der Dottervene erschien und diese vorherrschend den hintern Venenstamm bildete, jetzt, bei der raschen Zu- nahme der Nabelvene, diese als Stamm erscheint und die Dottervene als Ast von ihr sich darstellt. Da ferner im Verlaufe der dritten Periode die hintere Hohlvene sehr an Stärke wächst, so macht sie zuletzt der Nabelvene den Vorrang streitig, und der Theil des hintern Venenstammes, der von der Vertheilung in die Leber bis zur Einmündung der hintern Hohlvene reicht, sieht zuletzt nicht mehr wie eine Abtheilung des Stammes aus, sondern scheint ein verbindender Kanal und wird nun mit dem Namen des venösen Ganges(Ductus venosus) belegt, und die hintere Hohlvene bildet den Stamm. — Die Zunahme der hintern Hohlvene beruht nicht allein auf dem allgemeinen Wachsthume des Leibes und der damit verbundenen Zunahme der Blutmenge, während der Harnsack in den letzten Ta- gen sich wenig vergröſsert, sondern auch auf der gröſsern Ausdehnung ihres Ge- bietes. Sie nimmt nämlich nicht nur das Blut aus den neu auftretenden Ge- schlechtstheilen und den wahren Nieren auf, sondern sie erhält auch immer mehr Zweige aus den Primordial-Nieren und nimmt bald auch die Blutadern aus dem Becken und den hintern Extremitäten auf, welche früher in die hintere Wirbel- vene gingen, und von uns früher mit dem gemeinschaftlichen Ausdrucke „hintere Körpervenen” **) bezeichnet sind. Diese Umänderung scheint dadurch bewirkt zu werden, daſs in den Primordial-Nieren sich rasch ein starkes Gefäſsnetz zwi- schen den Zweigen der hintern Wirbelvene und der hintern Hohlvene bildet. Durch dieses Netz stehen daher schon früher die hintern Körpervenen mit der Hohlvene in Verbindung. Indem nun die falschen Nieren sich verkürzen, und auch die hintern Wirbelvenen abnehmen, haben nur einige dieser Verbindungen sich zu verstärken, um die hintern Körpervenen in so unmittelbare und gleich- mäſsig fortlaufende Verbindung mit der hintern Hohlvene zu bringen, daſs jene als die Anfänge von dieſer erscheinen.
*) Vergl. die Erklärung zu der Abbildung Fig. 1. 9. Taf. IV.
**) Oben, unter g g, we von den Körpervenen die Rede ist.
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Nabelarterie und man sieht dann in der letzten Hälfte der dritten Entwickelungs-
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auffallende Differenzen. Mir schien es, daſs, wenn der Harnsack sich ganz um
die rechte Seite des Amniums herum geschlagen hat, die rechte Nabelarterie vor
dem Auskriechen fast ganz geschwunden war, daſs sie aber um so stärker noch
besteht, je mehr von diesem Sacke sich auch nach links geschoben hat *).
Wir wissen, daſs die Nabelvene sich mit der Dottervene vor dem Eintritte
der letztern in die Leber verbindet, müssen aber hinzusetzen, daſs, während
in der vorigen Periode die Nabelvene als Nebenast der Dottervene erschien und
diese vorherrschend den hintern Venenstamm bildete, jetzt, bei der raschen Zu-
nahme der Nabelvene, diese als Stamm erscheint und die Dottervene als Ast von
ihr sich darstellt. Da ferner im Verlaufe der dritten Periode die hintere Hohlvene
sehr an Stärke wächst, so macht sie zuletzt der Nabelvene den Vorrang streitig,
und der Theil des hintern Venenstammes, der von der Vertheilung in die Leber
bis zur Einmündung der hintern Hohlvene reicht, sieht zuletzt nicht mehr wie
eine Abtheilung des Stammes aus, sondern scheint ein verbindender Kanal und
wird nun mit dem Namen des venösen Ganges (Ductus venosus) belegt, und
die hintere Hohlvene bildet den Stamm. — Die Zunahme der hintern Hohlvene
beruht nicht allein auf dem allgemeinen Wachsthume des Leibes und der damit
verbundenen Zunahme der Blutmenge, während der Harnsack in den letzten Ta-
gen sich wenig vergröſsert, sondern auch auf der gröſsern Ausdehnung ihres Ge-
bietes. Sie nimmt nämlich nicht nur das Blut aus den neu auftretenden Ge-
schlechtstheilen und den wahren Nieren auf, sondern sie erhält auch immer mehr
Zweige aus den Primordial-Nieren und nimmt bald auch die Blutadern aus dem
Becken und den hintern Extremitäten auf, welche früher in die hintere Wirbel-
vene gingen, und von uns früher mit dem gemeinschaftlichen Ausdrucke „hintere
Körpervenen” **) bezeichnet sind. Diese Umänderung scheint dadurch bewirkt
zu werden, daſs in den Primordial-Nieren sich rasch ein starkes Gefäſsnetz zwi-
schen den Zweigen der hintern Wirbelvene und der hintern Hohlvene bildet.
Durch dieses Netz stehen daher schon früher die hintern Körpervenen mit der
Hohlvene in Verbindung. Indem nun die falschen Nieren sich verkürzen, und
auch die hintern Wirbelvenen abnehmen, haben nur einige dieser Verbindungen
sich zu verstärken, um die hintern Körpervenen in so unmittelbare und gleich-
mäſsig fortlaufende Verbindung mit der hintern Hohlvene zu bringen, daſs jene
als die Anfänge von dieſer erscheinen.
*) Vergl. die Erklärung zu der Abbildung Fig. 1. 9. Taf. IV.
**) Oben, unter g g, we von den Körpervenen die Rede ist.
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Baer, Karl Ernst von: Über Entwicklungsgeschichte der Thiere. Bd. 2. Königsberg, 1837, S. 143. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baer_thiere_1837/153>, abgerufen am 22.07.2024.
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