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Baer, Karl Ernst von: Über Entwicklungsgeschichte der Thiere. Bd. 1. Königsberg, 1828.

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die Krümmung, welche das Herz ursprünglich von der Schenkelverbindung aus
nach links machte (§. 2. s.), bald aufhört und die Beugung nun ganz nach rechts
geht. Sie geht so weit, dass die Wölbung der Umbeugung nicht bloss nach un-
ten, sondern auch sehr stark nach rechts vorragt, aber unter fortgehender Ver-
änderung, so dass sie anfangs mehr nach rechts, nachher mehr nach unten und
etwas nach hinten gekehrt ist.

Viertens scheidet sich das Herz in differente Abtheilungen. In der Mitte
des zweiten Tages habe ich noch keine Begrenzung zwischen Herzzipfel und sei-
nem Mitteltheile, den ich Herzkanal genannt habe, so wie zwischen diesem und
dem nach vorn austretenden Bogen erkennen können. Das Herz ist durchaus nur
der Zusammentritt der Gefässe und organisirt nie die Gefässe. Am Ende des
zweiten Tages aber werden drei Abtheilungen angedeutet (§. 2. s.), deren Abgren-
zung immer deutlicher hervortritt. Mit dem Anfange des dritten Tages wuchert
nämlich die couvexe Seite der Hauptkrümmung im Ansatz neuer und zwar dunkle-
rer Masse. Diese Masse, die in späterer Zeit immer mehr anschwillt, schwam-
mig aussieht und endlich aus verwebten Fäden besteht, ist die zukünftige Mus-
kelmasse der Herzkammer. Sie ist schon sehr früh scharf begrenzt, endet nach
vorn und hinten mit einer kleinen Vorragung und nimmt nur die convexe Seite
ein, so dass die concave noch ganz die einfache Gefässform und Durchsichtigkeit
behält. Eben diese Begrenzung giebt mehr die Ansicht vom Hinzutritt einer
ueuen Bildung, als von Verdickung einer schon bestehenden. Diese Bildung be-
zeichnet die künftige Kammer und enthält schon beide, da die innere Falte von
der convexen Seite sich immer deutlicher erhebt. Später verdickt sich aber auch
die eigentliche Gefässwand in der Kammer und in dem Theile des Herzens, der
vor ihr liegt, der Aortenzwiebel, die noch das Ansehen eines gleichmässigen, je-
doch von rechts nach links und von unten nach oben gekrümmten Kanals hat.
Die Grenze zwischen Kammer und Aortenzwiebel hat anfangs auch noch keine
deutliche Einschnürung, die aber doch am Ende des dritten Tages schon kennt-
lich wird. (Das Fretum Haller's.) Je mehr das Herz sich in drei Abtheilungen
scheidet, um desto mehr verwandelt sich der anfangs einfache Pulsschlag in einen
dreisachen.

o. Umbil-
dung der
Gefässbogen
im Kiemen-
apparate.

Die Aortenzwiebel erhält eine Krümmung, indem sie sich zurückzieht.
Diesem Zurückziehen folgen die Gefässbogen, jedoch nur langsam und mehr mit
ihrem untern als mit ihrem obern Theile. Besonders zieht sich der vordere Kie-
menbogen zurück, indem die dicht vor ihr liegende Mundspalte sich immer mehr
öffnet. Eine Folge davon ist, besonders da zugleich der Rückentheil sich nach
vorn schiebt, dass der Blutstrom im ersten Bogen, der ursprünglich grade nach

oben

die Krümmung, welche das Herz ursprünglich von der Schenkelverbindung aus
nach links machte (§. 2. s.), bald aufhört und die Beugung nun ganz nach rechts
geht. Sie geht so weit, daſs die Wölbung der Umbeugung nicht bloſs nach un-
ten, sondern auch sehr stark nach rechts vorragt, aber unter fortgehender Ver-
änderung, so daſs sie anfangs mehr nach rechts, nachher mehr nach unten und
etwas nach hinten gekehrt ist.

Viertens scheidet sich das Herz in differente Abtheilungen. In der Mitte
des zweiten Tages habe ich noch keine Begrenzung zwischen Herzzipfel und sei-
nem Mitteltheile, den ich Herzkanal genannt habe, so wie zwischen diesem und
dem nach vorn austretenden Bogen erkennen können. Das Herz ist durchaus nur
der Zusammentritt der Gefäſse und organisirt nie die Gefäſse. Am Ende des
zweiten Tages aber werden drei Abtheilungen angedeutet (§. 2. s.), deren Abgren-
zung immer deutlicher hervortritt. Mit dem Anfange des dritten Tages wuchert
nämlich die couvexe Seite der Hauptkrümmung im Ansatz neuer und zwar dunkle-
rer Masse. Diese Masse, die in späterer Zeit immer mehr anschwillt, schwam-
mig aussieht und endlich aus verwebten Fäden besteht, ist die zukünftige Mus-
kelmasse der Herzkammer. Sie ist schon sehr früh scharf begrenzt, endet nach
vorn und hinten mit einer kleinen Vorragung und nimmt nur die convexe Seite
ein, so daſs die concave noch ganz die einfache Gefäſsform und Durchsichtigkeit
behält. Eben diese Begrenzung giebt mehr die Ansicht vom Hinzutritt einer
ueuen Bildung, als von Verdickung einer schon bestehenden. Diese Bildung be-
zeichnet die künftige Kammer und enthält schon beide, da die innere Falte von
der convexen Seite sich immer deutlicher erhebt. Später verdickt sich aber auch
die eigentliche Gefäſswand in der Kammer und in dem Theile des Herzens, der
vor ihr liegt, der Aortenzwiebel, die noch das Ansehen eines gleichmäſsigen, je-
doch von rechts nach links und von unten nach oben gekrümmten Kanals hat.
Die Grenze zwischen Kammer und Aortenzwiebel hat anfangs auch noch keine
deutliche Einschnürung, die aber doch am Ende des dritten Tages schon kennt-
lich wird. (Das Fretum Haller’s.) Je mehr das Herz sich in drei Abtheilungen
scheidet, um desto mehr verwandelt sich der anfangs einfache Pulsschlag in einen
dreiſachen.

