Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Baer, Karl Ernst von: Über Entwicklungsgeschichte der Thiere. Bd. 2. Königsberg, 1837.

Bild:
<< vorherige Seite

nenstammes, besonders da sie sich rasch verlängert, nachdem die beiden Leber-
hälften aufgetreten sind. Der Uebergang in die mittlere Abtheilung ist verengt.
Dicht an dieser Verengerung stülpen sich aus dem Venenstamme zwei kleine seitli-
che Aussackungen hervor, die allmählig zunehmen und dunkler werden, indem
eine Muskelbildung in ihrer Wand sich zu entwickeln beginnt. Zuerst ist das
Ende des Venenstammes zwischen beiden Ausbeugungen von dem übrigen Stamme
gar nicht verschieden. Allmählig erweitert es sich, und der Pulsschlag, früher
durch den ganzen Venenstamm gehend, fängt an sich auf diese Stelle zu concen-
triren. So entsteht also aus dem Ende des Venenstammes die jetzt noch ungetheilte
Vorkammer des Herzens. Die Aussackungen sind die beiden Herzohren, und aus
dem zwischen ihnen liegenden Theile des Venenstammes wird der mittlere Baum
oder der Venensach (Sinus), an dem mit dem Schlusse der zweiten Periode nur
eine leise Andeutung von einer Abtheilung in zwei Höhlungen zu bemerken ist.

Die Verengerung zwischen diesem venösen Theile des Herzens und dem fol-
genden zieht sich allmählig in einen kurzen, durch Durchsichtigkeit ausgezeich-
neten Kanal aus. Man hat ihn den Ohrkanal (Canalis auricularis) genannt.

Die mittlere Abtheilung des Herzkanales bekommt am frühesten eine musku-
löse Structur. Sie enthält anfänglich nur eine einfache Höhlung. Indessen springt
doch sehr früh von der convexen Fläche der ganzen Länge nach eine niedrige Falte
nach innen vor. Da nun die Herzkammer im Anfange nur eine einfache Wölbung
nach rechts bildet, so sieht man leicht ein, dass, wenn diese Falte gross genug wäre,
um die Höhle des Herzens zu theilen, man zwei lange Kammern haben würde,
von denen die eine nach der Bauchfläche, die andere nach der Rückenfläche zu lie-
gen würde. Nun vergrössert sich zwar diese Falte während des ganzen zweiten
Zeitraumes, das Herz aber verändert sich zugleich, indem die Wölbung spitzer
wird und sich nach hinten und unten dreht, zugleich rückt die Vorkammer nach
vorn und oben. Aus allen diesen Momenten folgt nun, dass die Höhlungen, wel-
che durch die Entwickelung der Falte abgegrenzt werden, nicht lange, wenig ge-
krümmte, sondern kürzere, stark gekrümmte Kanäle werden, dass der nach un-
ten liegende allmählig immer mehr nach links, der oben liegende mehr nach rechts
gestellt wird. Diese Falte wird im Verlaufe des zweiten Zeitraumes noch keine
Scheidewand. Beide Höhlungen sind also noch nicht völlig getrennte Kammern,
indessen ist ihre Communication zuletzt doch schon sehr eng, und die werdende
Scheidewand theilt schon lange das aus der Vorkammer kommende Blut in zwei
Ströme.

Die vordere Abtheilung hat zu Anfange, wie die hintere, auch das Ansehen
eines ziemlich langen Kanals erhalten, der von rechts nach der Mitte sich hinüber

nenstammes, besonders da sie sich rasch verlängert, nachdem die beiden Leber-
hälften aufgetreten sind. Der Uebergang in die mittlere Abtheilung ist verengt.
Dicht an dieser Verengerung stülpen sich aus dem Venenstamme zwei kleine seitli-
che Aussackungen hervor, die allmählig zunehmen und dunkler werden, indem
eine Muskelbildung in ihrer Wand sich zu entwickeln beginnt. Zuerst ist das
Ende des Venenstammes zwischen beiden Ausbeugungen von dem übrigen Stamme
gar nicht verschieden. Allmählig erweitert es sich, und der Pulsschlag, früher
durch den ganzen Venenstamm gehend, fängt an sich auf diese Stelle zu concen-
triren. So entsteht also aus dem Ende des Venenstammes die jetzt noch ungetheilte
Vorkammer des Herzens. Die Aussackungen sind die beiden Herzohren, und aus
dem zwischen ihnen liegenden Theile des Venenstammes wird der mittlere Baum
oder der Venensach (Sinus), an dem mit dem Schlusse der zweiten Periode nur
eine leise Andeutung von einer Abtheilung in zwei Höhlungen zu bemerken ist.

Die Verengerung zwischen diesem venösen Theile des Herzens und dem fol-
genden zieht sich allmählig in einen kurzen, durch Durchsichtigkeit ausgezeich-
neten Kanal aus. Man hat ihn den Ohrkanal (Canalis auricularis) genannt.

Die mittlere Abtheilung des Herzkanales bekommt am frühesten eine musku-
löse Structur. Sie enthält anfänglich nur eine einfache Höhlung. Indessen springt
doch sehr früh von der convexen Fläche der ganzen Länge nach eine niedrige Falte
nach innen vor. Da nun die Herzkammer im Anfange nur eine einfache Wölbung
nach rechts bildet, so sieht man leicht ein, daſs, wenn diese Falte groſs genug wäre,
um die Höhle des Herzens zu theilen, man zwei lange Kammern haben würde,
von denen die eine nach der Bauchfläche, die andere nach der Rückenfläche zu lie-
gen würde. Nun vergröſsert sich zwar diese Falte während des ganzen zweiten
Zeitraumes, das Herz aber verändert sich zugleich, indem die Wölbung spitzer
wird und sich nach hinten und unten dreht, zugleich rückt die Vorkammer nach
vorn und oben. Aus allen diesen Momenten folgt nun, daſs die Höhlungen, wel-
che durch die Entwickelung der Falte abgegrenzt werden, nicht lange, wenig ge-
krümmte, sondern kürzere, stark gekrümmte Kanäle werden, daſs der nach un-
ten liegende allmählig immer mehr nach links, der oben liegende mehr nach rechts
gestellt wird. Diese Falte wird im Verlaufe des zweiten Zeitraumes noch keine
Scheidewand. Beide Höhlungen sind also noch nicht völlig getrennte Kammern,
indessen ist ihre Communication zuletzt doch schon sehr eng, und die werdende
Scheidewand theilt schon lange das aus der Vorkammer kommende Blut in zwei
Ströme.

Die vordere Abtheilung hat zu Anfange, wie die hintere, auch das Ansehen
eines ziemlich langen Kanals erhalten, der von rechts nach der Mitte sich hinüber