o. Umbil-
dung der
Gefäſsbogen
im Kiemen-
apparate.

Die Aortenzwiebel erhält eine Krümmung, indem sie sich zurückzieht.
Diesem Zurückziehen folgen die Gefäſsbogen, jedoch nur langsam und mehr mit
ihrem untern als mit ihrem obern Theile. Besonders zieht sich der vordere Kie-
menbogen zurück, indem die dicht vor ihr liegende Mundspalte sich immer mehr
öffnet. Eine Folge davon ist, besonders da zugleich der Rückentheil sich nach
vorn schiebt, daſs der Blutstrom im ersten Bogen, der ursprünglich grade nach

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[56/0086] die Krümmung, welche das Herz ursprünglich von der Schenkelverbindung aus nach links machte (§. 2. s.), bald aufhört und die Beugung nun ganz nach rechts geht. Sie geht so weit, daſs die Wölbung der Umbeugung nicht bloſs nach un- ten, sondern auch sehr stark nach rechts vorragt, aber unter fortgehender Ver- änderung, so daſs sie anfangs mehr nach rechts, nachher mehr nach unten und etwas nach hinten gekehrt ist. Viertens scheidet sich das Herz in differente Abtheilungen. In der Mitte des zweiten Tages habe ich noch keine Begrenzung zwischen Herzzipfel und sei- nem Mitteltheile, den ich Herzkanal genannt habe, so wie zwischen diesem und dem nach vorn austretenden Bogen erkennen können. Das Herz ist durchaus nur der Zusammentritt der Gefäſse und organisirt nie die Gefäſse. Am Ende des zweiten Tages aber werden drei Abtheilungen angedeutet (§. 2. s.), deren Abgren- zung immer deutlicher hervortritt. Mit dem Anfange des dritten Tages wuchert nämlich die couvexe Seite der Hauptkrümmung im Ansatz neuer und zwar dunkle- rer Masse. Diese Masse, die in späterer Zeit immer mehr anschwillt, schwam- mig aussieht und endlich aus verwebten Fäden besteht, ist die zukünftige Mus- kelmasse der Herzkammer. Sie ist schon sehr früh scharf begrenzt, endet nach vorn und hinten mit einer kleinen Vorragung und nimmt nur die convexe Seite ein, so daſs die concave noch ganz die einfache Gefäſsform und Durchsichtigkeit behält. Eben diese Begrenzung giebt mehr die Ansicht vom Hinzutritt einer ueuen Bildung, als von Verdickung einer schon bestehenden. Diese Bildung be- zeichnet die künftige Kammer und enthält schon beide, da die innere Falte von der convexen Seite sich immer deutlicher erhebt. Später verdickt sich aber auch die eigentliche Gefäſswand in der Kammer und in dem Theile des Herzens, der vor ihr liegt, der Aortenzwiebel, die noch das Ansehen eines gleichmäſsigen, je- doch von rechts nach links und von unten nach oben gekrümmten Kanals hat. Die Grenze zwischen Kammer und Aortenzwiebel hat anfangs auch noch keine deutliche Einschnürung, die aber doch am Ende des dritten Tages schon kennt- lich wird. (Das Fretum Haller’s.) Je mehr das Herz sich in drei Abtheilungen scheidet, um desto mehr verwandelt sich der anfangs einfache Pulsschlag in einen dreiſachen. Die Aortenzwiebel erhält eine Krümmung, indem sie sich zurückzieht. Diesem Zurückziehen folgen die Gefäſsbogen, jedoch nur langsam und mehr mit ihrem untern als mit ihrem obern Theile. Besonders zieht sich der vordere Kie- menbogen zurück, indem die dicht vor ihr liegende Mundspalte sich immer mehr öffnet. Eine Folge davon ist, besonders da zugleich der Rückentheil sich nach vorn schiebt, daſs der Blutstrom im ersten Bogen, der ursprünglich grade nach oben

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Zitationshilfe: Baer, Karl Ernst von: Über Entwicklungsgeschichte der Thiere. Bd. 1. Königsberg, 1828, S. 56. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baer_thiere_1828/86>, abgerufen am 25.11.2024.