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0148" n="138"/>
nenstammes, besonders da sie sich rasch verlängert, nachdem die beiden Leber-<lb/>
hälften aufgetreten sind. Der Uebergang in die mittlere Abtheilung ist verengt.<lb/>
Dicht an dieser Verengerung stülpen sich aus dem Venenstamme zwei kleine seitli-<lb/>
che Aussackungen hervor, die allmählig zunehmen und dunkler werden, indem<lb/>
eine Muskelbildung in ihrer Wand sich zu entwickeln beginnt. Zuerst ist das<lb/>
Ende des Venenstammes zwischen beiden Ausbeugungen von dem übrigen Stamme<lb/>
gar nicht verschieden. Allmählig erweitert es sich, und der Pulsschlag, früher<lb/>
durch den ganzen Venenstamm gehend, fängt an sich auf diese Stelle zu concen-<lb/>
triren. So entsteht also aus dem Ende des Venenstammes die jetzt noch ungetheilte<lb/>
Vorkammer des Herzens. Die Aussackungen sind die beiden Herzohren, und aus<lb/>
dem zwischen ihnen liegenden Theile des Venenstammes wird der mittlere Baum<lb/>
oder der <hi rendition="#i">Venensach</hi> <hi rendition="#g">(<hi rendition="#i">Sinus</hi>),</hi> an dem mit dem Schlusse der zweiten Periode nur<lb/>
eine leise Andeutung von einer Abtheilung in zwei Höhlungen zu bemerken ist.</p><lb/>
          <p>Die Verengerung zwischen diesem venösen Theile des Herzens und dem fol-<lb/>
genden zieht sich allmählig in einen kurzen, durch Durchsichtigkeit ausgezeich-<lb/>
neten Kanal aus. Man hat ihn den <hi rendition="#i">Ohrkanal</hi> (<hi rendition="#g"><hi rendition="#i">Canalis auricularis</hi></hi>) genannt.</p><lb/>
          <p>Die mittlere Abtheilung des Herzkanales bekommt am frühesten eine musku-<lb/>
löse Structur. Sie enthält anfänglich nur eine einfache Höhlung. Indessen springt<lb/>
doch sehr früh von der convexen Fläche der ganzen Länge nach eine niedrige Falte<lb/>
nach innen vor. Da nun die Herzkammer im Anfange nur eine einfache Wölbung<lb/>
nach rechts bildet, so sieht man leicht ein, da&#x017F;s, wenn diese Falte gro&#x017F;s genug wäre,<lb/>
um die Höhle des Herzens zu theilen, man zwei lange Kammern haben würde,<lb/>
von denen die eine nach der Bauchfläche, die andere nach der Rückenfläche zu lie-<lb/>
gen würde. Nun vergrö&#x017F;sert sich zwar diese Falte während des ganzen zweiten<lb/>
Zeitraumes, das Herz aber verändert sich zugleich, indem die Wölbung spitzer<lb/>
wird und sich nach hinten und unten dreht, zugleich rückt die Vorkammer nach<lb/>
vorn und oben. Aus allen diesen Momenten folgt nun, da&#x017F;s die Höhlungen, wel-<lb/>
che durch die Entwickelung der Falte abgegrenzt werden, nicht lange, wenig ge-<lb/>
krümmte, sondern kürzere, stark gekrümmte Kanäle werden, da&#x017F;s der nach un-<lb/>
ten liegende allmählig immer mehr nach links, der oben liegende mehr nach rechts<lb/>
gestellt wird. Diese Falte wird im Verlaufe des zweiten Zeitraumes noch keine<lb/>
Scheidewand. Beide Höhlungen sind also noch nicht völlig getrennte Kammern,<lb/>
indessen ist ihre Communication zuletzt doch schon sehr eng, und die werdende<lb/>
Scheidewand theilt schon lange das aus der Vorkammer kommende Blut in zwei<lb/>
Ströme.</p><lb/>
          <p>Die vordere Abtheilung hat zu Anfange, wie die hintere, auch das Ansehen<lb/>
eines ziemlich langen Kanals erhalten, der von rechts nach der Mitte sich hinüber<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[138/0148] nenstammes, besonders da sie sich rasch verlängert, nachdem die beiden Leber- hälften aufgetreten sind. Der Uebergang in die mittlere Abtheilung ist verengt. Dicht an dieser Verengerung stülpen sich aus dem Venenstamme zwei kleine seitli- che Aussackungen hervor, die allmählig zunehmen und dunkler werden, indem eine Muskelbildung in ihrer Wand sich zu entwickeln beginnt. Zuerst ist das Ende des Venenstammes zwischen beiden Ausbeugungen von dem übrigen Stamme gar nicht verschieden. Allmählig erweitert es sich, und der Pulsschlag, früher durch den ganzen Venenstamm gehend, fängt an sich auf diese Stelle zu concen- triren. So entsteht also aus dem Ende des Venenstammes die jetzt noch ungetheilte Vorkammer des Herzens. Die Aussackungen sind die beiden Herzohren, und aus dem zwischen ihnen liegenden Theile des Venenstammes wird der mittlere Baum oder der Venensach (Sinus), an dem mit dem Schlusse der zweiten Periode nur eine leise Andeutung von einer Abtheilung in zwei Höhlungen zu bemerken ist. Die Verengerung zwischen diesem venösen Theile des Herzens und dem fol- genden zieht sich allmählig in einen kurzen, durch Durchsichtigkeit ausgezeich- neten Kanal aus. Man hat ihn den Ohrkanal (Canalis auricularis) genannt. Die mittlere Abtheilung des Herzkanales bekommt am frühesten eine musku- löse Structur. Sie enthält anfänglich nur eine einfache Höhlung. Indessen springt doch sehr früh von der convexen Fläche der ganzen Länge nach eine niedrige Falte nach innen vor. Da nun die Herzkammer im Anfange nur eine einfache Wölbung nach rechts bildet, so sieht man leicht ein, daſs, wenn diese Falte groſs genug wäre, um die Höhle des Herzens zu theilen, man zwei lange Kammern haben würde, von denen die eine nach der Bauchfläche, die andere nach der Rückenfläche zu lie- gen würde. Nun vergröſsert sich zwar diese Falte während des ganzen zweiten Zeitraumes, das Herz aber verändert sich zugleich, indem die Wölbung spitzer wird und sich nach hinten und unten dreht, zugleich rückt die Vorkammer nach vorn und oben. Aus allen diesen Momenten folgt nun, daſs die Höhlungen, wel- che durch die Entwickelung der Falte abgegrenzt werden, nicht lange, wenig ge- krümmte, sondern kürzere, stark gekrümmte Kanäle werden, daſs der nach un- ten liegende allmählig immer mehr nach links, der oben liegende mehr nach rechts gestellt wird. Diese Falte wird im Verlaufe des zweiten Zeitraumes noch keine Scheidewand. Beide Höhlungen sind also noch nicht völlig getrennte Kammern, indessen ist ihre Communication zuletzt doch schon sehr eng, und die werdende Scheidewand theilt schon lange das aus der Vorkammer kommende Blut in zwei Ströme. Die vordere Abtheilung hat zu Anfange, wie die hintere, auch das Ansehen eines ziemlich langen Kanals erhalten, der von rechts nach der Mitte sich hinüber

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/baer_thiere_1837
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/baer_thiere_1837/148
Zitationshilfe: Baer, Karl Ernst von: Über Entwicklungsgeschichte der Thiere. Bd. 2. Königsberg, 1837, S. 138. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baer_thiere_1837/148>, abgerufen am 24.11.2024.